13.06.2025 07:26
Frankfurt a.M. (epd). Die ARD und Deutschlandradio sollen zu den Zukunftsperspektiven ihrer Klangkörper ein gemeinsames Konzept vorlegen. Das fordern 14 der 16 Bundesländer in einer Protokollerklärung zum Reformstaatsvertrag über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es gehe dabei auch um "eine kritische Analyse zum Status Quo" der Klangkörper. Zu berücksichtigen sei ebenso, ob sich die Anzahl der Klangkörper reduzieren lasse. Hamburg und Niedersachsen tragen die Protokollerklärung nicht mit.
Die ARD-Landesrundfunkanstalten betreiben zusammen 20 Klangkörper (Orchester, Chöre und Big Bands). Die ARD wollte sich auf epd-Anfrage nicht zu der Protokollerklärung äußern. Sie werde noch geprüft, hieß es. Deutschlandradio ist Hauptgesellschafter der 1994 gegründeten gemeinnützigen ROC GmbH, zu der zwei Orchester und zwei Chöre gehören.
Der Reformstaatsvertrag wird derzeit in den Landtagen beraten. Er soll Anfang Dezember in Kraft treten. Das ist nur möglich, wenn bis dahin alle 16 Parlamente die Staatsvertragsnovelle verabschiedet haben.
Über Jahrzehnte gewachsene, herausragende Kultureinrichtungen.
Im März hatten alle Länderchefs die Novelle unterzeichnet. Die Protokollerklärung zu den Klangkörpern trugen Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und der damalige niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nicht mit. Die Klangkörper des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien "über Jahrzehnte gewachsene, herausragende Kultureinrichtungen", teilte die hamburgische Senatskanzlei dem epd mit. Sie seien "aus der regionalen und lokalen Musik- und Kulturlandschaft nicht wegzudenken". Außerdem würden sie "deutlich zur Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" beitragen. Mit den Klangkörpern setzten die Rundfunkanstalten "auch ihren staatsvertraglichen Kultur- und Bildungsauftrag" um.
Durch den Reformstaatsvertrag soll unter anderem der regionale Auftrag der ARD stärker betont werden. Die Senatskanzlei führte aus, das geschehe auch durch die Musikensembles des Senderverbunds. Dass gerade diese Klangkörper überprüft werden sollten, sei "aus Sicht von Hamburg daher kontraproduktiv", erklärte die Senatskanzlei. Hamburg setze sich für "Planungssicherheit losgelöst von sich wechselnden medienpolitischen Debatten" ein. Diese Position unterstützt nach epd-Informationen auch Niedersachsen.
Niedersachsen und Hamburg sind zusammen mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern die Staatsvertragsländer des Norddeutschen Rundfunks (NDR). Der Sender unterhält vier Klangkörper: in Hamburg das NDR Elbphilharmonie Orchester, das NDR Vokalensemble und die NDR Bigband sowie in Hannover die NDR Radiophilharmonie.
Hamburg und Niedersachsen setzen sich deutlich von der Position der 14 übrigen Länder ab. Diese sehen laut ihrer Protokollerklärung "eine Standortbestimmung der Klangkörper des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als geboten an". Sie verweisen auf die "fortlaufenden Veränderungen der Medien- und Kulturlandschaft und der Neuaufstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks". Gleichwohl heben die 14 Länder hervor, die Klangkörper leisteten seit ihrer Gründung "einen wertvollen Beitrag zu den Kultur- und Bildungsangeboten".
In dem Konzept, das die Länder von ARD und Deutschlandradio einfordern, sollen die Anstalten auch Funktion und Aufgaben der Klangkörper definieren, insbesondere mit Blick auf den Kultur- und Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hierfür sollen im Konzept "nachprüfbare Zielvorgaben" gemacht werden. Außerdem gehe es darum, dass "Aufstellung und Finanzierung der Klangkörper überprüft werden".
Bei der Finanzierung soll unter anderem in den Blick genommen werden, ob neben der bestehenden Finanzierung der Klangkörper auch andere Modelle möglich seien. Dabei sollen die Anstalten Überlegungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) berücksichtigen.
Die KEF hatte Ende September 2024 einen Sonderbericht vorgelegt, den die Bundesländer angefordert hatten. Die Länder wollten wissen, welche Einsparpotenziale sich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei bestimmten Reformansätzen ergeben könnten. Dabei ging es auch um die Klangkörper. Die KEF stellte fest, die Klangkörper der Anstalten über GmbHs zu organisieren, könne die Wirtschaftlichkeit steigern. Effekte wären aber erst längerfristig zu erwarten. Den Gesamtaufwand für die ARD-Klangkörper im Jahr 2022 bezifferte sie auf 203 Millionen Euro.
Die ARD-Pressestelle teilte dem epd mit, sie habe keine Daten über die Kosten der Klangkörper in den Jahren 2023 und 2024, weil diese von den einzelnen Landesrundfunkanstalten betrieben würden.
Zwei Varianten schlug die KEF vor: Jede Anstalt gründet für ihre Klangkörper eine eigene GmbH. Oder es werde eine übergreifende Gesellschaft für alle Klangkörper geschaffen. Auch könnten sich der Bund und die Länder der Klangkörper an den GmbHs beteiligen, so die KEF: Dann würde weniger Geld aus dem Rundfunkbeitrag benötigt.
An der in Berlin ansässigen ROC gGmbH ist der Bund mit 35 Prozent und das Land Berlin mit 20 Prozent beteiligt. Größter Gesellschafter ist das Deutschlandradio mit 40 Prozent. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hält die übrigen fünf Prozent. Die ROC teilte dem epd mit, 2023 habe sie von ihren Gesellschaftern insgesamt 46,1 Millionen Euro erhalten. Davon stammten 18,5 Millionen Euro vom Deutschlandradio, 16,1 Millionen Euro vom Bund, 9,2 Millionen Euro vom Land Berlin und 2,3 Millionen Euro vom RBB. Die eigenen Einnahmen, unter anderem aus dem Kartenverkauf oder Konzertreisen, gab die ROC mit 7,6 Millionen Euro an. Für 2024 liegen nach Angaben der ROC noch keine Daten für die Veröffentlichung vor.
Deutschlandradio nannte die Entscheidung, die ROC Gesellschaft zu gründen, "klug und zukunftsweisend, um die Finanzierung der Klangkörper auf mehrere Schultern zu verteilen und so ihren Fortbestand langfristig zu sichern".
vnn
Zuerst veröffentlicht 13.06.2025 09:26 Letzte Änderung: 13.06.2025 09:46
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Klangkörper, ARD, KEF, Medienpolitik, Länder, vnn, Nünning, NEU
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