25.06.2024 13:09
Berlin/Frankfurt a.M. (epd). Die Freilassung des Wikileaks-Gründers Julian Assange aus der langjährigen Untersuchungshaft in Großbritannien löst in der Politik und bei Journalistenorganisationen Erleichterung aus. "Heute ist ein guter Tag für die Pressefreiheit", erklärte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) am Dienstag in Berlin. Von einem "Sieg für die Pressefreiheit" sprach auch Reporter ohne Grenzen. Nach Angaben von Wikileaks hatten die Anwälte des 52-Jährigen zuvor eine Vereinbarung mit der US-Justiz getroffen, "die noch nicht offiziell abgeschlossen ist".
Assange saß seit 2019 im Hochsicherheits-Gefängnis Belmarsh nahe London. Die USA hatten ihm Spionage und Geheimnisverrat vorgeworfen und seine Auslieferung gefordert. In den USA hätten Assange bis zu 175 Jahre Haft gedroht. Die britische Regierung beschloss im Juni 2022 die Auslieferung, allerdings entschied der Londoner High Court im Mai 2024, dass er dagegen noch einmal Rechtsmittel einlegen darf.
2010 hatte Assange geheime militärische US-Dokumente auf der Whistleblower-Plattform Wikileaks veröffentlicht, die unter anderem Kriegsverbrechen der USA im Irak belegen sollten. Laut Wikileaks wurde Assange am Montag vom High Court in London gegen Kaution freigelassen. Er bestieg am Nachmittag am Londoner Flughafen Stansted ein Flugzeug, mit dem er das Vereinigte Königreich verließ.
Medienberichten zufolge soll Assange am Mittwoch vor einem Gericht auf den Marianeninseln, einem amerikanischen Außengebiet im Westpazifik, erscheinen. Es wird erwartet, dass er sich in Teilen schuldig bekennt. Anschließend soll er zu fünf Jahren Haft verurteilt werden, die er schon in Großbritannien verbüßt hat, und in seine Heimat Australien zurückkehren.
Kulturstaatsministerin Roth äußerte die Hoffnung, dass die Einigung schnell vor Gericht bestätigt wird. "Bei allen legitimen Sicherheitsinteressen von Staaten und bei aller berechtigter Kritik an Wikileaks und seinem Gründer - die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wenn Staaten gegen Gesetze und Menschenrechte verstoßen", betonte sie.
Reporter ohne Grenzen sprach von einem Hoffnungszeichen für Reporterinnen und Whistleblower auf aller Welt, die weiterhin diffamiert würden oder inhaftiert seien.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Gewerkschaft ver.di erklärte, es überwiege die Freude über das Ende der Haft von Assange. "Nun enden auch die vollkommen unangemessenen Anschuldigungen, die Isolationshaft und weiteren Strafandrohungen, die bei Assange zu schweren psychischen und körperlichen Gesundheitsschäden geführt haben", sagte die Verbandsvorsitzende Tina Groll. Es müsse in der Folge zu einer "umfassenden Rehabilitierung" des Whistleblowers kommen.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigte sich ebenfalls erleichtert. Der jahrelange Kampf der Angehörigen und vieler internationaler Organisationen sei erfolgreich gewesen, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Dass Assange sich in Teilen schuldig bekennen wolle, sei "in Anbetracht der unsäglichen Haftstrafe, die ihm in den USA gedroht hat, natürlich nachvollziehbar". Der Fall bleibe aber ein abschreckendes Beispiel für investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten.
Auch die Schriftsteller-Vereinigung PEN Berlin begrüßte die Freilassung: "Die Entscheidung der US-Justizbehörden nach 15 Jahren Unrecht zu einem angemessenen Umgang mit Whistleblowern zurückzufinden, war seit Jahren überfällig". Dass nach all diesen Jahren von exzessiver Strafverfolgung ein Deal gemacht werden musste, um die USA ihr "Gesicht wahren" zu lassen, bedeute nichts Gutes für den Stellenwert der Pressefreiheit auch in der westlichen Welt.
Christian Mihr, stellvertretender Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, ergänzte, dass Assanges Entlassung ein wichtiger Erfolg für die Meinungs- und Pressefreiheit weltweit sei. "Für Medienschaffende auf der ganzen Welt gilt: Wer über Menschenrechtsverletzungen und mögliche Kriegsverbrechen berichtet, darf dafür nicht bestraft werden." Die USA hätten die Spionagevorwürfe nie erheben dürfen. Assange fünf Jahre lang im Hochsicherheitsgefängnis zu inhaftieren, hätte nie passieren dürfen.
rid/ema
Zuerst veröffentlicht 25.06.2024 10:26 Letzte Änderung: 25.06.2024 15:09
Schlagworte: Medien, Assange, RSF, DJV, dju, Großbritannien, USA, Recht, Wikileaks, Whistleblower, rid, NEU
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