23.12.2025 11:00
Der Landkrimi "Bis in die Seele ist mir kalt" in der ZDF-Mediathek
epd Einsam ruht der See. Das trübe Gewässer ist nebelverhangen, die Ufer novembrig-matschig, die Gräser träumen höchstens noch vom Wiegen im sommerlichen Wind. Wer hier wohnt, ist gestrandet oder hat es nicht geschafft wegzukommen. Die hoffnungslose Landschaft spiegelt in diesem Landkrimi die Seelenzustände und Tragödien der Menschen, die hier leben. Wer in "Bis in die Seele ist mir kalt" ländliche Erbauung sucht, wird enttäuscht. Regisseur Daniel Prochaska und sein Kameramann André Meyerhofer inszenieren diese Landschaft beeindruckend genau: stimmungsvoll, aber nicht romantisierend, nicht Aufmerksamkeit heischend, eher beiläufig.
Selten sind als Tragödie angelegte Krimis aus einem Guss. Konzessionen werden gemacht bei der Figurengestaltung, den Beziehungen von Haupt- und Nebenrollen, um sie für Zuschauer leichter verdaulich zu machen. Hier ist die Deprimierung Programm. Seltsam und etwas rätselhaft ist, dass man am Ende des Films doch den Eindruck hat, dass nicht alles verloren ist für die Wiederbelebung der Gemeinschaft, die es hier am See früher vielleicht einmal gegeben hat.
Rund um den grauen Ossiacher See sind in den letzten Monaten sieben alte Menschen tot aufgefunden worden. Zwei Todesfälle scheinen verdächtig, erläutert die Ortspolizistin Martina Schober (Jutta Fastian). Eine Frau, eine Wasserleiche, blieb unidentifiziert. Eine Seniorin wurde tot auf einer Parkbank gefunden, gegen die Gewohnheit hatte die Diabetikerin eine Dose zuckerhaltigen Energydrinks dabei. Während der Vorgesetzte Christian Rauchenberger (Clemens Berndorff) unablässig mit Verzehr beschäftigt zuhört, schildert Schober der aus Klagenfurt angereisten Chefinspektorin Ilse Acham (Drehbuchautorin Pia Hierzegger) die Fälle. Alle Toten waren alt und einsam. Regelmäßige Gesellschaft brachte bestenfalls der Postbote (Patrick Isopp), der auch die letzte Verstorbene gefunden hat.
Aber einsam sind hier nicht nur die Alten in ihren heruntergekommenen Bauernhäusern, durch deren Ritzen der Wind pfeift, einsam ist auch Polizistin Schober, der Immobilienmakler Leo Fuhrmann (Fritz Karl) in seinem an eine Festung erinnernden Showhome für künftige Luxusresidenzen am See. Einsam wirken der Minigolfplatzbesitzer, dem die Kundschaft fehlt, die Bootsverleiherin Jenny (Sophie Aujesky) mit ihrem dümpelndem Gefährt, der kleinkriminelle Arbeitslose Mario (Kevin Brand), der bei Mutti wohnt.
Die vitalste Figur scheint noch die knorrige Seniorin Frau Gritznigg zu sein. Linde Prelog spielt sie herrlich verschroben und resolut, sie wurde dafür mit dem Sonderpreis Beste Darstellung beim Deutschen Fernsehkrimifestival 2024 ausgezeichnet. Der Film selbst erhielt den Hauptpreis des Festivals.
"Bis in die Seele ist mir kalt" schließt an den zweiten Kärntner Landkrimi-Fall "Waidmannsdank" an. Eine Fortsetzung ist mit "Die Kuh, die weint" bereits gedreht. Ob sich die Vereinzelungsverhältnisse noch drehen am Ossiacher See? Ein neuer Arzt ist bereits da. Von Dr. Jassim (Faris Endris Rahoma) will sich allerdings nicht jeder behandeln lassen. Rassismus ist schwerer zu kurieren als andere schlechte Angewohnheiten.
Die andere Neue, Ute Patterer (Alicia von Rittberg), lobt jeder als gute Seele. Im Dorf, wo es kein Geschäft mehr gab, keinen Bäcker, keinen Metzger, hat sie einen Bioladen eröffnet und versorgt auch die Alten rund um den See. Unterstützt selbstlos, wo sie kann. Dabei hat sie selbst Sorgen, denn ihr Sohn leidet unter schwerer Atemwegserkrankung und ihr Mann Gregor (Stefan Gorski) sitzt nach einem Sturz von der Leiter im Rollstuhl.
Nach und nach enthüllen sich die Verhältnisse, fügen sich Indizien und Befragungen zum Bild einer Gemeinschaft, die längst keine mehr ist. Bedürftige werden vernachlässigt, alle schauen weg. In "Bis in die Seele ist mir kalt" wird keine einzige Person oder Figur - seien es Neben- oder Hauptrollen - übersehen. Vom Postboten bis zur Polizistin: Alle zeigen Individualität, persönliche Eigenarten und ihre Lebensumstände. Das fein gezeichnete Buch verbindet auch fernliegende Charaktere durch Motive und Interessen.
infobox: "Bis in die Seele ist mir kalt", Landkrimi, Regie: Daniel Geronimo Prochaska, Buch: Pia Hierzegger, Kamera: André Meyerhofer, Produktion: Mona Film, Tivoli Film (ZDF-Mediathek/ORF seit 20.12.25, ZDF 27.12.25, 21.45-23.15 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 23.12.2025 12:00
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Fernsehfilm, Landkrimi, Prochaska, Hierzegger, Hupertz
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