Er war mehr als "Ekel Alfred" - epd medien

07.11.2025 08:20

Als "Ekel Alfred" ist er bis heute berühmt. Doch der Schauspieler Heinz Schubert beherrschte weit mehr als die Rolle des Haustyrannen und kleinkarierten Spießers. Seine Karriere begann unter der Regie von Bertolt Brecht. Am 12. November 1925, vor 100 Jahren, wurde der Schauspieler in Berlin geboren.

Vor 100 Jahren wurde der Schauspieler Heinz Schubert geboren

Heinz Schubert als Alfred Tetzlaff in "Ein Herz und eine Seele"

epd Die Rolle des "Ekels" Alfred Tetzlaff schien ihm auf den Leib geschrieben. Die WDR-Fernsehserie "Ein Herz und eine Seele" (1973-1976) von Wolfgang Menge wurde dank Heinz Schubert ein Riesenerfolg und Kult. Bis heute sind Folgen wie "Silvesterpunsch" immer wieder im TV zu sehen. In Kommentaren auf Youtube feiern Fans die 50 Jahre alte Sitcom mit "Alfred" als Inkarnation des deutschen Spießbürgers enthusiastisch: "Deutsches Kulturgut" heißt es da zum Beispiel, oder "Schauspielkunst vom Feinsten, bis heute unerreicht".

Warum erfreuten sich diese Filme damals so großer Beliebtheit, warum haben sie bis heute so viele Fans? "Ekel Alfred" war ein widerlicher Egoist mit rüpelhaftem Benehmen und stramm rechtskonservativ-antikommunistischem Weltbild, unbeherrscht, verlogen, rassistisch, sexistisch, opportunistisch, der seine Familie und alle anderen Mitmenschen schikaniert und auf alles nach seiner Ansicht "Undeutsche" schimpft - was machte, was macht nach wie vor die Anziehungskraft aus?

Wuchtige Figur

Die Fernsehwissenschaftlerin Klaudia Wick von der Deutschen Kinemathek sieht zwei Gründe: "Bei der Erstausstrahlung waren in die theatrale Inszenierung immer aktuelle Kommentare zum politischen Geschehen eingebunden, was seinerzeit noch ungewöhnlich war." Später seien diese kabarettistischen Einsprengsel für das Publikum nicht mehr kenntlich gewesen. "Es blieben die wuchtigen Figuren 'Ekel Alfred' und 'dusselige Kuh Else'". Die theatererfahrenen Mimen Heinz Schubert und Elisabeth Wiedemann, später Helga Feddersen, hätten diese "grandios verkörpert" : "Es stimmte das Timing, es gab den Mut zur Fratze und eine immense Lust an Klamauk."

Der Theaterschauspieler Heinz Schubert konnte in zahlreiche völlig verschiedene Rollen schlüpfen. Dass er gerade als Widerling auf dem Fernsehbildschirm unsterblich wurde, erklärt Klaudia Wick mit der Wucht des Fernsehens in jener Zeit: "Ekel Alfred", von "Bild" auf der Titelseite begleitet, sahen Millionen Menschen. Außerdem sei die Serie ständig wiederholt worden, auf allen Dritten Programmen und über Jahrzehnte.

Außerordentliche Wandlungsfähigkeit

Schuberts Bühnenkarriere begann unter der Regie eines Großen: 1950 nahm ihn Bertolt Brecht in sein Berliner Ensemble auf, wo der junge Schauspieler bis zum Bau der Mauer blieb. In der legendären Inszenierung von "Mutter Courage" mit Helene Weigel spielte er einen ihrer Söhne, den Schweizerkas.

Er blieb ein Theatermensch. 1961 ging er zu den Münchener Kammerspielen, 1968 ans Hamburger Schauspielhaus. Er verkörperte den Dr. Relling in Ibsens "Wildente", den alten Gauner Schigolch in Wedekinds "Lulu". An der Seite von Isabelle Huppert spielte er in Paris in Shakespeares "Maß für Maß" unter der Regie von Peter Zadek.

Zugleich gab es zahlreiche Abstecher zu Film und Fernsehen. 1964 war er in der US-amerikanischen Verfilmung von Kästners "Emil und die Detektive" Herr Grundeis, der Dieb, der am Ende von Kindern überführt wird. Er war "Der starke Ferdinand" in der Filmsatire von Alexander Kluge. In dem Fernsehvierteiler "Der große Bellheim" spielte Heinz Schubert zusammen mit Mario Adorf und Will Quadflieg. Er verkörperte den Hadschi Halef Omar in der Fernsehserie "Kara Ben Nemsi Effendi" nach Karl May, er spielte den Hitler und gleich drei weitere Rollen in Hans-Jürgen Syberbergs umstrittenem Film "Hitler, ein Film aus Deutschland" (1977): Heinz Schuberts Wandlungsfähigkeit war außerordentlich.

Und er ließ den Schauspielernachwuchs an seinem Können und seiner Erfahrung teilhaben: Ab 1980 lehrte er an der Hamburger Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Mit seiner Frau Ilse war er seit 1953 verheiratet, die beiden bekamen drei Kinder.

Inszenierung und Illusion

Schuberts Hobby war die Fotografie, und er praktizierte diese auf eine Weise, die mit Inszenierung und Illusion zu tun hat, also mit Theater: Schubert fotografierte Schaufensterpuppen. Über 17.000 Aufnahmen entstanden. Einige davon hat er in dem Bildband "Theater im Schaufenster" veröffentlicht, er war mit den Fotos 1977 auf der Documenta 6 vertreten. Die Kaufwünsche weckenden Figuren, oft nackt abgebildet, sind jung, schlank, glücklich - perfekt. Der Fotograf führt eine absurde, triviale Scheinwelt vor Augen, zeigt ihren synthetischen Charakter. Es ist die Inszenierung der Illusion selbst.

Für seine künstlerische Arbeit als Schauspieler wurde Schubert mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Goldenen Kamera. Zusammen mit weiteren erhielt er für "Der große Bellheim" den Grimme-Preis in Gold. Heinz Schubert starb am 12. Februar 1999 in Hamburg.



Zuerst veröffentlicht 07.11.2025 09:20

Andreas Duderstedt

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Theater, Schauspieler, Schubert, Duderstedt

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