02.09.2025 09:54
Berlin/Potsdam (epd). Weil sie bei Auswahlverfahren für ausgeschriebene UKW-Frequenzen keinen Zuschlag bekamen, haben die Privatsender JazzRadio Berlin und Radio BHeins aus Potsdam gegen die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) Klagen eingereicht. Das bestätigten die zuständigen Verwaltungsgerichte in Berlin und Potsdam dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die MABB hatte Ende 2024 insgesamt fünf UKW-Frequenzen in Berlin und Potsdam ausgeschrieben. Dazu gehörte auch die Berliner UKW-Frequenz 106,8 MHz, die bis Ende September noch JazzRadio Berlin zugewiesen ist. Seit Ende 2010 ist das Programm hierüber zu hören. Die MABB entschied über ihren neunköpfigen Medienrat im April jedoch, JazzRadio Berlin nicht erneut zu berücksichtigen . Die Frequenz wurde ab Januar 2026 an 106,8 Pure FM vergeben. Das Programm ist auf elektronische Musik spezialisiert und wird von der Eagle Broadcast Brandenburg GmbH betrieben.
Massive Wettbewerbsnachteile
Für die Übergangszeit von Oktober bis Dezember 2025 vergab die MABB die Frequenz 106,8 MHz an das neue Programm Jazz FM. Anschließend wechselt Jazz FM nach der Entscheidung der MABB auf die beiden ebenfalls ausgeschriebenen UKW-Frequenzen 91,0 MHz (Berlin) und 90,7 MHz (Potsdam). Vor allem um letztere hatte sich auch Radio BHeins (Babelsberg Hitradio GmbH) beworben, kam aber nicht zum Zuge. Über die Potsdamer Frequenz werden bis Ende 2025 noch die Programme von nicht-kommerziellen Hörfunkveranstaltern ausgestrahlt. Diese Inhalte sind ab Anfang 2026 nur noch über DAB plus oder übers Internet zu hören.
Radio BHeins sendet bisher über die Potsdamer UKW-Frequenz 95,3 MHz. Darüber lasse sich aber nicht einmal störungsfrei der Großraum Potsdam abdecken, sodass man "massive Wettbewerbsnachteile" habe, erklärte der Sender auf epd-Anfrage. Daher ging es Radio BHeins um die Frequenz 90,7 MHz - im Austausch für die deutlich leistungsschwächere UKW-Frequenz 95,3 MHz. Durch diesen Wechsel wäre es für Radio BHeins erstmals möglich gewesen, "regional als ebenbürtiger Wettbewerber aufzutreten". Das habe man der MABB im Antrag auch dargelegt. Durch das neue Programm Jazz FM, das für die Potsdamer Frequenz den Zuschlag erhielt, sieht Radio BHeins nun seine Existenz noch stärker gefährdet und entschloss sich daher zur Klage (AZ: 11 K 1725/25).
Jazz FM wird von der Radio B2 GmbH veranstaltet, die bereits mehrere Hörfunkprogramme betreibt, darunter Schlager Radio. Die Firma Radio B2 gehört dem Unternehmer Oliver Dunk und ist Teil seiner Dunk Media Group.
Auch JazzRadio Berlin sieht sich durch die MABB bei der UKW-Frequenzvergabe benachteiligt und fechtet daher die Entscheidung der Medienanstalt gerichtlich an (AZ: 32 K 348/25). Der Medienrat der MABB habe den Antrag von JazzRadio Berlin ausschließlich in Bezug auf die UKW-Frequenz 106,8 MHz bewertet, sagte der Geschäftsführer des Senders, Julian Allitt, dem epd. Der Antrag sei jedoch nicht darauf beschränkt gewesen. Infolgedessen sei der Antrag von JazzRadio Berlin nicht mit dem des Wettbewerbers Jazz FM verglichen worden, dem die MABB zwei andere ausgeschriebene UKW-Frequenzen zugeteilt habe, so Allitt.
Beim Verwaltungsgericht hat JazzRadio Berlin zusätzlich zur Klage einen Eilantrag gestellt (AZ: 32 L 347/25). Das Berliner Verwaltungsgericht erklärte, der Sender wolle erreichen, dass die Entscheidung der MABB, ihn bei der Frequenzvergabe unberücksichtigt zu lassen, zunächst nicht umgesetzt werden dürfe, bis in der Hauptsache über die Klage entschieden sei.
Würde das Gericht dem Eilantrag stattgeben, könnte JazzRadio Berlin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter über die UKW-Frequenz 106,8 MHz senden. Ansonsten steht der Sender wohl vor dem Aus. Aktuell wirbt er über seine Beiratsvorsitzende Leslie Nachmann online um Spenden, um unter anderem den Rechtsstreit mit der MABB zu finanzieren. Über den Eilantrag will das Gericht in den kommenden Wochen und rechtzeitig vor dem 1. Oktober entscheiden.
Das Verwaltungsgericht erklärte ferner, dass die Klage von JazzRadio Berlin bisher so verstanden worden sei, dass sich der Sender nur um die UKW-Frequenz 106,8 MHz beworben habe. Auch die MABB teilte gegenüber dem epd mit, JazzRadio Berlin habe "sich ausschließlich auf die Frequenz 106,8 beworben". In der Ausschreibung habe die MABB darauf hingewiesen, dass es möglich sei, sich auf alle oder mehrere Frequenzen zu bewerben und eine Rangfolge anzugeben.
JazzRadio-Geschäftsführer Allitt kritisierte den gesamten Vergabeprozess für die aktuelle UKW-Frequenz 106,8 MHz seines Programms. Anfang Februar 2024 sei nur diese eine Frequenz von der MABB ausgeschrieben worden. Die Medienanstalt habe jedoch fast ein Jahr lang keine Vergabeentscheidung getroffen. Schließlich sei das Verfahren abgebrochen worden - "angeblich weil ein Mitglied den Medienrat zwei Monate später verlassen würde". Allitt bezeichnete diese Verzögerung von fast einem Jahr als beispiellos.
Die neue Ausschreibung habe dann neben der UKW-Frequenz 106,8 MHz vier weitere Frequenzen umfasst, sagte der JazzRadio-Geschäftsführer. Innerhalb von nur vier Monaten seien diese fünf Frequenzen vergeben worden. Allitt zog das Fazit, "dass der gesamte Prozess darauf ausgelegt war, sicherzustellen, dass JazzRadio am Ende keine UKW-Lizenz erhält".
Diese Kritik weist die Medienanstalt entschieden zurück: Die MABB sei "allein der Vielfaltssicherung in Berlin und Brandenburg verpflichtet und hat entsprechend allein Vielfaltserwägungen berücksichtigt". So habe der Medienrat auf der UKW-Frequenz 106,8 MHz den Vielfaltsbeitrag von Pure FM mit elektronischer Musik und Techno höher bewertet als den von JazzRadio Berlin, der bisherigen Frequenzinhaberin, und von anderen Bewerbern. Durch Pure FM gebe es "aus Sicht des Medienrats der MABB einen zusätzlichen und passenden Vielfaltsgewinn für das Musikangebot im Raum Berlin und im Umland". Bislang sendet Pure FM über DAB plus und übers Internet.
Im Rahmen der aktuellen Ausschreibung hätten sich zwei Jazz-Programme auf unterschiedliche Frequenzen beworben, so die MABB. Die Musikfarbe Jazz gebe es auch künftig in Berlin und Potsdam, dann auf den UKW-Frequenzen 91,0 bzw. 90,7 MHz. Hier habe das neue Programm Jazz FM den Zuschlag erhalten. Für diese beiden Frequenzen habe sich JazzRadio Berlin nicht beworben, so die MABB.
Das Anfang 2024 nur für die Frequenz 106,8 MHz eingeleitete Vergabeverfahren musste laut der MABB "aus formalen Gründen, die mit dem Ausscheiden eines Mitglieds des Medienrats zusammenhingen" neu gestartet werden. Bereits in diesem Verfahren hätten sich neben JazzRadio Berlin auch Jazz FM und Pure FM beworben. Neu ausgeschrieben worden sei die UKW-Frequenz 106,8 MHz dann Ende 2024 gemeinsam mit weiteren Frequenzen. Eine solche Bündelung von Frequenzen sei, so die MABB, "ein üblicher Vorgang - auch, um die Möglichkeit der Bewerbung auf mehrere Frequenzen gegebenenfalls mit Priorität zu ermöglichen".
vnn
Zuerst veröffentlicht 02.09.2025 11:54
Schlagworte: Medien, Radio, UKW, MABB, vnn, Nünning
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