Medienwissenschaftler Andree warnt vor digitalen Monopolen - epd medien

21.11.2025 09:42

Der Kölner Medienwissenschaftler Martin Andree hat sich für eine entschlossene Regulierung von Plattformen wie Google oder Facebook im Internet ausgesprochen. Die von Kulturstaatsminister Weimer angekündigte Digitalabgabe sieht er jedoch eher skeptisch.

Medienhäuser klagen, dass ihnen durch die automatisch von Google mithilfe von Künstlicher Intelligenz generierte Übersicht Klicks verloren gehen

Berlin (epd). Der Kölner Medienwissenschaftler Martin Andree hat vor einer "Digitalokratie" durch die großen Plattformen gewarnt. Die demokratische Öffentlichkeit sei in größter Gefahr, abgeschafft zu werden, sagte Andree am Donnerstagabend bei den "Jenaer Medienrechtlichen Gesprächen" in Berlin. "Diese Monopole beherrschen die digitale Welt", sagte der Wissenschaftler mit Blick auf Plattformen wie Google oder Facebook. Sie würden Gesetze übertreten, sich selbst bevorzugen und die Kommunikation im Internet monopolisieren.

Rassismus, Volksverhetzung und Verleumdung seien auf diesen Plattformen gang und gäbe, sagte Andree. Dies könnte in Deutschland nur durch eine entschlossene Regulierung der Tech-Giganten verhindert werden. Deren Haftungsprivileg müsse ebenso beseitigt werden wie Straftaten- und Monopolprivileg.

Wettbewerb der Inhalteanbieter

Sabine Frank, Head of Governmental Affairs and Public Policy bei Google Germany, widersprach Andree: Google werde in Europa von 270 Aufsichtsbehörden sehr genau kontrolliert, sagte sie. Es gebe eine Vielzahl von Regularien, eng werde mit den Behörden in Deutschland und der Europäischen Union kooperiert. "Gegen Desformation und Hass geht Google entschlossen vor, aus der großen Reichweite folgern wir eine große Verantwortung", sagte Frank.

Die Google-Vertreterin wies darauf hin, dass die engmaschige Regulierung von Google keinen deutschen oder europäischen Champion hervorgebracht habe, trotzdem gebe es "einen Wettbewerb der Inhalte-Anbieter, die Nutzer haben die Möglichkeit zu entscheiden, wohin sie gehen". Frank widersprach der Behauptung, dass Google durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) den Printverlagen und dem Journalismus den Sauerstoff entzöge. "Die Plattform hat 30 Milliarden Visits generiert, was einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro ausgelöst hat", sagte sie. Ihr zufolge haben die mithilfe von KI erstellten Zusammenfassungen von Google bisher keine signifikanten Auswirkungen auf den Suchmaschinen-Traffic von Medienangeboten.

Eine Digitalabgabe schafft keine Monopole ab.

Dem widersprach Medienwissenschaftler Andree. Er verwies auf Studien, laut denen die Publisher durch die Verwendung von KI bei den Plattformen 30 bis 50 Prozent an Traffic verlieren würden. Diesen Zahlen widersprach wiederum Sabine Frank. Auf die von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer angekündigte Digitalabgabe von zehn Prozent für die Tech-Konzerne angesprochen, sagte Frank: "Deutschland tut sich damit keinen Gefallen." Auch Martin Andree äußerte sich skeptisch: "Eine Digitalabgabe schafft keine Monopole ab."

Alexander Natt, Abteilungsleiter Medien in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, sagte, die Medienpolitik setze generell und nicht nur bei den Plattformen auf "kommunikative Souveränität" des Einzelnen und der Gesellschaft. Er hob die Notwendigkeit hervor, die Wettbewerbsregeln für die privatwirtschaftlichen Medien in Deutschland zu lockern, damit der "Bedarf an tiefergehender Information" auch hier weiter gesichert sei. Die Medienpolitiker hätten die ökonomisch schwierige Lage der Printmedien wie der elektronischen Medien erkannt. Mit Blick auf die Zukunft sagte er: "Wir müssen weg vom Entweder-Oder und hin zum Sowohl-Als-Auch."

Gesellschaftliche Debatten

Eva Flecken, Direktorin der MABB und Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), stellte fest: "Medienpolitik und Medienregulierung sind in der Mitte gesellschaftlicher Debatten angelangt." Es gebe mittlerweile ein Ineinandergreifen von Zuständigkeiten und Aufsichtsmaßnahmen, auch wenn Kompetenzstreitigkeiten längst nicht aus der Welt seien. Sie räumte ein, dass die "alten Medien und die sozialen Medien ungleich reguliert werden". Bei den Medienunternehmen müssten die Regelungen gelockert werden.

Die "Jenaer Medienrechtlichen Gespräche" werden seit 2015 von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Thüringer Landesmedienanstalt veranstaltet. Diesmal fand das Gespräch in der Thüringer Landesvertretung in Berlin statt.

jhu



Zuerst veröffentlicht 21.11.2025 10:42

Schlagworte: Medien, Medienpolitik, Regulierung, Internet, Plattformen, Andree, Frank, Google, jhu

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