Urteil: Presse darf Namen der Verkäufer von Schabowski-Zettel wissen - epd medien

16.12.2025 18:24

Im Rechtsstreit um den sogenannten Schabowski-Zettel hat das Oberverwaltungsgericht NRW einem klagenden Journalisten Recht gegeben: Die Stiftung Haus der Geschichte muss ihm die Namen der beiden Verkäufer nennen.

Münster, Bonn (epd). Die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland muss einem Journalisten Auskunft über die Namen des Erst- und Zweitverkäufers des sogenannten Schabowski-Zettels geben. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes NRW am Dienstag entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt. Die Berufung der Stiftung blieb ohne Erfolg. (AZ.: 15 A 750/22) Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Kläger ist nach Angaben des OVG Chefreporter einer überregionalen Tageszeitung und recherchiert zum Erwerb des Schabowski-Zettels. Dabei handelt es sich um den Sprechzettel, von dem das damalige SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski auf der Pressekonferenz vom 9. November 1989 eine neue Regelung für die Reisen von DDR-Bürgern ins westliche Ausland ablas, die seiner Kenntnis nach "sofort, unverzüglich" in Kraft treten solle.

Stiftung erwarb den Zettel für 25.000 Euro

Diese Aussage führte wenige Stunden später zur ungeplanten Öffnung der Berliner Mauer und letztlich zum Ende der DDR. Die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erwarb den Schabowski-Zettel für 25.000 Euro und übernahm ihn im Jahr 2015 in ihre Sammlung.

Die Stiftung, die die Namen des Erstverkäufers und des ihr gegenüber aufgetretenen Zweitverkäufers kennt, lehnte deren Nennung dem Journalisten gegenüber ab. Der Auskunftserteilung stehe das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Zweitverkäufers entgegen. Diesem sei mündlich zugesagt worden, dass er anonym bleiben könne, erklärten die Vertreter der Stiftung. Die Stiftung müsse potenziellen Verkäufern von Ausstellungsstücken grundsätzlich Anonymität zusichern. Ansonsten könne man mit privaten Sammlungen und Museen um den Erwerb von Ausstellungsstücken nicht mehr konkurrieren.

OVG sieht keine Gründe für Verweigerung der Auskunft

In der Urteilsbegründung erklärte der 15. Senat des OVG, dass der Kläger als Journalist auf der Grundlage des "verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse" Anspruch auf die gewünschten Auskünfte habe. Das Informationsinteresse der Presse überwiege die Vertraulichkeitsinteressen des Zweitverkäufers und der beklagten Stiftung, hieß es. Der Nennung der Namen stünden auch "keine vorrangig schutzwürdigen öffentlichen Interessen" entgegen.

Das Oberverwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Meldung aus dem epd-Basisdienst

lwd



Zuerst veröffentlicht 16.12.2025 19:24

Schlagworte: Justiz, Medien, Geschichte

zur Startseite von epd medien