Zwischen Komödie und Krimi - epd medien

24.09.2025 08:10

Ein Fernsehfilm mit Bezug zu krimineller Realität heutiger Zeit: In "Wir vier und der Enkeltrick" versucht ein Damen-Quartett, Verbrechern, die systematisch alte Menschen betrügen, das Handwerk zu legen.

Die ARD-Komödie "Wir vier und der Enkeltrick"

Mit ihrem Leichen-Chevy jagen Helene (Katharina Thalbach), Irene (Uschi Glas), Annemarie (Soogie Kang) und Christel (Ursula Werner) die Trickbetrüger

epd Warum der "Enkeltrick" trotz aller Aufklärung und polizeilicher Warnungen immer noch bei zu vielen alten Menschen zieht, begreift man vielleicht etwas besser nach diesem Fernsehfilm. Da ist Irene (Uschi Glas), zwar alt, aber nicht senil, vielmehr wirkt sie noch ziemlich fit - und trotzdem: Als das Telefon klingelt und sie die völlig verstörte Stimme ihres Sohnes hört, ist sie vom Schock völlig überrumpelt. Denn der angebliche Sohn berichtet, er habe einen Unfall mit Todesfolge verursacht und komme nur gegen eine Kaution von 20.000 Euro vorläufig frei.

Die völlig aufgelöste Irene sucht daraufhin hastig sämtliche Barschaften zusammen und allen Schmuck, der in der Wohnung verfügbar ist. Sie steckt alles in einen Beutel, den sie einem schnell an der Wohnungstür auftauchenden angeblichen Polizeibeamten in die Hand drückt - ohne Prüfung, ohne Quittung. Erst als Minuten später der Sohn tatsächlich anruft und völlig normal klingt, dämmert Irene, was da gerade passiert ist. Und sie schämt sich viel zu sehr darüber, Betrügern auf den Leim gegangen zu sein, als dass sie sich ihrer just auftauchenden Nachbarin anvertrauen würde - was dramaturgisch noch von Bedeutung sein wird.

Vier Schauspielerinnen über 50

Der Schock jedenfalls bewirkt, dass Irene den Entschluss fasst, ins betreute Wohnen zu ziehen - in diesem Fall eine noble Seniorenresidenz, wo sie prompt auf ein Trio robust-rüstiger Rentnerinnen trifft: Erst tauchen Christel und Helene auf (Ursula Werner, Katharina Thalbach), später kommt noch Annemarie (Soogi Kang) hinzu.

Zu diesem Zeitpunkt drängen sich einige Fragen auf, zum Beispiel, warum eine gebürtige Koreanerin den sehr deutschen Namen Annemarie trägt. Oder warum sich in ARD-Komödien so viele Alte kostspielige idyllische Seniorenresidenzen leisten können. Fragen könnte man sich auch, warum in solchen Fällen immer ein pfiffiges Enkelkind mit von der Partie ist, das natürlich mit seinen Kenntnissen neuer Technologien (in diesem Fall GPS) zu einem Happy-End beiträgt.

Andererseits kann man sich auch darüber freuen, dass es hier prominente Rollen für Schauspielerinnen jenseits der 50 gibt, was bekanntlich leider selten der Fall ist. Und es ist ein Vergnügen, den Damen bei ihren Dialogen zuzuhören, die von herzerfrischend trockenem Witz sind. Selbstverständlich ist Katharina Thalbach mit großer Klappe (aber sehr diszipliniertem Ensemble-Spiel) vorneweg, aber Ursula Werner, Soogi Kang und Uschi Glas stehen ihr in nichts nach.

Der Spieß wird umgedreht

Hinzu kommt, dass Regisseurin Mia Spengler flotte Soundtracks nutzt (Earth, Wind and Fire, Dolly Parton, Carole King und andere), um Szenen wortlos zu raffen und sie in schwungvolle Intermezzi zu verwandeln. Viel erzählt sie auch über hübsche Details wie ein buntes Kleid, das Irene schon in die "Zu-verschenken"-Kiste sortieren will, was Helene jedoch erfolgreich sabotiert.

Leichtfüßig und fast unmerklich wechselt der Film vom Drama in die Komödie und schließlich den Krimi. Denn die alten Damen beschließen, den Spieß umzudrehen: Mithilfe des guten alten Telefonbuchs (doch, das gibt es noch, wenngleich die heutigen Exemplare sehr viel dünner sind als die früheren) rufen sie Menschen mit "alten" Vornamen an, um sie vor den Trickdieben zu warnen. Allerdings sorgt die umtriebige Helene auch für entsprechende Rückrufe, denn sie hat sich in den Kopf gesetzt, die kriminelle Bande auf eigene Faust zu stellen und ihr das Handwerk zu legen.

Fortsetzung möglich

Eher skeptisch lassen sich die anderen drei darauf ein. Aber da ist ja Irenes stiller Verehrer, der Ex-Nachbar Peter Hansen (Peter Lohmeyer), der als ehemaliger Polizist eine Sicherheit im Rücken zu sein scheint. Also schwingen sich die vier Damen in einen straßenkreuzerähnlichen "Leichen-Chevy" (also den Wagen eines Bestattungsunternehmens) und verfolgen mittels GPS die Betrüger. Dass die Verfolgung professioneller Krimineller allerdings ein durchaus lebensgefährliches Unterfangen ist, in dem schnell scharfe Waffen ins Spiel kommen, merken die vier erst, als sie schon in die Falle geraten sind - da ist auch Hansen keine echte Hilfe.

Schließlich kommt es dank des gewitzten Enkels Momo dann doch noch zum erwähnten Happy-End und angesichts der Schluss-Szene möglicherweise sogar zu einer Fortsetzung. Wenn die so unterhaltsam wird wie dieser Film, dann bleibt man gerne weiter dran.

infobox: "Wir vier und der Enkeltrick", Fernsehfilm, Regie: Mia Spengler, Buch: Kai Kreuser, Kamera: Doro Götz, Produktion: Wüste Medien (ARD-Mediathek/SWR, seit 10.9.25, ARD, 17.9.25, 20.15-21.45 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 24.09.2025 10:10

Ulrike Steglich

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KARD, KSWR, Fernsehfilm, Spengler, Kreuser, Steglich

zur Startseite von epd medien