17.09.2025 08:00
Frankfurt a.M. (epd). Nachrichten in leichter und einfacher Sprache sind einer Studie zufolge für einen großen Teil der Menschen in Deutschland zentral für deren gesellschaftliche Teilhabe. Um diese zu ermöglichen, empfiehlt ein am Mittwoch in Frankfurt am Main veröffentlichtes Arbeitspapier der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung unter anderem, solche Angebote in engem Austausch mit der Zielgruppe zu erstellen und deutlich leichter auffindbar zu machen. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Die Autorinnen und Autoren verweisen darauf, dass rund zwölf Prozent der Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland über eine eingeschränkte Literalität verfügen, weil sie Lernschwächen haben, unter vorübergehenden oder dauerhaften Behinderungen oder Krankheiten leiden oder gerade erst Deutsch lernen. Die Folgen sind nicht nur im Alltag weitreichend, sondern wirken sich auch auf die Demokratie aus. So verfügen Bürgerinnen und Bürger beispielsweise über das Wahlrecht, suchen aber vergeblich nach Grundlagen für ihre Wahlentscheidung.
Hier setzt das Konzept der leichten Sprache an, einer barrierearmen Sprachform, die sich insbesondere an diese Zielgruppe richtet. Sie folgt strengen Regeln und nutzt kurze Sätze und einfache Wörter.
Für die Studie führten die Forscher 28 qualitative Interviews mit Personen mit eingeschränkter Literalität. Herausgearbeitet wurden Nutzungsmuster und -motive sowie Bedürfnisse und Wünsche an das Angebot. Die Befragten seien besonders interessiert gewesen an Themen aus dem eigenen Erfahrungsbereich oder mit räumlicher Nähe, also regionaler und lokaler Berichterstattung. Die Autorinnen und Autoren schreiben: "Das unterstreicht noch einmal, wie zentral lokaler Journalismus für eine demokratische Gesellschaft ist." Dessen Rückbau gefährde die Integration und Inklusion vieler gesellschaftlicher Gruppen.
Bedeutsam für die Zielgruppen sei zudem ein am Service orientierter Journalismus. So sei mehrfach Interesse an vertieften Erklärungen zu politischen Wahlen geäußert worden, sowohl was den konkreten Umgang mit den Wahlunterlagen betrifft als auch zu den allgemeineren Abläufen einer Wahl. Erläuterungen zu für die Zielgruppen wichtigen juristischen Entscheidungen und Vorgängen seien ebenso gewünscht wie alltagspraktische Erläuterungen, etwa zu den Folgen eines Streiks für den Nahverkehr, die für Menschen mit Einschränkungen oft eine besondere Herausforderung darstellten.
Messenger-Dienste, insbesondere WhatsApp, werden dem Arbeitspapier zufolge von vielen Menschen mit eingeschränkter Literalität bevorzugt zur Informationsbeschaffung genutzt. Sie seien deshalb auch ein besonders geeignetes Medium für journalistische Nachrichtenformate. Auf diesem Weg könnten die gefundenen Angebote auch einfach an Freunde und Bekannte weitergeleitet werden.
Entsprechende Angebote müssten zudem leicht auffindbar platziert werden - etwa direkt an die Startseite eines Internet-Angebots angekoppelt werden. Viele Nutzerinnen und Nutzer der Zielgruppe bevorzugten audiovisuelle Medien gegenüber rein textlichen Angeboten. Sinnvoll wäre hier ein Angebot leicht verständlicher Nachrichten gerade im Radio, sowohl lokal als auch überregional, wie die Autorinnen und Autoren schreiben. Illustrierende Bilder sollten konkrete Menschen bei den Tätigkeiten zeigen, von denen im Beitrag die Rede ist. Symbolbilder wirkten dagegen oft verwirrend.
Um ein Gespür für die Nutzungsweisen, Bedürfnisse und Lebensumstände der besonderen Zielgruppen zu bekommen, sollten Redaktionen schon während der Konzeption eines Angebotes Kontakt zu mindestens ein bis zwei Betroffenen aufnehmen, empfehlen die Studienautoren Steffen Grütjen, Friederike Herrmann und Milan Skusa. Dieser direkte Kontakt bedeute keinen großen Zeitaufwand. Insbesondere Prüferinnen und Prüfer für leichte Sprache seien gern zu einem Redaktionsbesuch bereit und könnten kompetent beraten.
koe
Zuerst veröffentlicht 17.09.2025 10:00
Schlagworte: Medien, Sprache, Gesellschaft
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