Weiterleben - epd medien

04.08.2025 09:05

Die ZDF-Dokumentation "Auslandsjournal Frontlines: Tel Aviv - Metropole im Krieg" von und mit Katrin Eigendorf zeigt unterschiedliche Perspektiven zum Krieg aus Israel. Herausgekommen ist eine lebendige Reportage mit eindeutigen Meinungsbeiträgen.

Reportage von Katrin Eigendorf "Tel Aviv - Metropole im Krieg"

Katrin Eigendorf auf einem Hochhausdach in Tel Aviv

Eigentlich, so heißt es am Anfang dieser Reportage, sollte es ein Film werden über das Leben der Palästinenser im Westjordanland, doch der Krieg zwischen Israel und dem Iran zwinge die Filmemacher rund um die mehrfach ausgezeichnete Krisenreporterin Katrin Eigendorf zu einem Planwechsel: Da es internationalen Journalisten auch nicht erlaubt sei, in den Gazastreifen zu reisen, filme Eigendorf mit ihren Kollegen und Kolleginnen in Israel: "Und so bleiben wir in Tel Aviv, versuchen die unterschiedlichen Perspektiven der Menschen zu verstehen", sagt Eigendorf im Off. Ihre Leitfrage: "Hat Regierungschef Netanjahu den Rückhalt für seinen Krieg gegen den Iran?"

Gelebter Widerspruch

Was zuerst unzureichend erscheint - wie soll man so journalistisch sauber und fair einen Krieg abbilden, der mehr als eine Seite hat? - stellt sich im Laufe des Filmes als durchaus gelungenes Unterfangen dar. Nicht zuletzt deswegen, weil sich Eigendorf viele unterschiedliche Protagonisten und Protagonistinnen gefunden hat und so die Heterogenität der israelischen Gesellschaft abbildet. So etwas sieht man leider selten im deutschen Fernsehen.

Herausgekommen ist nicht etwa ein Stück, das den Krieg und die israelische Regierung glorifiziert, sondern eines, das den Widerspruch eingefangen hat, in dem sich die Israelis seit der Staatsgründung befinden: einerseits will man dort leben, andererseits muss man diese Entscheidung auch verteidigen - mit allem, was dazugehört. Schuld und Schmerz sind damit Teil der israelischen DNA. Dieser Widerspruch wird sichtbar und nicht nur einmal sieht man Eigendorf an, wie sie mit ihm ringt.

Ich bin nicht der Anwalt der Israelis.

Dabei beginnt der Film etwas eigentümlich, ein bisschen zu "Eigendorf-Festspiele"-like vielleicht, weil sie das in die Kamera sagt, was eigentlich offensichtlich ist: "Ich bin ja nicht der Anwalt der Israelis, ich versuche das miterlebbar zu machen, was Israelis erleben, ohne dabei außer Acht lassen zu können, welches Leid es auf der anderen Seite gibt." Vielleicht muss Fernsehen heute so aussehen: Wie eine kleine Exkursion zum Thema Medienbildung. Betreutes Fernsehen eben.

Aber stimmt dieser Satz? Ein Film über Israelis zeigt nun mal die Perspektive in Israel. Anscheinend braucht es dafür in diesem Krieg, der wie jeder Krieg auch ein Krieg der Bilder ist, fast eine Entschuldigung.

Nähe und Verbindung

Genau das ist aber eine Stärke von Eigendorf, sie denkt die Meta-Perspektive mit, obwohl sie als Reporterin ganz nah dran ist und auch "einfach nur" abbilden könnte. Das ZDF zeigte bereits drei solcher Reportagen von ihr, in allen ist sie die Presenterin und führt mit unterschiedlichen Gesprächspartnern durch den Film.

Bei der Reportage aus Tel Aviv spürt man, dass es Katrin Eigendorf ein Bedürfnis ist, etwas in Erfahrung zu bringen, das nach und nach freigelegt wird. Höhepunkt ist eine Szene am Ende, die viel Neugier, Nähe und Verbindung zeigt: Man sieht Eigendorf bei der Schabbatfeier als Gast bei ihrer israelischen Producerin Shakked Auerbach und deren Familie.

Abwechslung im deutschen Fernsehen

Das sind sehr persönliche, fast intime Momente, eingefangen von einem eingespielten Team rund um den Kameramann Timo Bruhns, die ein wichtiges Lebensmotto in Israel widerspiegeln: Weiterleben, weitermachen, auch im Krieg. Nicht nur einmal wird in der Reportage aber auch deutlich, dass dieser "Luxus" den Israelis überhaupt möglich ist - im Gegensatz zu den Palästinensern nur ein paar Kilometer weiter in Gaza, die unter ganz anderen Bedingungen leben.

Das ist die Wahrheit, aber eben auch: Dass keiner der in der Reportage Gezeigten den Krieg mit der Hamas und dem Iran will, die meisten ihn aber als Notwendigkeit sehen. Eigendorf hat niemanden ausgewählt und getroffen, der rechtsnationale Positionen vertritt. Auch das ist mal eine Abwechslung im deutschen Fernsehen - bekommt man hier doch manchmal den Eindruck, ganz Israel würde aus kriegslüsternen Rechten bestehen.

infobox: "Auslandsjournal Frontlines: Tel Aviv - Metropole im Krieg", Reportage, Buch: Katrin Eigendorf, Laura Dalibard, Annkathrin Weis, Kamera: Zeljko Pehar, Timo Bruhns, Benjamin Kahlmeyer, Produktion: Nordend Film, (ZDF-Mediathek seit 28.7.25, ZDF, 30.7.25, 00.30-01.15 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 04.08.2025 11:05

Elisa Makowski

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), Reportage, KZDF, Eigendorf, Makowski, ema

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