Nennen der Nationalität: Presserat besorgt über bayerische Anweisung - epd medien

02.10.2025 10:19

Die bayerische Polizei soll die Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern bei der Pressearbeit nennen

Berlin/München (epd). Der Deutsche Presserat ist besorgt über die Anweisung des bayerischen Innenministeriums, wonach die Polizei seit dem 1. Oktober die Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern in ihrer Pressearbeit nennen soll. "Diese Änderung markiert einen deutlichen Kurswechsel gegenüber der bisherigen, am Pressekodex orientierten Praxis", teilte der Presserat am Donnerstag in Berlin mit.

Manfred Protze, Sprecher des Presserats, sagte: "Eine routinemäßige Nennung der Nationalität birgt die Gefahr, Vorurteile gegen ganze Gruppen wegen des vermuteten oder erwiesenen Fehlverhaltens Einzelner zu entwickeln." Der Presserat appellierte an die Verantwortung der Redaktionen: Diese müssten "weiterhin sorgfältig abwägen, ob es für die Nennung der Nationalität im konkreten Fall ein begründetes überwiegendes öffentliches Interesse gibt".

Öffentliches Informationsinteresse

In diesem Zusammenhang erinnerte der Presserat an die publizistischen Grundsätze des Pressekodex, insbesondere an Ziffer 12 und die zugehörige Richtlinie 12.1. Darin heißt es, dass die Zugehörigkeit zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten in der Regel nicht erwähnt werden soll, es sei denn, es bestehe ein begründetes öffentliches Interesse. Der Presserat ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien und von deren Online-Auftritten in Deutschland.

Auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bestätigte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums in München, dass in der Pressearbeit der bayerischen Polizei seit dem 1. Oktober die Nationalität der Tatverdächtigen und der Tatopfer "grundsätzlich aktiv" genannt werden soll. Hintergrund sei, dass in den vergangenen Jahren die Nationalität von Tatverdächtigen beziehungsweise Beschuldigten zunehmend in den öffentlichen Fokus gerückt sei.

"Um dem gesteigerten Fokus der Öffentlichkeit auf die Thematik und dem damit einhergehenden erhöhten Informationsbedürfnis in geeigneter Weise gerecht zu werden", werde künftig in der Abwägung eine stärkere Gewichtung des öffentlichen Informationsinteresses für notwendig gehalten. Eine Nennung der Nationalität unterbleibe jedoch insbesondere dann, wenn dies aus ermittlungstaktischen oder datenschutzrechtlichen Gründen erforderlich sei, um zum Beispiel eine Identifizierung der Person durch Dritte zu vermeiden.

ema



Zuerst veröffentlicht 02.10.2025 12:19 Letzte Änderung: 02.10.2025 13:35

Schlagworte: Medien, Presse, Polizei, Bundesländer, Bayern, ema, NEU

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