03.12.2025 11:19
Karlsruhe (epd). Die Presse muss bei einem Verdacht "allgemeinschädlicher Wirtschaftsstraftaten" in einem Unternehmen über die leitenden, verantwortlichen Personen in identifizierender Weise berichten können. Es verstoße gegen die Pressefreiheit, wenn das Presseunternehmen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung "eine über den Anfangsverdacht hinausgehende Verurteilungswahrscheinlichkeit" belegen müsse, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 573/25) Damit war die Verfassungsbeschwerde des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zur Verdachtsberichterstattung im "Wirecard-Skandal" erfolgreich.
"Der Spiegel" hatte am 20./21. November 2020 und 5./6. Februar 2021 online sowie in seiner Printausgabe über den mittlerweile insolventen Finanz- und Zahlungsdienstleister und dem Vorwurf von Marktmanipulationen berichtet. In der Berichterstattung ging es auch um den Kläger, den früheren Geschäftsführer einer Wirecard-Tochtergesellschaft, der bei seinem Wechsel in ein Startup einen Kredit von Wirecard in Höhe von 115 Millionen Euro erhalten hatte. Der Kläger sah in der unverpixelten Bildberichterstattung und seiner namentlichen Nennung sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Oberlandesgericht (OLG) München gab ihm recht.
Doch damit wurde die Pressefreiheit des Nachrichtenmagazins verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht. Beim Verdacht "allgemeinschädlicher Wirtschaftsstraftaten" stünden verantwortliche Führungskräfte eines Unternehmens angesichts des "besonderen öffentlichen Informationsinteresses" besonders im Blickfeld. "Der Spiegel" habe deswegen identifizierend berichten dürfen. Das OLG muss nun neu über den Rechtsstreit entscheiden.
Meldung aus dem epd-Basisdienst
fle/koe
Zuerst veröffentlicht 03.12.2025 12:19 Letzte Änderung: 03.12.2025 13:35
Schlagworte: Bundesgerichte, Medien, Pressefreiheit, NEU
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