Das hat Miss Marple nicht verdient - epd medien

02.09.2025 08:10

RTL hat einen neuen Film "Miss Merkel"-Film produziert, in dem die Ex-Kanzlerin auf einem Kreuzfahrtschiff ermittelt. Die Krimikomödie ist aber nur was für Freunde niederschwelliger Schmunzel-Unterhaltung, urteilt Peter Luley.

Katharina Thalbach spielt "Miss Merkel"

epd Während derzeit großflächig in allen Medien der zehnte Jahrestag des Angela-Merkel-Satzes "Wir schaffen das" diskutiert wird, während neben der Migrations- auch die Russland- und Energiepolitik der ehemaligen deutschen Regierungschefin eine Neubewertung erfahren - bringt RTL unverdrossen eine weitere Krimikomödie, die die Altkanzlerin als kauzige Hobby-Detektivin zeigt. "Ein Kreuzfahrt-Krimi: Mord auf hoher See" ist nach "Mord im Schloss" und "Mord auf dem Friedhof" die dritte Verfilmung eines Romans aus David Safiers bislang fünfbändiger "Miss Merkel"-Reihe. Wie die Vorgänger wendet sie sich an Freunde niederschwelliger Schmunzel-Unterhaltung.

Das von Mark Werner und Safiers Sohn Ben adaptierte Drehbuch schickt die wie immer von Katharina Thalbach verkörperte Protagonistin auf eine "Krimi-Cruise". Auf dem ausgiebig ins Bild gesetzten Luxusdampfer "Mein Schiff 5" sollen fünf Bestsellerautoren die Urlauber bespaßen. Doch schon am ersten Abend segnet Thriller-König Florian Watzek (Stephan Luca) das Zeitliche. Als der eitle Fatzke sich in seiner Bühnenshow kokett unter eine Guillotine legt, weil er mit seinen Werken "unzähligen Menschen den wohlverdienten Nachtschlaf geraubt" habe, saust das Fallbeil tatsächlich auf ihn herab. Jemand muss den Mechanismus manipuliert haben.

Ich war immer viel zu weich mit den Kerlen.

Krimi-Liebhaberin Angela Merkel, die in Begleitung von Ehemann Joachim Sauer (Thorsten Merten) und Bodyguard Mike (Tim Kalkhof) sowie mit dem von einem Miss-Marple-Film entlehnten Schlachtruf "Mörder ahoi!" an Bord gegangen ist, beginnt sofort zu ermitteln. Ein von ihr belauschtes Gespräch legt nahe, dass Watzeks Assistentin Sophie (Mai Duong Kieu) ein Motiv hatte, ihren Chef zu töten. Zudem war sie die Bewacherin der Guillotine. Aber zum einen findet ihr Mann, dass Sophie "so einen netten Eindruck" mache (Merkel: "Das macht Friedrich Merz auch, wenn er will."). Und zum anderen scheinen auch die anderen Schriftstellerkollegen (Dirk Borchardt, Julius Feldmeier, Matthias Komm, Lara Mandoki) in verbrechensbegünstigenden Konkurrenzverhältnissen zu stehen.

Angetan mit mal gelben, mal orangefarbenen Sakkos trippelt die kriminalisierende Altkanzlerin in der Folge durch die Gänge - und findet Zeit für Selbstkritik: "Ich war immer viel zu weich im Kabinett mit den Kerlen." Ihr Vertrauen in die eigene Resilienz ist gleichwohl ungebrochen. "Ich gehe aus Prinzip nicht unter", begründet sie ihre Weigerung, übungshalber eine Schwimmweste anzuziehen. Ihr Gatte, den sie wahlweise "Puffel" oder - noch eine Agatha-Christie-Reverenz - "Mr. Stringer" nennt, ist ebenfalls nicht auf den Mund gefallen. "Ich heiße Sauer, wie 'lustig'", stellt er klar, wenn ihn andere als Herr Merkel ansprechen. Zwischendurch videotelefoniert Merkel gelegentlich mit ihrem daheim gebliebenen Mops Helmut.

Knallcharge Kommissar Hannemann

Da die Actionelemente überschaubar bleiben - einmal wird die Protagonistin im Kühlraum eingesperrt, einmal büxt sie über den Balkon aus dem Kabinenarrest aus - und sich die Whodunit-Spannung ebenfalls in Grenzen hält, kommt dem Humor besondere Bedeutung zu. So soll einmal mehr die Knallchargen-Figur des uckermärkischen Kommissars Hannemann (Sascha Nathan) für Lacher sorgen. "Sie riechen wie Horst Seehofer nach einer langen Koalitionsverhandlungsnacht", bescheinigt Merkel dem Beamten, der den Mord als Unfall abtun möchte.

Aber auch in puncto Wortwitz lassen die Autoren nichts unversucht. Als Merkel zwei Martini bestellt und die Bedienung "Dry?" zurückfragt, antwortet die Altkanzlerin: "Nein, zwei, hab ich gesagt." Bodyguard Mike ruft einmal aus: "Sie sind gaga, und ich meine nicht die Lady!" Wirken schon solche Gags ein bisschen verzweifelt, so lässt das Finale den Zuschauer vollends ratlos zurück. Nachdem sie in einer klassischen Erklärungsshow die Auflösung des Falles hergeleitet hat, stimmt Merkel "What shall we do with a drunken sailor?" an, stellt sich in "Titanic"-Pose an die Reling und ruft aus: "Ich bin die Königin der Welt!" Nein, diese Epigonin hat die gute alte Miss Marple nicht verdient.

infobox: "Miss Merkel - Ein Kreuzfahrt-Krimi: Mord auf hoher See", Krimikomödie, Regie: Torsten Wacker, Buch: Mark Werner, Ben Safier, Kamera: Timo Schwarz, Produktion: Letterbox Filmproduktion (RTL+, seit 26.8.25, RTL, 2.9.25, 20.15-22.15 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 02.09.2025 10:10

Peter Luley

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KRTL, Miss Merkel, Luley

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