14.03.2025 15:53
Berlin (epd). In der Affäre um die fehlerhafte Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar gibt es jetzt personelle Konsequenzen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Chefredakteur David Biesinger und Programmdirektorin Katrin Günther legen ihre Ämter im Sender nieder, wie der RBB am Freitag in Berlin mitteilte. Günther werde bis zu einer Neubesetzung der Stelle zunächst kommissarisch im Amt bleiben. Über die künftigen Aufgaben von Biesinger und Günther sei der Sender mit beiden im Gespräch.
Der RBB hatte vor einigen Wochen über Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar berichtet, die dieser zurückgewiesen hatte. Danach hatte der Sender "schwerwiegende Fehler" bei der Berichterstattung eingeräumt und einen Großteil davon zurückgezogen. Die Identität einer zentralen vermeintlichen Zeugin sei nicht ausreichend überprüft worden, hieß es unter anderem.
Gelbhaar fordert nach Senderangaben inzwischen rund 1,7 Millionen Euro Ausgleichszahlungen für Folgen der Berichterstattung. Der Noch-Bundestagsabgeordnete geriet im Zuge der Anschuldigungen kurz vor der Wahl am 23. Februar ins politische Aus.
Der RBB hatte auch eine unabhängige Untersuchungskommission mit der Aufklärung der Vorgänge beauftragt. Ein Zwischenbericht liegt nach Senderangaben seit dem 5. März vor. Intendantin Ulrike Demmer hatte am Mittwoch im Rundfunkrat einen Abschlussbericht der Kommission für Ende März angekündigt. Die bereits vorliegende Zusammenfassung sei 19 Seiten lang, hieß es am Freitag. Der Abschlussbericht werde voraussichtlich etwa 100 Seiten umfassen.
Demmer erklärte, die Führung des RBB stehe zu ihrer Verantwortung. Die "substanziellen und unmissverständlichen Konsequenzen aus der fehlerhaften Berichterstattung und der Aufarbeitung" sollen sicherstellen, dass im Sender hohe Standards "auch wirklich angewandt werden". Anspruch des RBB sei, das uneingeschränkte Vertrauen des Publikums in eine unabhängige, unvoreingenommene und verlässliche Berichterstattung wiederherzustellen.
Sie respektiere die Entscheidungen von Katrin Günther und David Biesinger, ihre Ämter abzugeben, sagte die Intendantin. Beiden danke sie "für das starke Signal, persönliche Konsequenzen zu ziehen". Kommissarische Chefredakteurin des RBB wird den Angaben zufolge Stephanie Pieper, die derzeitige Leiterin des RBB-Inforadios und des Digitalbereichs.
Günther erklärte, aus ihrer Sicht sei "in den vergangenen Wochen zu schnell und zu viel über mögliche Fehler Einzelner gesprochen worden". Tatsächlich habe der RBB in diesem Fall insgesamt programmlich versagt: "Dafür sehe ich mich in der Verantwortung und habe deshalb Intendantin Ulrike Demmer mitgeteilt, dass ich mein Amt niederlegen werde."
Biesinger betonte: "Ein Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion soll dazu beitragen, die publizistische Reputation des RBB wieder herzustellen."
Der RBB bekräftigte am Freitag, dass es bereits erste strukturelle Konsequenzen aus der fehlerhaften Berichterstattung gebe. Die bestehenden investigativen Einheiten würden "künftig in Recherchen dieser Tragweite zwingend einbezogen", hieß es. Die Chefredaktion werde zudem eine aktive Rolle bei der Kontrolle solcher Recherchen wahrnehmen. Auch verpflichtende Schulungen zur sogenannten Verdachtsberichterstattung sollen eingeführt werden. Einige Maßnahmen hatte Demmer bereits am Mittwoch vor dem Rundfunkrat angekündigt.
Der Journalistenverband DJV Berlin - JVBB begrüßte die personellen Konsequenzen. Damit dürfe die Aufklärung in eigener Sache aber nicht vorbei sein, sagte der Verbandsvorsitzende Steffen Grimberg: "Jetzt muss der Bericht der externen Prüfung der Vorgänge schleunigst auf den Tisch - selbst wenn die Endfassung noch in Arbeit ist. Das gebietet der Respekt vor den Mitarbeitenden und den Gremien des RBB."
lob/rid
Zuerst veröffentlicht 14.03.2025 14:45 Letzte Änderung: 14.03.2025 16:53
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Personalien, Gelbhaar, RBB, Demmer, Günther, Biesinger, lob, NEU
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