07.08.2025 14:30
Berlin (epd). Die Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf hat bei ihrem Rückzug von der Kandidatur zur Verfassungsrichterin scharfe Kritik an der Rolle der Medien geübt. In der am Donnerstag verbreiteten Stellungnahme, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, erklärte sie, die Medien hätten nicht immer sachlich berichtet. Medien, insbesondere Leitmedien, seien Eckpfeiler der demokratischen Ordnung, schrieb Brosius-Gersdorf. Zum professionellen Journalismus gehörten "sachlich fundierte, auch in zugespitzter Form geführte Kampagnen; Desinformation und Diffamierung hingegen nicht".
Insbesondere kritisierte die Juristin "ein Leitmedium", ohne es namentlich zu nennen. In diesem seien einzelne Journalisten, "nicht: Journalistinnen", im Politik-Teil zunächst "Speerspitze" eines ehrabschneidenden Journalismus gewesen. So sei dort das Narrativ einer "ultralinken" "Aktivistin" geprägt worden, obwohl die Verantwortlichen hätten wissen müssen, "dass damit ein wirklichkeitsfremdes Zerrbild gezeichnet wird".
Möglicherweise bezog sich die Juristin damit auf die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die ab Anfang Juli fast täglich über Kritik aus der Unionsfraktion an der geplanten Wahl von Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin berichtet hatte. In den Berichten war von einer "ultralinken Juristin" und einem "Aktivistenduktus" die Rede gewesen.
Einen "Kampagnencharakter" sah die Juristin auch in Artikeln über ihre Position zum Schwangerschaftsabbruch. Obwohl die Verantwortlichen, die selbst teilweise Juristen seien, hätten wissen müssen, dass es in der Rechtswissenschaft nicht nur um Ergebnisse, sondern vor allem um die Argumentation und Begründung gehe, hätten sie teils unvollständig und falsch lediglich Ergebnisse dargelegt, nicht aber die rechtsdogmatische Begründung und das rechtswissenschaftliche Dilemma aufgezeigt. "Dies kann nicht dem Anspruch eines Qualitätsmediums entsprechen, das gerade in Juristenkreisen Verbreitung und Wertschätzung genießt", erklärte Brosius-Gersdorf. Sie bescheinigte dem Medium jedoch eine "veränderte Berichterstattung in dem Blatt in der letzten Zeit". Dies könne Ausdruck "einer entsprechenden Selbstreflektion sein".
Brosius-Gersdorf hatte der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung angehört, die 2024 in ihrem Abschlussbericht an die damalige Ampel-Regierung für Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase eine Regelung außerhalb des Strafrechts empfohlen hatte.
Bedrohlich nannte es die Rechtsprofessorin, dass sich in sozialen Netzwerken organisierte Desinformations- und Diffamierungskampagnen "Bahn brechen zur Herzkammer unserer Demokratie, dem Parlament". Die Politik müsse gegenüber von bestimmten Seiten geführten Kampagnen Resilienz zeigen. "Lässt sie sich auch künftig von Kampagnen treiben, droht eine nachhaltige Beschädigung des Verfahrens der Bundesverfassungsrichterwahl", schrieb Brosius-Gersdorf.
cd/dir
Zuerst veröffentlicht 07.08.2025 16:30
Schlagworte: Medien, Journalismus, Medienkritik, Brosius-Gersdorf, cd
zur Startseite von epd medien