Konrad und Charles - epd medien

06.09.2025 08:59

Der Fernsehfilm "Ein Tag im September" erzählt davon, wie die deutsch-französiche Freundschaft entstand. Die zwei großartigen Schauspieler Burghart Klaußner und Jean-Ives Berteloot sorgen dafür, dass der Film mitreißt.

ZDF-Film "Ein Tag im September" über Adenauer und de Gaulle

Das erste Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle (Jean-Yves Berteloot, rechts) und Konrad Adenauer (Burghart Klaußner) legte den Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft

epd In einer Zeit, in der überall die Frage "Wie geht Frieden?" gestellt wird, liegt es nahe, sich anzuschauen, wie schon einmal Frieden gestiftet wurde. Denn während er beschworen und angestrebt wird, ist Frieden sehr unwahrscheinlich. Zwischen den Franzosen und den Deutschen existierte viele Jahrzehnte lang eine sogenannte Erbfeindschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg von pazifistisch gesinnten Zeitgenossen zu einer "überkommenen Gegnerschaft" heruntergebrochen wurde, was immer noch schlimm genug war.

Die Deutschen hatten Frankreich besetzt und zur Kollaboration mit den Nazis gezwungen, man konnte sich nicht vorstellen, dass jemals ein Franzose seine Hand einem "Boche" in friedlicher Absicht entgegenstrecken würde. Und die Deutschen hatten für die "Froschschenkelfresser" ihrerseits keine freundlichen Gefühle. Aber sie hatten den Krieg verloren und waren nun selbst besetzt.

Daheim bei de Gaulles

Die Aufgabe kluger Politiker - die heute verzweifelt gesucht werden - ist es, trotzdem etwas zu machen. Also probten im Jahr 1958 Konrad Adenauer, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, und Charles de Gaulle, Ministerpräsident Frankreichs, die Annäherung als Vorstufe zur Versöhnung der beiden großen Nationen in Europa in einem persönlichen Gespräch.

Ganz privat im Sinne von geheim war das Treffen am 14. September bei den de Gaulles daheim nicht. Es wurde öffentlich bekannt und Journalisten reisten nach Colombey-les-Deux-Églises, um dort Berichtenswertes zu erhaschen. Aber die Gespräche selbst fanden in Wohnzimmeratmosphäre hinter verschlossenen Türen statt, mit Kaffee und großem Abendessen und teilweiser Präsenz von Madame de Gaulle. Da hörte niemand mit. Ein genaues Protokoll existiert nicht, nur eine Zusammenfassung, ein "Kommuniqué". Das Papier wurde die Grundlage für den Elysée-Vertrag von 1963, der die bilaterale Zusammenarbeit von Frankreich und Deutschland begründete und die Versöhnung beglaubigte.

Auf ganzer Linie geglückt

Drehbuchautor Fred Breinersdorfer und Regisseur Kai Wessel mag es gereizt haben, den Versuch zu wagen, einen weltpolitisch relevanten Dialog, dessen Wortlaut nicht rekonstruierbar ist, im Wege der Fiktion und der historischen Wahrscheinlichkeit zu reanimieren - gerade in unserer Zeit, in der Konferenzen und Austausch zwischen "Erbfeinden", sofern solche Treffen überhaupt stattfinden, zu nichts führen. Es mag für beide eine Herausforderung gewesen sein, hier den richtigen Ton zu treffen und zwischen gestanztem Diplomatensprech und staatsmännischem Verantwortungsgehabe doch eine Verständigung möglich erscheinen zu lassen, wobei die persönliche Ebene sich glückhaft mit der weltpolitischen kreuzen sollte. Und man muss sagen, dass dieser Versuch auf ganzer Linie geglückt ist.

De Gaulle war immer skeptisch, was die Wiederbewaffnung Deutschlands betraf, er war strikt gegen ein deutsches Atomprogramm. Ein solches wollte er exklusiv für sein Land. Zugleich schwebte ihm eine Emanzipation von den USA vor. Adenauer erinnert vorsichtig an die Luftbrücke. Und spricht von der Last, die die deutsche Teilung bedeutet. De Gaulle zeigt wenig Neigung, sich in die Lage des besiegten Erbfeindes zu versetzen. Zuerst sieht es so aus, als scheitere dieses Vier-Augen-Gespräch an der Unvereinbarkeit der Standpunkte. "Die Wunden", so hört man, "sind noch zu tief."

Aber der General hört Adenauer zu. Beide sind "gute Katholiken", das verbindet. Der Deutsche hat eine kleine Skulptur, eine Pietà, als Gastgeschenk mitgebracht. Schließlich gesteht der Franzose etwas ein, was sein Gesicht und seine Mimik schon die ganze Zeit sagen scheinen: "Wir (gemeint sind die Franzosen) haben unseren Stolz verloren." Madame de Gaulle spricht eine Familientragödie an, Adenauer erzählt von seiner ganz persönlichen. Bei der nächsten Gesprächsrunde sagt er "Charles" und de Gaulle sagt "Konrad". Am Schluss spielen sie Pétanque.

Das Ende einer Erbfeindschaft

Ohne die beiden Schauspieler Burghart Klaußner als Adenauer und Jean-Yves Berteloot als de Gaulle hätte dieser Fernsehfilm wohl nicht so mitreißen können. Beide machen das großartig. Sie sehen besser aus als ihre realen Vorbilder, wichtiger aber ist, dass sie wie durch ein Wunder die Autorität auszustrahlen scheinen, die den beiden Politikern durch ihre strikte Anti-Nazi-Haltung zukam.

Kurz und gut: Das Herz dieses Films, die Gespräche, die steif beginnen und spielerisch enden und das Begräbnis einer Erbfeindschaft vorbereiten, dieses Herz überzeugt so restlos, dass auch die Nebenhandlungen, die die Begleitpersonen betreffen, Interesse wecken. Da ist etwa de Gaulles Berater, Colonel de Bonneval (Vincent Lecuyer), der seinen Hass auf die Deutschen nicht verbergen kann und will. Das gilt ebenfalls für die Köchin (Muriel Bersy), die sich weigert, für die Deutschen zu kochen, wie auch für das Dorf Colombey-les-Belles, in das Adenauers Konvoi zu Beginn (es ist eine Verwechslung) geleitet wird und dessen Bewohner die Limousine mit Eiern bewerfen. Hier wird aus der Perspektive der Küche, der Fahrer und anderer Nebenfiguren die Brisanz der Lage noch einmal gespiegelt. Deutlich wird auch die Tiefe der Feindschaft und die Mühe, die es kostet, darüber hinwegzukommen.

Was die Botschaft betrifft - es sind immer wieder große Einzelne, die den Frieden, der so unwahrscheinlich ist, trotz allem befördern können -, hat "An einem Tag im September" ins Schwarze getroffen.

infobox: "An einem Tag im September", Fernsehfilm, Regie: Kai Wessel, Buch: Fred Breinersdorfer, Kamera: Holly Fink, Produktion: Network Movie/Made in Munich/Beside (ZDF-Mediathek/Arte, seit 6.9.25, Arte, 12.9.25, 20.15-21.45 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 06.09.2025 10:59

Barbara Sichtermann

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, KArte, Fernsehfilm, Sichtermann, Wessel, Breinersdorfer

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