01.08.2025 11:18
Hamburg (epd). Der durchschnittliche Anteil von Frauen in Führungspositionen ist bei den neun größten Leitmedien zum dritten Mal in Folge gesunken. Laut der Journalistinnen-Organisation Proquote Medien beträgt er aktuell 37,8 Prozent und liegt damit fast zwei Prozentpunkte niedriger als bei der Zählung im Februar 2024. Damals hatte er mit 39,5 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Seitdem sei der Anteil weiblicher Führungskräfte bei den einflussreichsten Zeitungsredaktionen kontinuierlich gesunken. Die von Proquote Medien geforderte Parität sei damit "in die Ferne gerückt", kritisiert Vorstandsfrau Edith Heitkämper.
Einen deutlichen Rückgang des sogenannten Frauenmachtanteils verzeichnete Proquote Medien bei der Tageszeitung "Die Welt" aus dem Springer-Konzern. Er sank von 23 Prozent im Januar auf jetzt 18 Prozent. Beim Magazin "Stern" ging er laut ProQuote Medien im gleichen Zeitraum um 3,2 Prozentpunkte auf 35,2 Prozent zurück. 2023 hatte er noch bei 44,2 Prozent gelegen.
Dagegen stieg der Anteil von Frauen in der Führungsebene bei der "Süddeutschen Zeitung" zwischen Januar und Juli um 2,6 Prozentpunkte auf fast 47,9 Prozent, beim "Spiegel" um 2,3 Prozentpunkte auf aktuell 45,3 Prozent. Bei der Wochenzeitung "Die Zeit" sind aktuell 42,3 Prozent der Führungsposten mit Frauen besetzt, 1,8 Prozentpunkte mehr als im Januar. Das Magazin "Focus" hat knapp 24 Prozent der leitenden Stellen an Frauen vergeben, 1,2 Prozentpunkte mehr als im Januar.
Bei "Bild" blieb die Frauenmachtquote bei knapp 38 Prozent, bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" stieg sie um 0,5 Prozentpunkte auf 24,8 Prozent. Einzig die in Berlin erscheinende "Tageszeitung" (taz) liegt mit einem Frauenmachtanteil von derzeit 65,1 Prozent deutlich über der von Proquote Medien geforderten paritätischen Verteilung von Spitzenpositionen im Journalismus. Der Anteil ist im Vergleich zum Januar noch einmal um 0,5 Prozentpunkte gestiegen.
Den Rückgang von Frauen auf Führungspositionen beobachtet Proquote Medien mit Sorge. Würde der Frauenmachtanteil in den Leitmedien weiter sinken, wäre das ein "fatales Signal", sagte Heitkämper. Sie verwies darauf, dass Frauen, die für öffentliche Ämter kandidierten, Hetzkampagnen ausgesetzt seien und dass auch der Frauenanteil im Deutschen Bundestag gesunken ist. Derzeit sind nur ein Drittel der Abgeordneten im Parlament Frauen.
"Der deutsche Journalismus braucht Meinungsvielfalt und die Perspektive von Frauen", sagte Heitkämper. Frauen kümmerten sich oft inhaltlich stärker um weibliche Perspektiven, Protagonistinnen und Expertinnen in ihren Publikationen. "Vielfältige Perspektiven im Journalismus auf Tagesgeschehen, Politik, Wirtschaft oder Sport sind entscheidend für die Meinungsbildung in der pluralen Demokratie", sagte sie. In deutschen Medienhäusern fehlten nicht nur Frauen, sondern auch Menschen mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten, sexueller Orientierung, Gender, Alter oder Menschen mit Behinderung.
Der 2012 gegründete Verein Proquote Medien tritt für einen Frauenmachtanteil von 50 Prozent in den deutschen Leitmedien ein. In den ersten zehn Jahren der Erhebung hätten viele Redaktionen gezeigt, dass sie die Forderung ernst nehmen, erklärte der Verein. Diese Anstrengungen müssten jetzt weitergehen.
cd
Zuerst veröffentlicht 01.08.2025 13:18 Letzte Änderung: 01.08.2025 14:16
Schlagworte: Medien, Journalismus, Frauen, Proquote Medien, NEU
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