04.03.2025 08:10
Wien (epd). Die neue österreichische Regierung strebt eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. "Ziel ist, den ORF schlanker, digitaler, transparenter, bürgernäher, regionaler und nachhaltiger zu gestalten", heißt es im Regierungsprogramm der Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos. Der ORF-Beitrag wird dafür über die aktuelle Periode hinaus eingefroren und soll bis einschließlich 2029 bei 15,30 Euro pro Monat und Haushalt liegen. Eine mögliche Reduzierung oder Abschaffung des Beitrags ist damit aber vorerst vom Tisch.
Bei der Umsetzung der ORF-Gremienreform sollen mehr Bürgerbeteiligung, eine vielfältige Fachexpertise, eine verstärkte Unabhängigkeit der Gremien sowie die Stärkung des Publikumsrates im Fokus stehen. Wegfallen soll das Anhörungsrecht der Landeshauptleute - also der Vorsitzenden der Landesregierungen - bei der Bestellung einer neuen Leitung eines ORF-Landesstudios.
In den ORF-Stiftungsrat entsendet die Bundesregierung künftig sechs statt neun Mitglieder nach einer öffentlichen Ausschreibung, aus dem Publikumsrat kommen neun statt sechs Stiftungsräte. Die Gesamtzahl bleibt bei 35. Die Qualifikationserfordernisse der Stiftungsräte werden neu gefasst, die Neubestellungsmöglichkeit nach einem Regierungswechsel wird gestrichen.
Bei der Besetzung der Regierungsbank des Stiftungsrats ist ein Vorschlagsrecht für drei Mitglieder durch den Bundeskanzler vorgesehen. Zwei Mitglieder darf demnach der Vizekanzler, ein Mitglied das ranghöchste Regierungsmitglied der Neos vorschlagen.
Der Verfassungsgerichtshof Österreich hatte im Oktober 2023 einzelne Bestimmungen des ORF-Gesetzes über die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Sie verstießen gegen das Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung der Organe, lautete die Begründung. Der Gerichtshof wandte sich vor allem gegen die Bestimmung, dass die Bundesregierung mehr Mitglieder bestellen kann als der Publikumsrat. Eine Neuregelung muss bis Ende März 2025 erfolgen.
Werbebuchungen der Regierung beim ORF würden um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr gekürzt, heißt es in dem Programm weiter. Die Regierung prüft, Einnahmen aus der Digitalsteuer auf Werbung bei internationalen Digitalkonzernen für Medienförderungen zweckgebunden zu widmen. Auch eine Präzisierung des ORF-Gesetzes mit Blick auf die sogenannte Zeitungsähnlichkeit ist vorgesehen. Zudem sollen Kooperationen mit privaten Medien intensiviert werden.
Grundsätzlich betont das Programm den hohen Wert unabhängiger Medien für die Demokratie: "Unabhängige Medien, die objektiv, sachlich und kritisch berichten, sind eine unverzichtbare Säule demokratischer Öffentlichkeit", heißt es. Unter dem Motto "Medienbildung statt Fake News" sind deswegen 30 Millionen Euro für Zeitung-Abos für junge Menschen vorgesehen, um den Medienstandort sowie den Zugang zu unabhängigem Journalismus zu unterstützen.
Zur Stärkung des Medienstandorts Österreich soll die bestehende Förderstruktur "im Sinne einer einheitlichen Förderstrategie mit dem Fokus auf Qualitätsjournalismus, Treffsicherheit, Zukunftsfähigkeit und Medienvielfalt" weiterentwickelt werden. Förderungen müssten klare Ziele verfolgen, weiterhin transparent vergeben werden und Anreize bieten, um Medienunternehmen zu unterstützen, langfristige Perspektiven zu entwickeln. "Der Qualitätsjournalismus wird unabhängig von der Erscheinungsform weiter gefördert und unabhängige Medien werden unterstützt", heißt es in dem Programm. Die Unterstützung gelte auch weiterhin für die digitale Transformation.
Zudem möchte die neue Regierung die flächendeckende Zeitungszustellung in den Regionen sicherstellen. Dafür werde ein Fördermodell zur Stärkung analoger Vertriebswege entwickelt. Bei den Sozialen Medien strebt die Regierung eine Stärkung der digitalen Medienkompetenz sowie transparente und funktionale Beschränkung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen an.
Der Vorstand des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) begrüßte die Regierungsvorhaben zur Stärkung des Medienstandorts, forderte aber mehr Unterstützung für Privatrundfunk. "Die Marktsituation ist schwieriger denn je und die Finanzierung der privaten TV- und Radio-Sender ist stark unter Druck", erklärte VÖP-Präsident Mario Frühauf. Der Medienmarkt brauche mehr Unterstützung durch die Politik, um die negativen Auswirkungen der Big-Tech-Plattformen auf Österreichs Medien einzubremsen.
Es sei sinnvoll, den öffentlich-rechtlichen Auftrag und Charakter des ORF weiterzuentwickeln, erklärte der VÖP. Dabei müsse allerdings darauf geachtet werden, dass der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag künftig in jedem seiner Programme wahrnehme. Dies solle "mit einer Beschränkung der kommerziellen Aktivitäten des ORF einhergehen, insbesondere im Bereich der Vermarktung".
koe
Zuerst veröffentlicht 04.03.2025 09:10
Schlagworte: Medien, Österreich, Rundfunk, Reform, Beitrag, ORF, ÖVP, SPÖ, Neos
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