Trauer um "Reporterlegende" Georg Stefan Troller - epd medien

27.09.2025 16:30

Dem Holocaust entkam Georg Stefan Troller, Sohn einer jüdischen Familie aus Wien, durch Flucht in die USA. Er kehrte als Soldat nach Europa zurück, befreite das KZ Dachau mit und war bis zu seinem Tod im Alter von 103 Jahren journalistisch tätig.

Georg Stefan Troller im Jahr 2013

Berlin, Paris (epd). Politik und Medienbranche nehmen Abschied von Georg Stefan Troller. Der Journalist, Dokumentarfilmer, Schriftsteller und Drehbuchautor starb in der Nacht zu Samstag im Alter von 103 Jahren in Paris. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte "die Kraft der Versöhnung" des aus einer jüdischen Wiener Familie stammenden Autors.

Zunächst hatte "Die Welt" am Samstag unter Berufung auf seinen engsten Familienkreis über den Tod des als legendär geltenden Jahrhundertzeugen berichtet. Für deren Beilage "Die Literarische Welt", ein auf die Weimarer Republik zurückgehendes Periodikum, war Troller bis zuletzt als Kolumnist tätig. Das ZDF, für das er mehr als zwei Jahrzehnte lang zahlreiche Prominente porträtierte, würdigte Trollers "'human touch', den er als erster in das deutsche Fernsehen einführte". Der Sender bezeichnete ihn als "Reporterlegende".

Ausbildung zum Buchbinder

Troller wurde am 10. Dezember 1921 in eine jüdische Wiener Familie hineingeboren und machte zunächst eine Ausbildung zum Buchbinder. 1938 musste er als Österreicher jüdischer Herkunft vor den Nazis fliehen und gelangte über Prag und Paris nach New York. 1943 wurde er laut "Welt" in den USA zum Kriegsdienst eingezogen, "1945 kam er als amerikanischer Soldat nach Europa zurück, nahm an der Einnahme Münchens teil und begleitete die US-Armee als Dolmetscher bei der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau und bei der Vernehmung von Kriegsgefangenen".

Steinmeier schrieb in seinem Kondolenzschreiben an die Familie des Verstorbenen, Troller "verkörperte die bewegende Geschichte jener Generation von Patrioten in fremder Uniform, von mutigen Emigranten, die sich den Streitkräften der Alliierten zur Verfügung stellten, um Deutschland von der menschenverachtenden NS-Diktatur zu befreien". Dennoch habe er mit Deutschland nie gebrochen, "vielmehr hat er uns Deutschen die Hand zur Versöhnung gereicht".

Langjähriger Paris-Korrespondent

Ein erneuter Aufenthalt Trollers in Wien währte nicht lang. 1946 übersiedelte er wieder in die USA, studierte in New York unter anderem Theaterwissenschaft. 1949 kam er dank eines Fulbright-Stipendiums an die Universität Sorbonne in Paris. Die französische Hauptstadt "wurde und blieb seine Wahlheimat fürs Leben", schreibt "Die Welt". Vom ZDF hieß es: "Dort fand er seine Berufung als Kulturkorrespondent und Fernsehreporter."

In den folgenden Jahrzehnten wurde er Paris-Korrespondent zunächst für den RIAS, dann für WDR und ZDF. Später folgten zahlreiche Buchveröffentlichungen. Seit Mai 2023 war Troller Ehrenmitglied der Schriftsteller- und Autorenvereinigung PEN Berlin.

Er hat den Menschen tief in die Seele geschaut.

WDR-Intendantin Katrin Vernau würdigte seinen subjektiven Stil, mit dem er den Journalismus geprägt habe wie kein Zweiter. "Er hat den Menschen tief in die Seele geschaut und sich mit großem Einfühlungsvermögen in seine Protagonistinnen und Protagonisten hineinversetzt und das ganz ohne Sensationslust", sagte Vernau.

Laut ZDF führte Troller etwa 2.000 Interviews und drehte mehr als 170 Filme. Mit seinen Beiträgen für die ZDF-Sendereihe "Personenbeschreibung" habe er "mit psychologischen Porträts von Menschen unterschiedlichster Herkunft neue Maßstäbe im Fernsehen" gesetzt. Sein "unverkennbarer Stil" habe ihn zum Vorbild ganzer Journalistengenerationen werden lassen.

Meldung aus dem epd-Basisdienst

sro



Zuerst veröffentlicht 27.09.2025 18:30 Letzte Änderung: 29.09.2025 10:34

Schlagworte: Medien, Literatur, Personalien, NEU

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