11.08.2025 09:19
Frankfurt a.M., Doha (epd). Ein tödlicher israelischer Luftangriff auf Journalisten in Gaza hat international für Empörung und Forderungen nach Aufklärung gesorgt. Bei dem Angriff auf ein Medienzelt am Sonntag handele es sich um eine gezielte Attacke auf die Pressefreiheit, erklärte der Sender Al Dschasira, der vier tote Journalisten beklagte. Unter den Getöteten ist demnach der prominente Reporter Anas al Scharif. Israel bestätigte den Angriff und bezeichnete Al Scharif als Anführer einer Hamas-Zelle.
Er habe Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und Soldaten unterstützt, erklärten die israelischen Streitkräfte auf der Internet-Plattform X. Geheimdienstinformationen und Dokumente aus Gaza belegten dies.
Al-Dschasira wies die Anschuldigungen zurück und warf Israel einen "weiteren offensichtlichen und vorsätzlichen Angriff auf die Pressefreiheit" vor. Die Tötung des Reporters und seiner Kollegen sei "ein verzweifelter Versuch, die Stimmen zum Schweigen zu bringen, die die bevorstehende Einnahme und Besetzung Gazas ans Licht bringen".
Die Vereinten Nationen verurteilten den Angriff auf das Pressezelt als Bruch des internationalen Rechts. Israel müsse alle Zivilisten respektieren und schützen, auch die Journalisten, erklärte das UN-Menschenrechtskommissariat am Montag auf X. Auch die Bundesregierung kritisierte den Angriff und forderte Aufklärung. "Die Tötung von Journalisten verurteilen wir - ganz grundsätzlich", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Es sei an Israel, zu erklären, "warum dieser Angriff in dieser Art stattgefunden hat".
Al Scharif war von Israel schon länger als Hamas-Aktivist beschuldigt worden. Dafür seien keine Beweise vorgelegt worden, betonte die internationale Organisation Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) am Montag. "Israels Muster, Journalisten ohne glaubwürdige Beweise als Militante zu bezeichnen, wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich seiner Absichten und seiner Achtung der Pressefreiheit auf", erklärte CPJ-Regionaldirektorin Sara Qudah. "Journalisten sind Zivilisten und dürfen niemals zur Zielscheibe werden." Zuletzt berichtete Al Scharif laut CPJ über den Hunger in Gaza.
Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verlangte Aufklärung. Selbst wenn Al Scharif ein Terrorist gewesen sein sollte, hätte das keinen Luftangriff auf ein Journalistenzelt gerechtfertigt, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. "Dass Medienschaffende in dem bewaffneten Konflikt umkommen, ist schon furchtbar genug", erklärte er. "Dass auf Grundlage von nicht überprüfbaren Vorwürfen gezielt Jagd auf sie gemacht wird, ist nicht hinnehmbar."
Schon im Juli hatte die UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, Irene Khan, zu den Vorwürfen gegen Al Scharif erklärt, die unbelegten Anschuldigungen seien ein offenkundiger Versuch, "seine Berichterstattung über den Genozid in Gaza" zum Verstummen zu bringen. Ängste um seine Sicherheit nannte sie wohlbegründet.
Al Scharif habe im Wissen um seine Gefährdung die Arbeit fortgesetzt, erklärte der Sender Al-Dschasira und verwies auf eine Erklärung des Reporters vom April, die in seinem Todesfall veröffentlicht werden sollte. Er habe im Gaza-Streifen immer wieder "den Schmerz in allen Einzelheiten" miterleben müssen, heißt es in dem Schreiben Al Scharifs. "Trotzdem habe ich nie gezögert, die Wahrheit so zu vermitteln, wie sie ist, ohne Verzerrung oder Falschdarstellung."
svo
Zuerst veröffentlicht 11.08.2025 11:19 Letzte Änderung: 13.08.2025 15:19 (Zahl der getöteten Al-Dschasira-Journalisten von fünf auf vier geändert, der Sender hat seine Angaben korrigiert)
Schlagworte: Nahost, Konflikte, Medien, NEU
zur Startseite von epd medien