Österreichisches Parlament verabschiedet Novelle zum ORF-Gesetz - epd medien

01.04.2025 13:13

Österreich bekommt ein neues ORF-Gesetz. Die Novellierung regelt unter anderem die Besetzung der Rundfunkgremien neu, die das Verfassungsgericht beanstandet hatte. Zudem wird der ORF-Beitrag bis Ende 2029 eingefroren.

ORF-Stiftungsrat: Die Zahl der von der Regierung bestellten Mitglieder wird reduziert

Wien (epd). Der österreichische Nationalrat hat eine Novelle zum ORF-Gesetz verabschiedet und damit die Anforderungen des Verfassungsgerichtshofs erfüllt. Dieser hatte in einem Urteil vom Oktober 2023 einige Besetzungsregeln für Stiftungsrat und Publikumsrat des Österreichischen Rundfunks als verfassungswidrig aufgehoben. Sie verstießen gegen das Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung der Organe, lautete die Begründung. Eine Neuregelung musste bis Ende März 2025 erfolgen.

In der am 27. März verabschiedeten Novelle wurde außerdem der ORF-Beitrag bis 2029 bei 15,30 Euro pro Monat eingefroren, wie das Parlament mitteilte. Die Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und Neos hatten die Vorschläge Anfang März vorgelegt.

Kritik von der Opposition

Mit der Novellierung des ORF-Gesetzes wird unter anderem die Zahl der von der Regierung bestellten Stiftungsräte von neun auf sechs reduziert. Gleichzeitig erhält der Publikumsrat mehr Gewicht im 35-köpfigen Gremium. Von der Opposition gab es Kritik. Weder FPÖ noch Grüne glauben, dass mit der Reform der politische Einfluss auf den ORF geringer wird. Es handle sich vielmehr um "ein Weiter wie bisher", kritisierte FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker. Die FPÖ pocht zudem weiterhin auf eine Abschaffung der "ORF-Zwangsgebühr". Stattdessen solle der ORF aus dem Staatshaushalt finanziert werden.

Erfreut über den Beschluss äußerte sich Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Er sprach von einem "guten Tag" sowohl für den Medienstandort als auch für die Bevölkerung. Der ORF-Beitrag bleibe die kommenden vier Jahre stabil. Ausdrücklich begrüßte Babler die Ankündigung von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, dass alle ORF-Programme fortgeführt werden sollen. Der ORF spricht allerdings von insgesamt 320 Millionen Euro zusätzlichem Sparbedarf 2027 bis 2029 nach dem laufenden Sparpaket von 325 Millionen Euro über vier Jahre bis 2026.

SPÖ-Politiker verweist auf größere Unabhängigkeit

Zudem garantiere die Novelle, dass der ORF unabhängiger werde, sagte Babler. So nehme sich die Regierung bei der Besetzung des Stiftungsrats zurück. Durch die Entkoppelung der Besetzung der ORF-Gremien von den Wahlzyklen im Bund und in den Ländern werde überdies sichergestellt, dass neue Regierungen Stiftungsräte nicht umgehend austauschen könnten. Sowohl der Stiftungsrat als auch der Publikumsrat werden infolge der Gesetzesänderung zum 17. Juni neu bestellt.

In der dem Beschluss vorangegangenen Debatte hatten zahlreiche Abgeordnete die Bedeutung eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben. Der ORF sei Teil der österreichischen Identität und Grundpfeiler der journalistischen Vielfalt und der demokratischen Kontrolle in Österreich, hielt etwa SPÖ-Abgeordneter Klaus Seltenheim fest. Zum Einfrieren des ORF-Beitrags sagte er, damit sei sichergestellt, dass in Zeiten, in denen alle sparen müssten, auch der ORF seinen Beitrag leiste. Gleichzeitig bringe der Antrag aber auch finanzielle Planungssicherheit. Der FPÖ warf Seltenheim vor, den ORF zerschlagen und finanziell aushungern zu wollen.

Große ORF-Reform soll folgen

Für die ÖVP gab die ehemalige Medienministerin Susanne Raab zu bedenken, dass der Verfassungsgerichtshof die Konstruktion des Stiftungsrats und des Publikumsrats "in ganz weiten Teilen" bestätigt habe. Mit dem vorliegenden Antrag setze man die Vorgaben des Höchstgerichts um. Raab betonte, es brauche einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit adäquaten Ressourcen als Gegenpol zu Fake News auf Online-Plattformen und anderswo. Wichtig sei, dass der ORF sparsam agiere.

Die Gesetzesnovelle wird nun an den österreichischen Bundesrat zur "Mitwirkung" weitergeleitet. Die Länderkammer des Parlaments wird sich am 10. April auf einer Plenarsitzung damit befassen. Dort verfügt die Regierungskoalition ebenfalls über eine absolute Mehrheit. Am Ende müssen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) das neue Gesetz noch gegenzeichnen.

Die angestrebte große ORF-Reform solle gemeinsam mit dem Publikum entwickelt werden, sagte der SPÖ-Politiker Babler. Ziel bleibe "ein solider öffentlich-rechtlicher Rundfunk" in einer vielfältigen Medienlandschaft. Die Neos-Abgeordnete Henrike Brandstötter, deren Partei besonders auf diese Reform dringt, erklärte, es gehe darum, den ORF schlanker, transparenter und nachhaltiger zu gestalten. Auch auf die Abschaffung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute bei der Besetzung der ORF-Landesdirektorinnen und -direktoren habe sich die Regierungskoalition geeinigt, sagte sie.

koe/ebe



Zuerst veröffentlicht 01.04.2025 15:13 Letzte Änderung: 02.04.2025 16:46

Schlagworte: Österreich, Medien, Regierung, ORF, Verfassungsgericht, Gesetz, NEU

zur Startseite von epd medien