Kritik an möglicher Auflösung von 3sat - epd medien

04.10.2024 13:09

Der geplante Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk könnte das Aus für den Kultursender 3sat bringen. Kritiker warnen vor einer Verflachung des Fernsehangebots.

Logo des Kultursenders 3sat

Berlin (epd). Die Pläne der Bundesländer zur weitgehenden Auflösung des Kultursenders 3sat stoßen bei Medienschaffenden auf Protest. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte am Freitag, das Vorhaben ersatzlos zu streichen. 3sat-Moderator Gert Scobel sprach von einer "populistischen Idee". Nach Plänen der Rundfunkkommission der Bundesländer sollen die Inhalte von 3sat teilweise oder vollständig im deutsch-französischen Kulturkanal Arte aufgehen.

Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster erklärte: "Eine Zusammenlegung von zwei Sendern, die nicht zusammenpassen, führt nicht zu deren Stärkung, sondern bereitet den Weg in die mediale Bedeutungslosigkeit." Darüber hinaus sei mit der Vernichtung qualitativ hochwertiger journalistischer Arbeitsplätze zu rechnen. "Das können wir nicht akzeptieren."

Scobel: 3sat ist mehr als Kultur

In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" betonte Moderator Scobel laut Vorabmeldung, in der aktuellen politischen Situation sei fundierte Information besonders wichtig. Im Gegensatz zu den meisten Talkshows könne in den Kultursendern noch "erlebt werden, wie tatsächlich öffentlich und miteinander gedacht wird".

Es sei "eine populistische Idee, abschalten zu wollen, was auf den ersten Blick sperriger erscheint als Mainstream", kritisierte der Journalist. Bei dem Vorhaben der Länder werde zudem vergessen, dass 3sat weitaus mehr als sei als Kultur, schrieb Scobel mit Blick auf Sendungen über Bildung, Wissenschaft oder Philosophie.

ORF kündigt "intensiven Austausch" an

Nach den Vorstellungen der Rundfunkkommission der Bundesländer sollen insgesamt mindestens 16 ARD-Hörfunkkanäle und knapp die Hälfte der zehn TV-Spartensender von ARD und ZDF wegfallen. Das geht aus dem Entwurf für den Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hervor, den die Kommission kürzlich veröffentlicht hatte. Stellungnahmen zum Text können bis zum 11. Oktober auf der Webseite der Kommission eingereicht werden.

Der ORF betonte auf epd-Anfrage am Freitag in Wien, 3sat sei für den österreichischen Sender ein "wichtiges Programmfenster" in den deutschsprachigen Raum. In den kommenden Wochen werde der Sender "in einen intensiven Austausch" mit den Intendanten der Partneranstalten treten, sagte eine ORF-Sprecherin dem epd: "Essenziell für den ORF ist dabei, dass die hochqualitativen heimischen TV-Produktionen weiterhin einem internationalen Publikum zugänglich bleiben." Die Schweizer SRG SSR teilte mit, dass sich die Organisation nicht zur laufenden Rundfunkreform in Deutschland äußere.

3sat von Plänen überrascht

3sat-Koordinatorin Natalie Müller-Elmau sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk zu den Plänen der Länder: "Uns hat das ehrlich gesagt ein bisschen überrascht, und wir sehen das auch noch nicht als Fait accompli, ganz im Gegenteil." Ihr fehle noch "die Fantasie, wie das alles funktionieren soll". Ein Tag habe nur 24 Stunden, und sowohl Arte als auch 3sat hätten ausreichend Programm für 24 Stunden. Was dann wegfalle, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar.

"Es wird deutlich weniger Sendezeit und Sendebudgets für die Kern-Genres, die am Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags sind, ausgegeben werden können, sprich Kultur, Wissenschaft, ja letztendlich auch die Demokratie, die wir ja unterstützen mit all den Dingen, die wir machen", betonte Müller-Elmau. Durch die Ausweitung des intendierten Sendegebiets würden zudem "die deutschsprachigen Stimmen in Wissenschaft und in Kunst deutlich weniger zu Wort" kommen.

Petition gestartet

Die Senderchefin verwies außerdem darauf, dass 3sat ein Drei-Länder-Sender sei. "Das heißt, wir in Deutschland können das auch alles überhaupt gar nicht allein entscheiden. Da müssen natürlich auch noch andere mitmachen."

Eine auf der Plattform innn.it gestartete Petition für den Erhalt von 3sat hatten bis Freitagnachmittag rund 25.000 Menschen unterschrieben. Zu den Erstunterzeichnern gehören neben anderen der FDP-Politiker Gerhart Baum, die Schriftstellerin Sibylle Berg und der Politikwissenschaftler Hajo Funke.

fu/rid



Zuerst veröffentlicht 04.10.2024 11:14 Letzte Änderung: 04.10.2024 15:09

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Bundesländer, DJV, 3sat, Medienpolitik, Reformstaatsvertrag, Müller-Elmau, fu, rid, NEU

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