Viel Lob für Weimers "Plattform-Soli" - Digitalwirtschaft übt Kritik - epd medien

30.05.2025 14:52

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will eine Digitalabgabe für Internetkonzerne nach österreichischem Vorbild auf den Weg bringen. Zustimmung kommt unter anderem von Medienverbänden und Gewerkschaften, zur Verwendung der Einnahmen gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Die Digitalwirtschaft kritisiert die finanziellen Belastungen und sieht die Innovationsfähigkeit gefährdet.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer im Mai im Bundestag

Berlin (epd). Die von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) geplante Digitalabgabe für Tech-Konzerne wie Meta und Alphabet stößt in der Politik und bei Medienverbänden auf Zustimmung. Die Einnahmen aus einer Digitalabgabe "könnten auch dazu dienen, alternative Plattformen zu unterstützen, die unabhängig und demokratisch kontrolliert sind", sagte etwa SPD-Chefin Saskia Esken im am Freitag veröffentlichten "Stern"-Podcast "5-Minuten-Talk". Es sei richtig, wenn "große Player aus Übersee" endlich einen angemessenen Beitrag zum Gemeinwesen leisteten. Kritik an den Plänen kam aus der Digitalwirtschaft.

Weimer hatte in einem "Stern"-Interview gesagt, er bereite bereits eine Gesetzesvorlage vor. Diese könne sich an Österreich orientieren, das 2020 für sehr große Plattformbetreiber eine Besteuerung von Online-Werbeleistungen in Höhe von fünf Prozent eingeführt hatte. "Die österreichischen Erfahrungen mit einem Plattform-Soli sind aus meiner Sicht überzeugend", sagte der Kulturstaatsminister.

Weimer sucht Gespräch mit Unternehmen

Zuvor will Weimer allerdings das Gespräch mit den Unternehmen suchen. "Zunächst habe ich die Google-Führung sowie wichtige Branchenvertreter eingeladen zu Gesprächen ins Kanzleramt, um die Alternativen, möglicherweise auch freiwillige Selbstverpflichtungen, zu prüfen", sagte Weimer. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht: "Wir prüfen die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen."

Es gehe generell um Plattform-Betreiber mit Milliardenumsätzen, sagte der Kulturstaatsminister: "Wir halten einen Abgabesatz von zehn Prozent für moderat und legitim." Die Erfahrungen aus Österreich zeigten, dass diese Form der Abgabe keine relevante Preisveränderung für Endkunden mit sich gebracht habe. Sie habe aber dazu geführt, "dass die Konzerne endlich einen kleinen Steuerbeitrag für die Gesellschaft leisten, also ihre gewaltige Marge etwas sinkt".

Einfluss auf Demokratie und Gesellschaft

Auch der österreichische Wirtschaftswissenschaftler und Medienexperte Leonhard Dobusch bezeichnete die geplante Digitalabgabe als "gute Idee". Die Besteuerung von Werbeeinnahmen großer Plattformbetreiber sei sinnvoll, sagte er dem epd in Innsbruck. Anders als herkömmliche Werbung in Zeitungen oder Zeitschriften zeichne sich Internet-Werbung auf Google, Facebook oder Instagram durch Targeting und Personalisierung aus, die mitunter auch gegen den Datenschutz der Nutzer verstießen. "Wenn man Targeting schon nicht verbietet, dann kann man es wenigstens besteuern", sagte Dobusch.

Die Internet-Plattformen hätten einen erheblichen Einfluss auf Demokratie und Gesellschaft. "An den dadurch entstehenden Kosten müssen die Tech-Konzerne beteiligt werden", forderte Dobusch. Ob eine digitale Medienabgabe am Ende rechtlich Bestand habe, müssten im Zweifelsfall die Gerichte klären. "Ich halte die Abgabe allerdings für machbar", sagte Dobusch, der aktuell im ZDF-Verwaltungsrat sitzt und ab Mitte Juni dem ORF-Stiftungsrat angehören soll.

Gewerkschaften: Mit Abgabe Journalismus fördern

Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster sprach sich dafür aus, die Gelder in die Journalismusförderung zu stecken, aber nur für Medienunternehmen, die sich zur Tariftreue bekennen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di forderte, mit den Einnahmen Digitaljournalismus und demokratiefördernde publizistische Projekte zu unterstützen. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) mahnte an, die Einnahmen müssten redaktionelle Medien gegenfinanzieren, deren Wirtschaftlichkeit durch die Tech-Giganten angegriffen sei.

Der Privatmedien-Verband Vaunet betonte am Freitag, eine Abgabe würde helfen, die gewachsene Medienvielfalt in Deutschland gegen die großen Player zu verteidigen. Für ein konzertiertes europäisches Vorgehen trat der Grünen-Digitalexperte und Fraktionsvize Konstantin von Notz ein. Er mahnte ein ganzes Maßnahmenbündel an, darunter die Stärkung der zuständigen Aufsichtsbehörden, die auf Augenhöhe mit Google und Co. agieren müssten.

Verbände befürchten Bürokratie

Verbände der Digitalbranche, die auch Meta Deutschland und Google Deutschland vertreten, kritisierten die Pläne. Neue Abgaben führen ihrer Ansicht nach zu Preiserhöhungen, was die Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung verlangsame. "Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen weniger finanzielle Belastungen für digitale Güter und Dienste", verlangte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.

Der Verband der Internetwirtschaft eco befürchtet durch die Digitalabgabe übermäßige Bürokratie. "Eine solche Steuer stellt Unternehmen vor erhebliche Anforderungen in Bezug auf Dokumentation und Nutzerverfolgung zur korrekten Erfassung des Werbeaufkommens in Deutschland", kritisierte eco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme. Zudem sei mit Blick auf die US-Konzerne Meta und Alphabet eine weitere Belastung der transatlantischen Beziehungen zu erwarten, fügte er hinzu.

Der Bundesverband der Digitalen Wirtschaft (BVDW) zeigte sich überzeugt, dass eine Digitalabgabe weitreichende Folgen für die Innovationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und der Medienlandschaft in Deutschland hätte.

kfr/cd



Zuerst veröffentlicht 30.05.2025 05:39 Letzte Änderung: 30.05.2025 16:52

Schlagworte: Medien, Internet, Unternehmen, Steuern, Bundesregierung, Weimer, Esken, Dobusch, kfr, cd, DJV, ver.di, Vaunet, NEU

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