EU einigt sich auf Medienfreiheitsgesetz - epd medien

15.12.2023 16:00

Hauptgebäude der EU-Kommission in Brüssel

Brüssel (epd). Europaparlament, Mitgliedstaaten und EU-Kommission haben sich nach langen Verhandlungen auf das geplante Medienfreiheitsgesetz der Europäischen Union geeinigt. "Wir wollen dieses Gesetz so schnell wie möglich, weil es ein historischer Schritt ist, um Journalisten und Medienpluralismus zu schützen", sagte die EU-Abgeordnete Sabine Verheyen (CDU) am Freitag in Brüssel. Nach der erfolgreichen politischen Einigung müssen Parlament und Rat, das Gremium der EU-Mitgliedsstaaten, dem Gesetz noch zustimmen. Dies gilt als Formsache.

Die EU-Kommission hatte das Medienfreiheitsgesetz, im Original European Media Freedom Act (EMFA), im September 2022 vorgeschlagen, um Medienfreiheit, Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in der EU zu garantieren. Der Gesetzentwurf verbietet es beispielsweise Behörden, in redaktionelle Entscheidungen einzugreifen. Auch soll er Transparenz über die Besitzverhältnisse von Medienunternehmen schaffen. Eine unabhängige Medienaufsichtsbehörde soll die Einhaltung der neuen EU-Regeln überwachen. Die Kommission reagierte mit dem Vorschlag auf Einschränkungen der Pressefreiheit in einigen EU-Staaten, etwa in Polen und Ungarn.

Medienaufsichtsbehörde soll politisch unabhängig arbeiten

Kritik an dem Gesetzesvorhaben gab es unter anderem mit Blick auf die zentrale EU-Medienaufsichtsbehörde und ihrer Nähe zur EU-Kommission. "Wir haben sichergestellt, dass die Medienaufsicht politisch unabhängig ist", erklärte dazu die Abgeordnete Verheyen. Praktisch soll es einen Ausschuss geben, der sich aus nationalen Medienbehörden zusammensetzt und der die Kommission beraten und unterstützen soll, um die Einhaltung des Medienfreiheitsgesetzes zu fördern.

Der deutsche Bundesrat hatte im November 2022 eine sogenannte Subsidiaritätsrüge ausgesprochen, weil die EU mit dem Entwurf zum Medienfreiheitsgesetz ihre Kompetenzen überschreite. Der Vorschlag einer "faktischen Zentralisierung der Medienaufsicht auf europäischer Ebene" über ein der Europäischen Kommission zugeordnetes Gremium sei nach deutschem Verfassungsrecht nicht zulässig und auch nach Unionsrecht unverhältnismäßig.

Kritik hatte es auch bezogen auf mangelnden Schutz von Journalistinnen und Journalisten gegeben. So sah der Gesetzentwurf der EU-Mitgliedsstaaten zunächst vor, dass die Überwachung von Journalisten, ihres Umfelds und ihrer Quellen erlaubt sein sollte, wenn die "nationale Sicherheit" bedroht sei. Diese Formulierung wurde nun komplett aus dem Gesetzestext gestrichen, wie EU-Abgeordnete am Freitag betonten.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) erkannten am Freitag zwar Verbesserungen am Gesetzestext an, äußerten sich aber weiterhin sehr kritisch. Das Gesetz breche gleich mehrfach mit Grundsätzen der Pressefreiheit, hieß es von den Verbänden in Berlin. Einer der größten Kritikpunkte bleibe die "behördliche Aufsicht über die Presse", erklärten die Verbände, "bei der auch noch die EU-Kommission mitreden" wolle.

Ungenügender Schutz vor Macht der Plattformen

Die Medienanstalten begrüßten den Ausgang der sogenannten Trilog-Verhandlungen. "Der EMFA liefert in einigen Bereichen sehr gute Regulierungsansätze, vor allem stellt er klar, dass die Medienaufsicht frei von staatlichen Einflüssen sein muss - auch von denen der europäischen Kommission", erklärten die gemeinsame Geschäftsstelle der Medienanstalten in Berlin. Allerdings gebe es weiterhin "wenige, wenn auch zentrale Kritikpunkte".

So müsse das neu eingerichtete Board for Media Services, das im Wesentlichen der bisherigen europäischen Medienregulierer-Arbeitsgruppe ERGA (European Regulators Group for Audiovisual Media Services) entspreche, von der EU-Kommission und damit politisch unabhängig sein. Hierzu bedürfe es noch entsprechender Klarstellungen in den untergesetzlichen Regelungen. Als schwach bewerteten die Medienanstalten den Schutz wesentlicher Inhalte im Netz vor der Macht der Plattformen. Der EMFA stelle nicht zweifelsfrei klar, dass es nationale Aufsichtsbehörden und nicht multinationale Plattformen sind, die die Grenzen der Meinungsfreiheit ziehen müssen.

Das ZDF erklärte, zum ersten Mal würden mit dem Medienfreiheitsgesetz Prinzipien für die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf europäischer Ebene festgeschrieben. Dazu zähle insbesondere eine langfristige und bedarfsgerechte Finanzierung. ZDF-Justiziar Peter Weber begrüßte das Gesetz als einen wichtigen Fortschritt im Interesse der Medienfreiheit: "Ein unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist ein zentrales Element für die demokratische Willensbildung." Allerdings liege die Begründung, anders als im EMFA formuliert, in seiner besonderen gesellschaftspolitischen Rolle.

mab/nbl



Zuerst veröffentlicht 15.12.2023 17:00 Letzte Änderung: 27.12.2023 16:02

Schlagworte: Medien, EU, Recht, Media Freedom Act, ZDF, Erga, mab, nbl, NEU

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