13.12.2025 05:45
Frankfurt a.M. (epd). Rund ein Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes gibt es in Syrien laut der Journalistin Souzan Nassri eine größere Offenheit für Debatten. Die Menschen in der Hauptstadt Damaskus seien "offen dafür, über Politik zu sprechen", sagte Nassri dem epd. Das kenne sie so nicht aus Syrien. Nach "Jahren des Schweigens" gebe es weniger Angst davor, die eigene Meinung zu äußern.
Die schwierige wirtschaftliche Lage sei in Damaskus jedoch deutlich zu spüren, sagte Nassri, die in der syrischen Hauptstadt Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten aus- und weiterbildet. "Es gibt kaum Arbeit, die Leute verdienen sehr wenig und haben sehr hohe Ausgaben." Auch die Versorgung mit Wasser und Strom sei schlecht.
Nassri ist in Syrien geboren und hat dort die Anfänge des Bürgerkriegs im Jahr 2011 erlebt. Vor zehn Jahren kam die heute 30-Jährige nach Deutschland. Sie arbeitet für die Nachrichtenplattform "Amal", die aus Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg auf Arabisch, Ukrainisch und Farsi/Dari berichtet. Seit dem Sommer begleitet Nassri gemeinsam mit einem Kollegen von "Amal" in Damaskus 16 junge angehende Journalistinnen und Journalisten.
"Wir möchten zeigen, was sich nach dem Sturz von Assad geändert hat: für die einzelnen Menschen und auch, was den Wiederaufbau des komplett zerstörten Landes angeht", sagte Nassri. Die neue syrische Regierung unterstütze das Projekt. "Sie haben uns ehemalige Regierungsgebäude zur Verfügung gestellt und diese auch zum Teil schon renoviert."
Unter den Auszubildenden seien trotz der vielfältigen Herkunft enge Freundschaften entstanden, sagte Nassri. "Es sind Sunniten, Alawiten, Drusen, Kurden in der Gruppe. Man könnte ja denken, sie müssten sich eigentlich alle hassen", sagte die syrische Journalistin. "Es macht mir Hoffnung, zu sehen, dass eine so diverse Gruppe friedlich miteinander diskutieren kann."
In Syrien hatte im Dezember 2024 eine Rebellenkoalition unter Führung der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad in Syrien gestürzt. Damit endete ein fast 14 Jahre andauernder Bürgerkrieg. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa wurde zum Interimspräsidenten ernannt. Allerdings kommt es in manchen Landesteilen immer wieder zu Gewalttaten.
Die Nachrichtenplattform "Amal" wurde 2016 in Berlin gegründet. In den Redaktionen arbeiten Exil-Journalistinnen und Journalisten. Seit Januar 2025 ist "Amal" eine gemeinnützige GmbH, Gesellschafter ist das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), das auch die Zentralredaktion des epd trägt.
jkm
Zuerst veröffentlicht 13.12.2025 06:45
Schlagworte: Syrien, Konflikte, Medien, INT
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