Was im Leben wichtig ist - epd medien

06.08.2025 09:06

Der emeritierte Philosophieprofessor Georg steht kurz vor seinem 80. Geburtstag und lässt seiner Menschenfeindlichkeit freien Lauf. Der ARD-Film "Trapps Sommer" hätte eine schlimme Schnulze werden können, aber die Hauptdarsteller Günther Maria Halmer und Senita Huskic verhindern das.

ARD-Fernsehfilm "Trapps Sommer" von Rainer Kaufmann

Das Team von "Trapps Sommer" (von links): Günther Maria Halmer (Trapp), Rainer Kaufmann (Regie), Senita Huskic (Sofia), Hans Rath (Buch) und Jörg Widmer (Kamera)

epd. Was gute Schauspieler, ein ordentliches Buch und geübte Regie doch ausmachen. Liest man nur den Plot: Aus dem Seniorendrama "Trapps Sommer" hätte auch ein schlimmer Kitschfilm werden können. Aus den oben genannten Gründen wurde ein so ansehnlicher Fernsehfilm daraus, dass man sich wundert, warum ihn das Erste im Sommerloch sendet.

Der emeritierte Philosophieprofessor und frühere Womanizer Georg Trapp (Günther Maria Halmer) steht kurz vor seinem 80. Geburtstag. Und an der Grenze zur Verwahrlosung. Nicht nur äußerlich, sondern auch moralisch und intellektuell. Der Alleinstehende pflegt seine Wohnung nicht mehr und ernährt sich nicht gut, sein Arbeitsplatz ist das Bett. Seinen misanthropischen Neigungen lässt der eitle Muffel freien Lauf und macht seinen Mitmenschen das Leben schwer. Intellektuell hat er, wie ihm selbst schwant, in den letzten 20 Jahren nicht mehr viel geleistet.

Große Klappe

Es bedarf einer jungen Haushaltshilfe mit gelegentlich großer Klappe und Herz am rechten Fleck - Sophia, gespielt von Senita Huskic - damit der Erkenntnistheoretiker erkennen kann, wie weit es schon mit ihm gekommen ist. Georg zieht sich, von Sophia inspiriert, am eigenen Schopf noch einmal aus dem Alterssumpf. Und siehe da: Am Schluss wandelt er mit der Liebe seines Lebens (Eleonore Weisgerber in einer kleinen Rolle), romantisch am Seeufer. Seinerzeit hatte er nicht gewagt, ihr die Größe seiner Liebe zu gestehen. Nun, da den beiden nicht mehr viel Lebenszeit bleibt, nimmt die kluge Witwe dem Herrn Erkenntnistheoretiker nicht allzu lange krumm, dass er Jahrzehnte gebraucht hat, um zu erkennen, wer oder was in seinem Leben wirklich wichtig war.

Auf Georgs eineinhalbstündigem TV-Weg zur Selbsterkenntnis wachsen seine geschwächten Kräfte und die der eigentlich so tatkräftigen Sophia schwinden, so kommt es zur Rollenumkehr: Sophias untalentierter Theaterfreund lässt sie schwanger sitzen, auch gesundheitlich geht es ihr nicht gut. Georg kümmert sich um sie. Das stärkt ihn und befördert seine Rückkehr ins Leben. Er sucht Kontakt zu einem alten Freund und setzt sich mit den eigenen Missetaten ernsthaft auseinander.

Ideales Duo

Filme vom Ende des Lebens scheinen Regisseur Rainer Kaufmann sehr zu liegen. Vor 20 Jahren reüssierte er mit "Marias letzte Reise" mit Monika Bleibtreu als sterbende Bäuerin und Nina Kunzendorf als Krankenschwester. Hans Raths Drehbuch von "Trapps Sommer" hat viele unterhaltende, manchmal etwas zu gespreizte Dialoge. Nun gut, der Herr soll ja Professor sein, das färbt wohl auch auf die Umgebung ab.

Halmer und Huskic sind ein ideales Duo. Dass und wie diese beiden einen Zugang zueinander finden, wirkt plausibel. Die mit osteuropäischem Akzent sprechende Sophia verfügt zwar nicht im Entferntesten über Trapps Bildung, hat aber einen Kopf auf den Schultern, mit dem sie eigenständig denkt und kann sich gut behaupten. Eigenschaften, die dem geistig arroganten Trapp ermöglichen, die junge Frau zu respektieren. Umgekehrt respektiert Sophia Trapp und seine Eigenarten, statt dem Mann zu sagen, wie er zu leben hat, nur weil er alt ist. Will er kein Obst essen, isst er eben keins. Will er im Bett arbeiten, tut er das eben.

Halmer schafft es in seiner ein langes Schauspielerleben lang erprobten Lässigkeit, uns einen Unsympathen sympathisch und seine inneren Fortschritte glaubhaft zu machen. Respekt für Halmer und alle anderen Beteiligten: Aus der Geschichte "junge, unverbildete Frau bringt alten Intellektuellen zur inneren Umkehr" keinen Degeto-Süßstofffilm alter Schule werden zu lassen, ist eine große Leistung.

infobox: "Trapps Sommer", Fernsehfilm, Regie: Rainer Kaufmann, Buch: Hans Rath, Kamera: Jörg Widmer, Produktion: Producers at Work (ARD-Mediathek/Degeto seit 6.8.25, ARD 8.8.25, 20.15-21.45 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 06.08.2025 11:06 Letzte Änderung: 06.08.2025 16:19

Andrea Kaiser

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KARD, Kaufmann, Kaiser, kai, NEU

zur Startseite von epd medien