Nach fast 100 Jahren: Aus für "Bremer Kirchenzeitung" - epd medien

17.12.2025 09:41

Streitbar, politisch, evangelisch: Die "Bremer Kirchenzeitung" positionierte sich insbesondere seit ihrer Neugründung 1946 zu Themen wie Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Nun wird sie eingestellt. Was folgt: unklar.

Letzte Titelseite der "Bremer Kirchenzeitung"

Bremen (epd). Sie ist seit fast 100 Jahren mit kurzen Unterbrechungen und teils auch unter anderem Namen die mediale Stimme der Bremischen Evangelischen Kirche: Das Parlament der Kirche fasste am 27. Februar 1928 den Beschluss zum Einstieg in die gedruckte Publizistik, im Oktober des Jahres erschien erstmals die "Bremer Kirchenzeitung" in einer Auflage von 62.000 Exemplaren. Jetzt ist Schluss. Am Samstag wird mit der Weihnachtsausgabe die letzte "bkz" ausgeliefert, wie sie auch kurz genannt wird. Damit geht eine Ära zu Ende.

Die "Bremer Kirchenzeitung" sollte in den Anfängen kein "Erbauungsblatt" sein. Der Titel orientiere "über evangelisches Können, Wollen und Leben in der Gesamtkirche Bremens, Deutschlands und der Welt", hieß es im ersten Vorwort der Herausgeber. Später okkupierten die Nationalsozialisten das Blatt, das zu dieser Zeit eine Auflage von mehr als 90.000 Exemplaren hatte. 1941 wurde der Druck eingestellt.

Neuanfang im Jahr 1946

Zu Ostern 1946 erschien mit einer Lizenz der amerikanischen Militärregierung eine erste Nachkriegsnummer, zunächst unter dem Titel "Einkehr", ab 1969 wieder als "Bremer Kirchenzeitung". Der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung wurde zur Leitlinie der Redaktion, die oft aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen aufgriff.

So beschäftigte sich das Blatt schon früh mit der Kritik an der Atomkraft, wendete sich gegen homophobe Angriffe und schrieb gegen die Apartheid. Konservativ-evangelikale Stimmen forderte das heraus. Sie prangerten an, die Kirchenzeitung sei unbiblisch und blasphemisch, wirke zerstörerisch, stelle Grundlagen des christlichen Glaubens infrage und sei ein "Sprachrohr der Irreführung". Ein Standpunkt, der den innerkirchlichen Streit spiegelte, ob sich die Kirche zu politischen Fragen äußern sollte oder nicht. Ein Streit, der bis heute andauert.

2005 wurde das Blatt nach Diskussionen in einer Arbeitsgruppe des Kirchenparlaments grundlegend überarbeitet. Fortan erschien vierteljährlich ein Magazin, das dem "Weser-Kurier" als führender Bremer Tageszeitung beigelegt wurde. Die erste Auflage im März 2005 erreichte 153.000 Exemplare. Wesentliche Elemente: Glaube, Soziales, Beratung und Service.

Prominente Stimmen

Zum neuen Magazin-Konzept hieß es damals, die "bkz" beschäftige sich mit Themen, die die Menschen bewegten, und wolle deutlich machen, was die Kirche zu bieten habe. Überdies gab es in fast jeder Ausgabe prominente Stimmen, die sich zu ethischen und gesellschaftspolitischen Themen genauso wie zu Glauben und Religion äußerten. Unter ihnen waren beispielsweise Bahnrad-Olympiasportlerin Kristina Vogel, Kabarettistin Maren Kroymann, Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke und Rockmusiker Udo Lindenberg.

Ein wichtiges Argument für die Umstellung auf ein Magazin war auch die bundesweite Krise der gedruckten konfessionellen Presse mit sinkenden Auflagen und steigendem Zuschussbedarf. Die Stammklientel wurde und wird seit vielen Jahren älter und kleiner, jüngere Leserinnen und Leser lassen sich kaum oder gar nicht gewinnen. So erreicht die benachbarte "Evangelische Zeitung" in Niedersachsen derzeit eigenen Angaben zufolge eine Druckauflage von rund 3.650 Zeitungen, Mitte der 90er Jahre waren es noch rund 60.000 Exemplare gewesen.

Trotzdem: Gaby Schuylenburg, erfahrene Publizistin und Vorsitzende der Bremer Landespressekonferenz, bedauert das Ende der Bremer Publikation. "Ich habe sie gern gelesen und manchen Denkanstoß mitgenommen", sagt sie auf epd-Anfrage und fügt hinzu: "Vor allem finde ich es ungeschickt, dass die Kirche nun endgültig auf die Chance verzichtet, auch Nicht-Kirchenmitglieder zu erreichen und sich aktiv am gesellschaftlichen Diskurs zu beteiligen."

"Müssen digitaler werden"

Jetzt also die letzte Ausgabe in einer Auflage von etwa 60.000 Exemplaren. Die Redaktion verabschiedet sich auf der Titelseite mit einem Dank an Leserinnen und Leser und "an alle, die unsere Arbeit mit Ideen, Inspirationen und Wertschätzung begleitet haben".

Ob und wie es weitergehen soll - unklar. Nur so viel: "Wir müssen digitaler werden", betonte die stellvertretende Leiterin der Bremer Kirchenverwaltung, Jutta Schmidt, im November vor der Synode. Eine Arbeitsgruppe sei eingesetzt. Die Öffentlichkeitsarbeit solle unter Beteiligung externer Berater neu aufgestellt werden, erklärt sie auf epd-Nachfrage: "Derzeit wird ein Projektplan aufgestellt."



Zuerst veröffentlicht 17.12.2025 10:41

Dieter Sell

Schlagworte: Kirchen, Medien, KORR

zur Startseite von epd medien