08.10.2025 08:10
Netflix-Serie "Alphamännchen"
epd Alle reden von toxischer Männlichkeit, doch was ist das überhaupt? Klar, es gibt die Steinzeittypen, die immer noch nicht kapiert haben, dass die Keule als Argument ausgedient hat, aber womöglich sind die Wölfe im Schafspelz viel schlimmer. Von ihnen handelt die Netflix-Serie "Alphamännchen". Die Drehbücher basieren auf der Ende 2022 bei Netflix gestarteten spanischen Serie "Machos Alfa", die mittlerweile drei Staffeln umfasst. Wie schon bei "Club der roten Bänder" haben Arne Nolting und Jan Martin Scharf (hier unterstützt von Tanja Bubbel und Fabienne Hurst) die Vorlagen klug und pointiert auf deutsche Verhältnisse übertragen.
Die vier Titelfiguren stehen zwar im Zentrum, aber die treibenden Kräfte der Handlung sind die Frauen an ihrer Seite. Es gibt daher acht Hauptrollen. Das Ensemble ist ein Traum: Tom Beck als Prototyp des Machos, Moritz Führmann als Softie, Serkan Kaya als Psychologe. Einzig David Rott fällt etwas aus dem Rahmen: Restaurantbesitzer Erik hat zwar eine Geliebte, beendet die Affäre jedoch, um seiner Partnerin einen Antrag zu machen. Kim, (Marleen Lohse), geschiedene Scheidungsanwältin, hat jedoch andere Pläne. Sie befürchtet nach fünf Beziehungsjahren eine gewisse Langeweile, schlägt eine offene Beziehung vor und überredet Erik zum Besuch eines Swinger-Clubs, wo er einen der peinlichsten Momente seines Daseins als Erwachsener erlebt.
Mit Überraschungen dieser Art erfreuen die Drehbücher immer wieder: Dauernd kommt es anders, als die Handlung erwarten ließe. Andi und Silke (Führmann, Franziska Machens) zum Beispiel führen eine solide, aber etwas in die Jahre gekommene Ehe, die ähnlich aufregend ist wie ihre Berufe: Er verteilt als Ordnungshüter Knöllchen, sie ist Fahrlehrerin. Silke will wieder "mehr Feuer im Bett" und verguckt sich in einen schmucken Fitness-Trainer - der bedröppelte Andi weiß nicht, wie ihm geschieht.
Auch der aufgeblasene Ulf (Beck), Leiter eines Verlags, der ein Fitness-Magazin für Männer herausgibt, muss sich an eine Rolle gewöhnen, die ihm völlig fremd ist: Sein Chef setzt ihm eine Frau vor die Nase, worauf er umgehend kündigt. Weil er bei seinem Abgang wenig Größe zeigt, was sich in der Branche herumspricht, findet er keinen neuen Job. Dafür wird seine Frau (Mona Pirzad) als "Momfluencerin" erfolgreich und zur Ernährerin der Familie. Nach dem Besuch eines Seminars zur Selbstdekonstruktion von Männlichkeit dreht Ulf den Spieß um und propagiert mit einem Macho-"Mannifest" das Comeback des Chauvinismus.
Die vier Kölner Freunde, alle Mitte vierzig, kennen sich seit der Schulzeit und treffen sich regelmäßig, aber über die wirklich wichtigen Dinge in ihrem Leben reden sie nicht miteinander. Das gilt auch für Cem (Kaya), der Ulf aus gutem Grund verschweigt, in wen er sich verliebt hat.
Cems Teenager-Tochter Alina (Valentina Leone) ist der Meinung, dass ihr Vater nach der Scheidung von Karla (Franziska Wulf) endlich wieder eine Beziehung haben sollte und richtet ihm ein Tinder-Profil ein. Dass gleich Cems erstes Date ein Volltreffer ist, war allerdings nicht vorgesehen; dass er sich dabei als Witwer ausgibt, bringt ihn später noch in die Bredouille. Außerdem ist Vanessa (Jaela Probst), die seine Vorliebe für uralte Computerspiele teilt, ausgerechnet Ulfs Erzfeindin, die ihm den Job weggeschnappt hat. Das kommt irgendwann ebenso ans Licht wie die anderen kleinen und großen Geheimnisse.
Wegen der vielen Hauptfiguren ist die Struktur recht episodisch, die Handlung hüpft von einer Figur zur nächsten, die Serie erfreut durch eine geradezu verschwenderische Vielzahl von Einfällen. Auch die Slapstick-Szenen sind toll gespielt und die Dialoge ein großes Vergnügen. Die junge Valentina Leone ist der heimliche Star der Serie und begeistert mit ihrer Natürlichkeit. Die Serie hat viele gute kleine und große Momente, Jasna Fritzi Bauer gibt als eines von Cems Dates ein Gastspiel. Gemessen an dem Füllhorn großartiger Einfälle ist das Ende der Staffel allerdings etwas kraftlos.
infobox: "Alphamännchen", achtteilige Serie, Regie: Jan Martin Scharf, Tobi Baumann, Buch: Arne Nolting, Jan Martin Scharf, Tanja Bubbel, Fabienne Hurst, Kamera: Felix Novo de Oliveira, Philipp Kirsamer, Produktion: Geißendörfer Pictures (Netflix, seit 2.10.25)
Zuerst veröffentlicht 08.10.2025 10:10
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), Streaming, KNetflix, Serie, Scharf, Baumann, Noltin, Bubbel, Hurst, Gangloff
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