Gelbhaar mit Klage gegen "Süddeutsche Zeitung" weitgehend gescheitert - epd medien

23.04.2025 08:53

Strafrechtlich relevante Belästigungsvorwürfe gegen Stefan Gelbhaar hatten sich Anfang des Jahres als erfunden herausgestellt. Weiterhin gibt es aber Frauen, die dem Grünen-Politiker unangemessenes Verhalten vorwerfen. Ein SZ-Bericht über diese Vorwürfe hielt größtenteils die Grundsätze zulässiger Verdachtsberichterstattung ein, findet das Landgericht Hamburg. Gelbhaars Anwälte sehen das anders.

Stefan Gelbhaar

Hamburg (epd). Der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ist mit einer Unterlassungsklage gegen die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) weitgehend erfolglos geblieben. "Der größte Teil der angegriffenen Aussagen in der Berichterstattung ist äußerungsrechtlich an den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zu messen und insoweit als zulässige Verdachtsäußerung einzuordnen", erklärte das Landgericht Hamburg in einem am 16. April ergangenen Eilbeschluss, der dem epd vorliegt. Gelbhaar muss demnach knapp 89 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Gelbhaar kündigte Beschwerde an. (AZ: 324 O 145/25)

Der Fall beschäftigt seit mehreren Monaten insbesondere den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Der RBB räumte Ende Januar gravierende Fehler bei der Berichterstattung über schwerwiegende Belästigungsvorwürfe gegen den Politiker ein und entschuldigte sich. Der Sender zog große Teile seiner Berichterstattung zurück, weil unter anderem die Identität einer vermeintlichen Zeugin nicht ausreichend überprüft worden war. Inzwischen gab es beim RBB personelle und organisatorische Konsequenzen.

Keine feststehenden Sachverhalte

Die SZ hatte am 12. März den Beitrag "Chronologie eines Grenzfalls" veröffentlicht, in dem mehrere Frauen zitiert werden, die Gelbhaar unangemessenes Verhalten vorwerfen. Dabei geht es allerdings - anders als in der ursprünglichen Berichterstattung des RBB - nicht um strafrechtlich relevante Vorwürfe. Im Raum stehen etwa Berührungen und private Nachrichten über Social Media, die von den Betroffenen als unangenehm empfunden wurden. Die geschilderten Erlebnisse fallen laut SZ in den Zeitraum von 2008 bis 2024.

Mit der SZ-Berichterstattung werde der Verdacht eines "grenzüberschreitenden und übergriffigen Verhaltens" von Gelbhaar gegenüber einer Mehrzahl jüngerer Frauen in zulässiger Weise verbreitet, hielt das Landgericht in seinem Beschluss fest. In der Passage, die den Vorwürfen der Frauen vorangestellt sei, finde sich der Zusatz "sofern sie zutreffen". Dadurch werde den Leserinnen und Lesern bereits einleitend verdeutlicht, "dass keine feststehenden Sachverhalte geschildert werden".

Perspektive Gelbhaars wird berücksichtigt

Zudem werde den Schilderungen einleitend ein Dementi des Antragstellers vorangestellt, wonach dieser sämtliche Vorwürfe bestreite. Der Eindruck, dass nur mögliche Geschehnisse geschildert werden, werde dadurch verstärkt, dass die Passagen größtenteils im Konjunktiv gehalten seien.

Auch die Perspektive Gelbhaars zu den einzelnen Begebenheiten werde in der SZ-Berichterstattung berücksichtigt, etwa durch die Wiedergabe der Stellungnahmen von Anwälten. Zwar werde durch den Hinweis, dass sich die Darstellungen inhaltlich sehr ähnelten, eine Tendenz der SZ deutlich, "dass den interviewten Frauen wohl zu glauben sei", räumte das Gericht ein. Trotzdem entstehe "im Gesamtkontext für den Rezipienten nicht das Verständnis, dass die Richtigkeit der Darstellungen der einzelnen Interviewpartner feststehe".

Zwei Äußerungen untersagt

Lediglich zwei Aussagen im SZ-Bericht untersagte das Gericht. Zum einen geht es um den Zeitpunkt einer Meldung von Vorwürfen an die Ombudsstelle der Grünen, hier monierte das Gericht eine "prozessual unwahre Wiedergabe des Geschehensablaufs". Die SZ erklärte am 17. April in einem Nachtrag, sie habe diese Passage "präzisiert". Zum anderen geht es um die Behauptung, Gelbhaar habe eine Abstimmung beim Landesschiedsgericht verhindern wollen. Dies sei eine "unwahre Tatsachenbehauptung", da der Politiker lediglich versucht habe, die Abstimmung zu verschieben. Diesen Punkt hatte die SZ bereits mit einem Nachtrag vom 26. März korrigiert.

Gelbhaars Anwaltskanzlei, SKW Schwarz Rechtsanwälte aus Frankfurt am Main, kritisierte die Entscheidung des Landgerichts. Der Beschluss sei unzutreffend, heißt es in einer Stellungnahme, die auf der Webseite des Politikers veröffentlicht wurde: "Selbst dann, wenn die Berichterstattung an den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zu messen wäre, sind diese Voraussetzungen hier nicht eingehalten worden." Gelbhaar werde daher sofortige Beschwerde einlegen und seine Ansprüche weiterverfolgen.

rid



Zuerst veröffentlicht 23.04.2025 10:53

Schlagworte: Medien, Recht, Gelbhaar, RBB, SZ, Landgericht Hamburg, rid

zur Startseite von epd medien