03.01.2025 13:33
Frankfurt a.M. (epd). Die Idee zum umstrittenen "Welt"-Gastbeitrag von Elon Musk, in dem der Tech-Milliardär Wahlwerbung für die AfD machte, stammte nach eigenen Angaben von Springer-Aufsichtsratsmitglied Martin Varsavsky. Er erklärte auf X, er sei ein Freund von Musk. Der Artikel in der "Welt" sollte dem US-Unternehmer demnach die Möglichkeit geben, seine bereits auf X geäußerte Unterstützung der AfD genauer darzustellen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) hatte am Donnerstagabend über Varsavskys X-Post berichtet.
Jennifer Wilton, Mitglied der Chefredaktion der "Welt"-Gruppe, habe zugestimmt, dass Musks Artikel "signifikanten Nachrichtenwert" hätte, erklärte Varsavsky. Er habe daraufhin mit Musk Kontakt aufgenommen und ihm erläutert, welche möglichen Auswirkungen ein Beitrag hätte, in dem der Tech-Milliardär seine Ansichten zur AfD darstellt. "Er mochte die Idee, schrieb den Artikel und die 'Welt' veröffentlichte ihn", so Varsavsky.
Der in Buenos Aires geborene Varsavsky ist nach Springer-Angaben ein Investor, der in den vergangenen 30 Jahren acht Unternehmen in den USA und in Europa unter anderem im Bereich der Biotechnologie gegründet hat. Zu Beginn seiner Karriere in den 90er Jahren baute er Viatel auf, woraus das erste gesamteuropäische Glasfasernetz entstanden sei. Seit 2014 ist Varsavsky Mitglied des Aufsichtsrats der Axel Springer SE.
Auf epd-Anfrage verwies ein Springer-Sprecher auf ein Interview der FAZ mit Jan Philipp Burgard, dem Chefredakteur der "Welt"-Gruppe. Burgard sagte darin: "Unsere Gastautoren haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Genese ihres Beitrags der Vertraulichkeit unterliegt."
Die Entscheidung für den Abdruck von Musks Text sei "nach intensivem Austausch mit Redaktionsvertretern, etwa mit dem Redaktionsausschuss, innerhalb der Chefredaktion getroffen" worden, so Burgard. "Und nirgendwo sonst. Es war auch ganz allein meine Entscheidung, dem Gastbeitrag von Elon Musk meine sehr entschiedene Erwiderung entgegenzusetzen", führte der "Welt"-Chef im Interview weiter aus.
Musk hatte in seinem Beitrag in der "Welt am Sonntag" vom 29. Dezember geschrieben, Deutschland taumele am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs: "Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land." Der Tech-Unternehmer hatte in einem Post auf der Plattform X bereits kurz vor Weihnachten die AfD als "einzige Hoffnung für Deutschland" bezeichnet. In der "Welt" schrieb er unter anderem: "Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch, wenn man bedenkt, dass Alice Weidel, die Vorsitzende der Partei, eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka hat! Klingt das für Sie nach Hitler?"
Der Beitrag sorgte auch für Streit in der "Welt"-Redaktion. Die Leiterin des Meinungsressorts, Eva Marie Kogel, erklärte am 28. Dezember auf X: "Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht."
Unterdessen lösten die jüngsten Äußerungen Musks zur deutschen Innenpolitik und seine verbale Attacke auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier parteiübergreifend heftige Kritik aus. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warf Musk im Berliner "Tagesspiegel" (Freitag) einen "fundamentalen Angriff auf die deutsche Demokratie" vor. Der Vorsitzende des CDU-Sozialflügels CDA, Dennis Radtke, bezeichnete den engen Vertrauten des designierten US-Präsidenten Donald Trump als "politischen Brandstifter". Grünen-Chefin Franziska Brantner sieht jetzt die EU-Kommission gefordert.
Musk hatte Steinmeier auf seiner X als antidemokratischen Tyrannen beschimpft. "Schande über ihn", fügte der Trump-Berater hinzu. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte er nach dem Bruch der Ampel-Koalition als "Narr" bezeichnet.
Was eine Einflussnahme Musks auf den Ausgang der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar angeht, zeigte sich der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap, Roland Abold, indes gelassen. "Ich rechne mit einem überschaubaren Gesamteffekt", sagte er dem "Tagesspiegel".
cph/lob
Zuerst veröffentlicht 03.01.2025 11:55 Letzte Änderung: 03.01.2025 14:33
Schlagworte: Wahlen, Medien, Springer, Varsavsky, Welt, Musk, cph, lob, NEU
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