19.12.2025 09:15
"Jagd auf Fantomas" als ARD-Hörspiel-Adventskalender
epd "Mir gehört die Welt und eure Gedanken." - "Mir gehört die Welt und euer Geschmack." - "Mir gehört die Welt und jetzt bin ich auch ihr größter Schrotthändler." Hohoho! Fantomas geht wieder um und hinterlässt nach jedem seiner hinterlistigen Diebstähle eine Visitenkarte mit einem markigen Spruch.
Nichts, aber auch gar nichts ist dem "Genie des Verbrechens" - Frack, Zylinder, schwarze Augenbinde, fiese Lache - heilig. Zunächst stiehlt er den Franzosen das Originalrezept für Croissants. Dann stibitzt er ihnen das Lächeln der Mona Lisa. Schließlich lässt er den Eiffelturm verschwinden. Immer größenwahnsinniger werden seine Diebeszüge, die sich längst über ganz Europa erstrecken. Der Raub sämtlicher Nationalheiligtümer soll Zwietracht zwischen den Menschen säen und die Welt ins Chaos stürzen. Ein perfider Plan, und das ausgerechnet vor Weihnachten.
Wird er Erfolg haben oder kann die "Gurkentruppe" dem Erzschurken, der wie kein zweiter die Kunst der Verwandlung beherrscht, das Handwerk legen? Die drei Hobbydetektive vom Niederrhein, Albrecht Friedrichsberg, Jupp Straaten und Willy Dahl, stolpern eher zufällig in den spektakulären Kriminalfall Fantomas. Eigentlich wollen sich die Drei eines Morgens nur ein paar buttrige Croissants kaufen, finden sich stattdessen jedoch in einer absurden Schnitzeljagd wieder, die sie in 24 bis zu zehn Minuten langen Folgen über die Niederlande und Belgien, Frankreich und Spanien schließlich bis nach Grönland führt. Wilde Verfolgungsjagden zu Lande, zu Wasser und in der Luft inbegriffen.
Mit "Liebe Freunde" wendet sich der Erzähler gleich zu Beginn der zweiten Folge des kurzweiligen Hörspiel-Adventskalenders (vom 1. bis 24. Dezember täglich eine Episode in der ARD-Audiothek) vertraulich an die Hörer. Schließlich kennt und schätzt man sich. "Jagd auf Fantomas" gehört zum Universum der seit Jahren sehr erfolgreichen Hörspiel-Reihe "Tod unter Gurken". Für die Krimigrotesken, die konsequent dem Gesetz des höheren Blödsinns folgen, zeichnen der Kabarettist und Autor Kai Magnus Sting und der Theater- und Hörspielregisseur Leonhard Koppelmann verantwortlich. Mit "Jagd auf Fantomas" verneigen sich die beiden vor Louis de Funès, der mit seiner "Fantomas"-Trilogie in den 1960er Jahren die ursprünglich düsteren Romane um den gewissenlosen Verbrecher Fantômas in den Slapstick überführte und damit Film- und Fernsehgeschichte schrieb.
Das Duo Sting/Koppelmann steht dem französischen Komiker in puncto Klamotte in nichts nach. Wortspiel reiht sich an Wortspiel, Blödelei an Blödelei, bis die stetig turbulenter werdende Handlung endgültig im Chaos versinkt. Das ist mal zum Schreien komisch und mal so doof, dass man sich an den Kopf langt. Allerdings wird "Jagd auf Fantomas" im letzten Drittel Opfer seiner eigenen Gag-Dichte. Vieles wirkt auf einmal redundant. Seien es die jeweils mit übertriebenem Akzent sprechenden Kommissare aus Frankreich, Spanien, Belgien oder die wie aus der Kanone geschossenen Sticheleien zwischen den drei Hobbyermittlern.
Dem famosen Sprecher-Ensemble um Christoph Maria Herbst, Bastian Pastewka, Annette Frier und Kai Magnus Sting zuzuhören, ist freilich ein Genuss erster Güte. Christoph Maria Herbst glänzt als oberlehrerhaft klugscheißernder Friedrichsberg, Bastian Pastewka als lakonischer Straaten, Kai Magnus Sting als verfressener Willy und Annette Frier als geheimnisvolle Frau mit grüner, roter, blauer Baskenmütze. Alle vier sind aber dank der Wandlungsfähigkeit ihrer Stimmen auch in zahllosen anderen Rollen zu hören - von der belgischen Kellnerin bis zum rotzigen Journalisten, vom überforderten Commissaire Juve bis zum durch alle Höhen und Tiefen der Handlung führenden Erzähler.
Bastian Pastewka spricht Juve, die Paraderolle von Louis de Funès, als patenten Trottel, während Autor Kai Magnus Sting in seiner Funktion als Erzähler der Groteske etwas Spitzbübisches mit auf den Weg gibt: "Bei uns wird Ihnen nichts erspart." Stimmt! Genauso stimmt aber auch die Aussage von Friedrichsberg nach dem Finale furioso: "Ich glaube, die Menschen können etwas Aufmunterung in diesen Zeiten gut gebrauchen."
infobox: "Jagd auf Fantomas", 24-teilige Hörspiel-Serie, Regie: Leonhard Koppelmann, Buch: Kai Magnus Sting, Leonhard Koppelmann (ARD-Audiothek/HR seit 1.12.25 täglich eine neue Kurzfolge, HR2-Kultur, 7.12, 21.12., 25.12. und 26.12.25, jeweils 14.04-15.30 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 19.12.2025 10:15 Letzte Änderung: 19.12.2025 10:34
Schlagworte: Medien, Radio, Kritik, Kritik.(Radio), KHR, Hörspiel, Sting, Koppelmann, Welle, NEU
zur Startseite von epd medien