10.11.2025 14:40
London (epd). Nach anhaltender Kritik an einer Dokumentation über US-Präsident Donald Trump haben sowohl BBC-Generaldirektor Tim Davie als auch die Geschäftsführerin von BBC News, Deborah Turness, ihren Rücktritt erklärt. "Insgesamt leistet die BBC gute Arbeit, aber es wurden einige Fehler gemacht, und als Generaldirektor muss ich die letztendliche Verantwortung dafür übernehmen", erklärte Davie am Sonntagabend in London. Er betonte, dass der Rückzug seine eigene Entscheidung gewesen sei. BBC-Vorstandsvorsitzender Samir Shah legte dem Parlamentsausschuss für Kultur, Medien und Sport am Montag eine schriftliche Erklärung vor.
Der "Telegraph" hatte am 3. November einen Exklusivbericht veröffentlicht, in dem er aus einem vertraulichen Memo eines externen Beraters des BBC-Ausschusses für Redaktionsstandards zitierte. Demnach sollen in der einstündigen Dokumentation im Nachrichten-Magazinformat "Panorama" Teile von Trumps Rede vom 6. Januar 2021 in Washington so zusammengeschnitten worden sein, dass es den Anschein hatte, als würde er ausdrücklich zu den Ausschreitungen im Kapitol aufrufen.
Die BBC möchte sich für diese Fehleinschätzung entschuldigen.
In seiner Erklärung an den Parlamentsausschuss, der für die Überprüfung der Arbeit des Kultur- und Medienministeriums und der damit verbundenen öffentlichen Einrichtungen - darunter auch die BBC - zuständig ist, entschuldigte sich BBC-Vorstandsvorsitzender Shah. Der Sender akzeptiere, dass die Art und Weise, wie die Rede bearbeitet wurde, den Eindruck eines direkten Aufrufs zu gewalttätigen Aktionen erweckt habe, schrieb er und ergänzte: "Die BBC möchte sich für diese Fehleinschätzung entschuldigen." Shah betonte zugleich, die BBC habe in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens eingeleitet.
BBC-News-Chefin Turness erklärte zu ihrem Rücktritt: "Die anhaltende Kontroverse um die 'Panorama'-Sendung über Präsident Trump hat ein Stadium erreicht, in dem sie der BBC - einer Institution, die ich liebe - Schaden zufügt." Als CEO von BBC News trage sie die Verantwortung und habe sich daher entschlossen, dem Generaldirektor ihren Rücktritt anzubieten.
In einer ersten Reaktion auf die Rücktritte hatte der Vorstandsvorsitzende Shah am Sonntagabend von einem "traurigen Tag für die BBC" gesprochen. Davie habe während der gesamten Zeit seine volle Unterstützung und die des Vorstands gehabt, man respektiere jedoch dessen Entscheidung und die Gründe dafür. "Mit Entschlossenheit, Zielstrebigkeit und Weitsicht" habe Davie, der insgesamt 20 Jahre für die BBC tätig war, die Rundfunkanstalt in den vergangenen fünf Jahren als Generaldirektor vorangebracht.
Shah dankte auch Turness für ihre Arbeit. Sie habe "in schwierigen Situationen mit Integrität gehandelt" und hinterlasse ein starkes Vermächtnis.
Nach Darstellung der BBC, die in eigener Sache über die Vorwürfe berichtete, hatte Trump in seiner Rede gesagt: "Wir werden zum Kapitol gehen und unsere tapferen Senatoren und Kongressabgeordneten anfeuern." In der BBC-Dokumentation sei er jedoch mit den Worten gezeigt worden: "Wir werden zum Kapitol gehen (...) und ich werde mit euch dort sein. Und wir kämpfen. Wir kämpfen wie die Hölle." Die beiden Teile der Rede, die zusammengeschnitten worden seien, hätten mehr als 50 Minuten auseinander gelegen. Die Bemerkung "kämpfen wie die Hölle" stamme aus einem Abschnitt, in dem Trump darüber sprach, wie "korrupt" die US-Wahlen seien.
Trump begrüßte auf seiner Plattform "Truth Social" die Rücktritte von Davie und Turness mit den Worten: "Die Spitzenleute der BBC, darunter TIM DAVIE, der Chef, kündigen alle oder werden gefeuert, weil sie dabei erwischt wurden, meine sehr gute (PERFEKTE!) Rede vom 6. Januar zu 'manipulieren'." Die sozialdemokratische britische Kulturministerin Lisa Nandy sagte, die Führung der BBC behandle die Vorwürfe der "systematischen Voreingenommenheit" mit "der gebotenen Ernsthaftigkeit".
Auch wegen anderer Themen hatte die BBC in den vergangenen Wochen kritische Debatten ausgelöst. So wurde dem arabischen Nachrichtendienst der Rundfunkanstalt anti-israelische Voreingenommenheit in der Berichterstattung über den Gaza-Krieg vorgehalten. Auch hinsichtlich der Berichterstattung der BBC über Transgender-Themen gab es Kritik.
Davie teilte mit, die aktuelle Debatte um BBC News sei nicht der einzige Grund für seinen eigenen Rücktritt, habe aber zu seiner Entscheidung beigetragen. Er arbeite derzeit mit dem Vorstand an den genauen Zeitplänen, um in den kommenden Monaten eine reibungslose Nachfolge zu ermöglichen. "Dieser Zeitpunkt ermöglicht es einem neuen Generaldirektor, die nächste Charta mitzugestalten", so der scheidende BBC-Generaldirektor. Die nächste Erneuerung der sogenannten Royal Charter, die zusammen mit dem Framework Agreement die verfassungsrechtliche Grundlage für die BBC bildet, steht 2027 an.
Die Geschäftsführerin der Medienaufsichtsbehörde Ofcom, Melanie Dawes, erklärte am Montag auf der Plattform X, die BBC sei "ein starker und geschätzter Teil" der Medienlandschaft. Der BBC-Vorstand müsse darüber nachdenken, "wie er sicherstellen kann, dass die BBC weiterhin für das britische Publikum da ist".
nbl
Zuerst veröffentlicht 10.11.2025 12:13 Letzte Änderung: 10.11.2025 15:40
Schlagworte: Medien, Großbritannien, Rundfunk, Personalien, NEU
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