02.07.2025 14:53
Köln (epd). Der WDR will die Hörfunkwellen Die Maus und WDR Event einstellen. Das bestätigten Programmdirektorin Andrea Schafarczyk und Intendantin Katrin Vernau am Mittwoch in der Sitzung des Rundfunkrats in Köln. Nach Angaben des Senders muss der WDR zwei von derzeit insgesamt neun Hörfunkwellen einstellen, wenn der sogenannte Reformstaatsvertrag in Kraft tritt, der derzeit in den Parlamenten der Länder diskutiert wird.
Intendantin Vernau erklärte, die Maus solle als digitales Angebot weitergeführt werden. Die ARD wolle in der Audiothek "eine digitale Kinder-Audiowelt" schaffen, in die die Angebote des Maus-Radios ebenso wie andere Audioinhalte für Kinder von anderen Sendern integriert werden sollen.
Der vom nordrhein-westfälischen Landtag entsandte Grünen-Abgeordnete Frank Jablonski kritisierte, dass Die Maus künftig nur noch online angeboten werden soll. Dadurch werde die Bildschirmzeit von kleinen Kindern verlängert, sagte er. Andere Mitglieder des Rundfunkrats verwiesen darauf, dass sich der WDR den modernen Mediennutzungsgewohnheiten nicht verweigern dürfe. Nach Angaben von Direktorin Schafarczyk werden lineare Radioprogramme in der Zielgruppe der Vier- bis 13-Jährigen nur in sehr geringem Umfang genutzt. Die Tagesreichweite des Maus-Radios liege bei 0,4 Prozent.
Mit dem interkulturellen Hörfunkprogramm Cosmo wolle der WDR künftig "mehr Publikum erreichen", sagte Programmdirektorin Schafarczyk. Cosmo sei derzeit "so aufgestellt, dass es in der Nische ist". In Zukunft wolle der WDR Cosmo und die jungen Wellen 1Live und 1Live Diggi "gemeinsam betrachten". Dadurch soll vor allem mehr junges Publikum gewonnen werden. Wie genau das aussehen soll, sagte Schafarczyk nicht. Sie verwies darauf, dass mehr als 40 Prozent der unter 18-Jährigen in Nordrhein-Westfalen eine internationale Familiengeschichte hätten. "Wir schätzen das wert", sagte sie in der Diskussion im Rundfunkrat über die Zukunft von Cosmo.
Mehr als 65.000 Personen hatten eine Petition zum Erhalt von Cosmo unterzeichnet, darunter Serap Güler (CDU), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, die ehemalige Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und Prominente aus Kultur und Medien wie der Musiker Herbert Grönemeyer, der Filmemacher Fatih Akin und der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar. In der Petition heißt es, Cosmo sei ein deutschlandweit einzigartiges Programm für eine hörbar vielfältige Gesellschaft und stehe "wie kein anderes für das Zusammenleben in kultureller Diversität".
Wenn der Reformstaatsvertrag wie geplant im Herbst in Kraft tritt, muss die ARD die Zahl ihrer Hörfunkwellen von 69 auf 53 reduzieren. Der Senderverbund setzt dabei nach Angaben des WDR-Rundfunkrats auf Programmstreichungen, stärkere Kooperationen zwischen Landesrundfunkanstalten, den digitalen Umbau und die Stärkung der ARD-Audiothek.
Der WDR hatte Anfang Juni mitgeteilt, dass er den Sender Cosmo "weiterentwickeln" wolle. Das interkulturelle Hörfunkprogramm wurde 1998 vom WDR gegründet, ursprünglich unter dem Namen Funkhaus Europa. Seit 2017 heißt es Cosmo. Es wird in Zusammenarbeit mit Radio Bremen und RBB produziert.
Der Rundfunkrat wies außerdem eine Programmbeschwerde gegen die "Tagesthemen" vom 30. Januar 2025 bei zwei Gegenstimmen und sieben Enthaltungen zurück. Für einen Beitrag in der Rubrik "#mittendrin" war der Essener AfD-Kandidat Guido Reil im Wahlkampf begleitet worden. Der Beschwerdeführer hatte kritisiert, Reil sei "in verharmlosender Weise" dargestellt worden. Zudem seien fast ausschließlich Personen mit "migrantenfeindlichen und rassistischen Ansichten" zu Wort gekommen, während eine kritische Auseinandersetzung mit der AfD oder Reil selbst gefehlt habe.
Intendantin Katrin Vernau hatte die Beschwerde zurückgewiesen. In der Reportage sei die journalistische Sorgfalt gewahrt worden. Die Aussagen der Interviewten seien authentisch und durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Auch AfD-kritische Stimmen sowie Menschen mit Migrationsgeschichte seien zu Wort gekommen. Der Rundfunkrat schloss sich dem an, allerdings äußerten mehrere Mitglieder "Unbehagen" über den Beitrag. Juristisch sei daran nichts zu beanstanden, allerdings sei fraglich, ob sich das Format der "#mittendrin"-Reportagen für die Vorstellung eines Kandidaten im Wahlkampf eigne.
Auf Kritik bei einer vom Programmausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe, die sich mit Satire- und Comedyangeboten des WDR beschäftigte, ist das Stand-up-Programm "All you can eat" von Felix Lobrecht gestoßen. Dies sei als "grenzwertig" und teilweise "unter der Gürtellinie" beurteilt worden, berichtete die vom Landtag entsandte SPD-Politikerin Gabriele Hammelrath.
Insgesamt wurde das Programmangebot als vielfältig gelobt. Einziger Makel sei die fehlende Barrierefreiheit. Die ebenfalls vom Landtag entsandte Fabiana Kühl wies darauf hin, dass es keine Audiodeskription gebe. Außerdem würden die Programme weder in Gebärdensprache noch in leichter Sprache zugänglich gemacht.
Der Rundfunkrat stimmte bei einer Gegenstimme dem Governance-Kodex der ARD zu. Darin wurden Regeln für Transparenz, Kontrolle und das Zusammenspiel der verschiedenen Organe der Landesrundfunkanstalten aufgestellt. Ziel sei es, die Zusammenarbeit zwischen Intendanz und Gremien verbindlicher zu gestalten und die Legitimation öffentlich-rechtlicher Aufsicht gegenüber Politik und Gesellschaft zu stärken. Christian Hülsmeier, der von der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie in das Gremium entsandt wurde, bezeichnete den Kodex als einen "enormen Fortschritt von historischer Qualität". Der Kodex tritt zum 1. Dezember in Kraft.
Der Rundfunkrat stimmte zwei Dienstleistungsverträgen für die Bundesliga-Berichterstattung von 2025 bis 2029 zu und genehmigte die Produktion der "Tatort" "Maskerade" und "Die guten Leute" aus Münster und Köln sowie der 12. Staffel der Quiz-Sendung "Wer weiß den sowas?". Produktionen, die den WDR mehr als zwei Millionen Euro kosten, müssen vom Rundfunkrat genehmigt werden.
tgr/dir
Zuerst veröffentlicht 02.07.2025 16:53 Letzte Änderung: 03.07.2025 11:24
Schlagworte: Medien, Hörfunk, NEU
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