10.04.2025 09:38
Berlin (epd). Die vorgeschlagene Senkung der Mehrwertsteuer auf Presseprodukte ist nicht in den Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen worden. Das geht aus dem Vertrag "Verantwortung für Deutschland" hervor, den CDU, CSU und SPD am 9. April in Berlin vorgestellt haben. Damit gilt für Presseerzeugnisse weiterhin der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. Die Koalitions-Arbeitsgruppe Medien hatte eine Senkung auf null Prozent empfohlen.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) kritisierte das Ausbleiben einer entsprechenden Vereinbarung. "Der Vertrag verpasst die Chance, die Zukunft der Pressebranche mitzugestalten - und damit die Zukunft der Demokratie in Deutschland", erklärte der BDZV-Vorstandsvorsitzende Matthias Ditzen-Blanke. "Presse ist systemrelevant. Sie verdient politische Rückendeckung, keine strukturelle Vernachlässigung."
An der Finanzlage des Bundes könne die Entscheidung nicht gelegen haben, so der Verband. Für viele andere Bereiche, die anders als die Presse nicht von der Verfassung geschützt seien, stünden Mittel zur Verfügung. Auch jenseits der Steuerfrage fehle es dem Koalitionsvertrag an einer "substanziellen Vision für die Stärkung des unabhängigen Journalismus". Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bemängelte ebenfalls, dass die "monetäre Krise des Journalismus" kaum berücksichtigt werde.
Laut Koalitionsvertrag sollen die "Herausforderungen der Zustellung der Zeitungen" mit den Verlagen diskutiert werden. Eine Zustellförderung für die Presse war in der Vergangenheit mehrfach geplant, aber letztlich nicht umgesetzt worden.
Nicht aufgeführt wird im Vertrag die Einführung eines Presseauskunftsgesetzes des Bundes. Nach Angaben des SPD-Politikers Helge Lindh vom Sommer 2024 hatte die damalige Ampel-Koalition Eckpunkte für einen Gesetzentwurf bereits erarbeitet. Ein Inkrafttreten war für Mai 2025 angedacht.
Im Februar 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Landespressegesetze nicht auf Bundesbehörden anwendbar seien. Das Gericht stellte zugleich fest, dass es als "Minimalstandard" einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gebe, der sich unmittelbar auf das Grundrecht der Pressefreiheit im Grundgesetz stütze. Seitdem wird die Einführung eines Bundesgesetzes immer wieder diskutiert.
Zur während der Koalitionsverhandlungen bekannt gewordenen Idee einer Veränderung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) findet sich im Vertrag nur ein vager Satz. "Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir mit einem Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung reformieren", heißt es dort. Überlegungen aus der Union, die Regelung in der bisherigen Form abzuschaffen, waren auf starke Kritik gestoßen.
Der DJV äußerte sich besorgt über den "Umgang mit Auskunfts- und Informationsrechten" im Koalitionsvertrag. "Angesichts globaler Entwicklungen sollten wir Transparenz und Demokratie fördern, statt Informationsrechte einzuschränken", forderte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. "Auskunfts- und Informationsrechte ermöglichen der Öffentlichkeit, staatliches Handeln nachzuvollziehen und Missstände aufzudecken."
Fortsetzen will die neue Regierung die Reform der Filmförderung. Mit einem steuerlichen Anreizsystem sowie einer Investitionsverpflichtung zugunsten deutscher Filmproduktionen wolle man die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts verbessern, heißt es im Vertrag. Eine unter der noch amtierenden Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erarbeitete Reform des Filmförderungsgesetzes war Ende Dezember verabschiedet worden.
Die Produktionsallianz sprach von einer guten Nachricht für die Branche. "Frankreich beispielsweise hat bewiesen, dass die gemeinsame Einführung einer Investitionsverpflichtung mit einem Anreizsystem ein internationales Erfolgsrezept ist", erklärte deren Vorstandsvorsitzender Björn Böhning. "Investitionen werden angelockt, Gewinne nicht mehr abgeschöpft, und die heimische Infrastruktur von Studios, Dienstleistern und einer vielfältigen Produktionslandschaft wird gestärkt."
Allgemein hält der Vertrag fest, unabhängige Medien sicherten eine freie öffentliche Debatte. "Wir setzen uns im dualen Mediensystem sowohl für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen für private Medien ein", schreiben die Koalitionspartner. Von zusätzlichen Werbebeschränkungen sehe man ab, zudem wolle man "mit Blick auf die Gemeinnützigkeit" Rechtssicherheit schaffen. Geprüft werden solle eine "Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen". Die Erlöse sollen "dem Medienstandort" zugutekommen.
Das Wettbewerbsrecht müsse weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, "auch um Fusionen von Medienunternehmen mit Anbietern medienrelevanter Infrastruktur zu prüfen". Der Koalitionsvertrag verweist zudem auf den Medien-Reformstaatsvertrag der Länder, nach dem Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Regel werden solle: "Deshalb schaffen wir eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme, auch Kooperationen privater Medienhäuser sollen erleichtert werden."
rid
Zuerst veröffentlicht 10.04.2025 11:38
Schlagworte: Medien, Politik, Union, SPD, Koalitionsvertrag, rid, Presse, Recht
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