Nach Kritik: Netflix veröffentlicht KI-Richtlinie - epd medien

05.09.2025 13:52

Billige Effekte und künstlich erstellte Dokumente - mit KI-Bildern in den Serien "The Eternaut" und "What Jennifer Did" brachte Netflix zuletzt Zuschauer gegen sich auf und schürte Ängste von Kreativen. Nun hat der Streaming-Anbieter eine KI-Richtlinie vorgestellt.

Logo des Streamingdienstes Netflix

Los Gatos (epd). Der Streaming-Anbieter Netflix hat seine Produktionspartner auf eine Richtlinie für den Umgang mit generativer KI verpflichtet. "Wir erwarten von allen Produktionspartnern, dass sie jede beabsichtigte Verwendung von generativer KI mit ihrem Netflix-Kontakt teilen", heißt es in der Ende August von dem US-Unternehmen veröffentlichten Richtlinie. Diese spricht keine unmittelbaren Verbote aus; in einer Reihe skizzierter Fälle müssen Filmemacher, Produktionspartner und Anbieter aber eine schriftliche Genehmigung bei dem Streaming-Anbieter einholen.

Rückversichern muss sich beispielsweise, wer ohne Genehmigung Skripte, Bilder oder ganze Filmsequenzen im Stil eines bestimmten Kunstwerks oder Künstlers erstellen lässt - oder wer Eigenschaften bestimmter Personen als KI-Inspiration gebraucht. Mit dem Schritt erkennt Netflix weitreichende Einsatzmöglichkeiten generativer KI in der Filmproduktion offiziell an. "Bei Netflix sehen wir diese Werkzeuge als wertvolle kreative Hilfen, wenn sie transparent und verantwortungsvoll eingesetzt werden."

KI verunsichert die Branche

Für Aufsehen sorgte zuletzt der Fall der im April veröffentlichten Netflix-Serie "The Eternaut". Der Streaming-Anbieter hatte zugegeben, dass die argentinischen Produktionsfirmen "K&S Films" und "Control Studio" dafür eine Filmsequenz, die den Zusammenbruch eines Gebäudes zeigt, mithilfe einer künstlichen Intelligenz erstellt hatten. Der Gebrauch von generativer KI ist deutlich kostengünstiger als eine in solchen Fällen bisher übliche VFX-Produktion.

In der Filmbranche sorgt die Verwendung von generativer KI schon seit einigen Jahren für Verunsicherung. In Deutschland hatte Netflix im vergangenen Februar Verträge mit dem Bundesverband Schauspiel, der Produktionsallianz und der Gewerkschaft ver.di geschlossen, die ähnliche Regelungen vorsehen wie die nun lancierte Richtlinie. Im Juni folgte eine Vereinbarung mit dem Bundesverband Schauspiel (BFFS).

In dem neuen Reglement heißt es: "Respekt für Darsteller und ihre Arbeit ist grundlegend für eine verantwortliche KI-Nutzung." Diese dürfe sich "nicht zum materiellen Nachteil gewerkschaftlich organisierter Schauspieler, Drehbuch-Autorinnen oder Film-Crew-Mitglieder" auswirken. Auch einer starken, vom Drehbuch abweichenden Veränderung schauspielerischer Darbietungen schiebt Netflix einen Riegel vor, wenn dazu kein Einverständnis der Darsteller eingeholt wurde. Diese könnten rufschädigend wirken.

Grenzen zwischen Realität und Fiktion

Die Richtlinie verpflichtet zudem dazu, KI-generierte Inhalte kritisch auf ihre Wirkung beim Publikum zu prüfen. "Sorglos eingesetzte künstliche Intelligenz kann die Grenze zwischen Realität und Fiktion verwischen oder Zuschauer unabsichtlich in die Irre führen." Daher sollten die Netflix-Partner frei erfundene Inhalte vermeiden, die mit realen Ereignissen, Personen oder Aussagen verwechselt werden könnten. In der True-Crime-Serie "What Jennifer Did" von Netflix wurden im vergangenen Jahr KI-generierte Bilder entdeckt, die Zuschauern als echte Archivfotos präsentiert wurden. KI-Inhalte wie Moodboards, die nicht im Endprodukt auftauchen, bedürfen keiner weiteren Absprache mit dem Streaming-Anbieter.

liw



Zuerst veröffentlicht 05.09.2025 15:52

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Internet, USA

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