Viel Spaß mit Bernd - epd medien

31.08.2025 09:05

Seit 25 Jahren will Bernd das Brot im Kinderkanal eigentlich nur seine Ruhe, aber Chili das Schaf und Briegel der Busch sorgen dafür, dass er sie nicht findet. Mit seiner mürrischen Art wurde das Kastenbrot zum Star wider Willen. Und jetzt wollen die Freunde Bernd auch noch zum "Brotfluencer" machen.

Ein miesepetriges Kastenbrot sorgt im Kika für gute Laune

Bernd das Brot, Chili das Schaf und Briegel der Busch bei den Dreharbeiten für "Besser mit Bernd"

epd Der stinkstiefelige Nachbar, der mürrische Hausmeister, der grantelnde Großvater: Niemand mag solche Gestalten - jedenfalls nicht im wahren Leben. Im Fernsehen genießen sie hingegen oftmals erstaunlich große Sympathie. Das gilt auch für einen Zeitgenossen, der Miesepetrigkeit personifiziert wie kaum ein anderer: Seit 25 Jahren erfreut Bernd das Brot Groß und Klein durch seinen unerschütterlichen Pessimismus. Mit dem Grimme-Preis erhielt dieser "Anti-Spass-Guerillero", wie das Brot in der Begründung tituliert wurde, Anerkennung von höchster Stelle: "Inmitten einer grellen Fun-Event-Kultur mit lauter gehypten Mega-Emotion-Shows nimmt sich Bernd das Brot, von Tommy Krappweis erfunden und mit nöligen Pointen munitioniert, das Recht auf schlechte Laune."

Diese Einschätzung ist jetzt 21 Jahre alt, heute jedoch, da der Kika seinen Star in ein neues Abenteuer stürzt, so zutreffend wie damals: In "Besser mit Bernd" konfrontieren Chili, das nervige Schaf, und Briegel der Busch - beide aus der Kategorie "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde" - den bemitleidenswerten Weggefährten wieder mal mit Erfindungen, die nur auf den ersten Blick brauchbar klingen. Bernd soll die Gerätschaften testen und als "Brotfluencer" dafür sorgen, dass sie bekannt werden. Allerdings geht meistens schon der Test schief. Bernds Resümee ist lakonisch wie stets: "Mist".

Kein großer Bruder

Wie nahezu alle Erfolgsphänomene des Kinderfernsehens ist auch die Beliebtheit des Kastenbrots durch das Team des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk wissenschaftlich erforscht worden. Interessanterweise schnitt Bernd 2007 bei den Jungs deutlich besser ab als bei den Mädchen. Die Mädchen, fasst IZI-Leiterin Maya Götz die Ergebnisse zusammen, "betrachten ihn distanziert, halten ihn für inkompetent, was Freundschaften angeht, und wollen ihn auf keinen Fall als großen Bruder." Jungen sahen das ganz anders: Sie waren überzeugt, dass man mit Bernd garantiert viel Spaß haben würde.

Was auf den ersten Blick irritiert, ist aus Sicht der Medienwissenschaftlerin logisch: Von Jungs werde erwartet, "dass sie aktiv, sportlich und durchsetzungsfähig sind. Sie sollen einen Drachen töten und die Prinzessin retten" - und da beginnt das Problem. Ein Drache ließe sich ja vielleicht noch finden, aber ihre Rettung haben die Prinzessinnen längst selbst in die Hand genommen.

Götz formuliert das so: "Die Welt von Jungen in Kita und Grundschulalter ist vor allem von sehr kompetenten und machtvollen Frauen geprägt; und von Mädchen, die meist alles besser hinbekommen als sie." Zu diesen Erfahrungen geselle sich gerade in der Pubertät ein ausgeprägter Wunsch nach Ruhe und Entspannung. Diese Bedürfnis finde im "symbolischen Material" unserer Kultur jedoch keine Entsprechung. Außer bei Bernd, der mit Begeisterung tut, was bei Kindern und Jugendlichen ungern gesehen wird: nichts, aber das mit großer Hingabe.

Kognitive Dissonanz

Noch mehr Fans als unter Kindern hat Bernd jedoch vermutlich bei Erwachsenen. Ob auch hier der männliche Teil überwiegt, ist nicht erforscht worden, doch Götz' Vermutung legt nahe, dass die Gründe für die Sympathien von Müttern und Vätern denen der Jungs nicht unähnlich sind: "Bernd symbolisiert, wie sich viele Eltern fühlen. Sie sind umgeben von temperamentvollen oder gar chaotischen Kindern, die ständig etwas von ihnen wollen, mit Vorliebe gerade dann, wenn sie gern ihre Ruhe hätten."

Die Psychologie spricht in solchen Fällen von kognitiver Dissonanz: Eltern sollen sich laut Götz "immer empathisch einfühlen, sollen bindungsorientiert und verständnisvoll agieren; und dann kommt die Rushhour des Alltags." Dabei wollen sie ähnlich wie ihre Söhne, um es mit Loriot zu sagen, auch mal einfach "nur hier sitzen." Während sich in den Medien überall vorbildliche Mütter und Väter tummeln, ist Bernd im Umgang mit den "Kindern" Chili und Briegel exakt so, wie die Eltern sich fühlen: genervt.

infokasten: "Besser mit Bernd", Regie und Buch: Tommy Krappweis, Normann Cöster, Julia Hingst, Produktion: Bummfilm (Kika-Player, ab 1.9.25, Kika ab 9.9.25, dienstags bis freitags 12.50-12.55)

Tilmann Gangloff Copyright: Foto: Privat Darstellung: Autorenbox Text: Tilmann Gangloff ist freier Journalist und regelmäßiger Autor von epd medien.



Zuerst veröffentlicht 31.08.2025 11:05

Tilmann Gangloff

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kinder, Kika, Bernd das Brot, Gangloff

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