Regierung in Polen plant Novellierung des Rundfunkgesetzes - epd medien

25.11.2025 10:01

Die polnische Regierung plant eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und will ihn künftig aus dem Staatshaushalt finanzieren. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) kritisiert die Pläne.

Warschau/Genf (epd). Die neue polnische Kulturministerin Marta Cienkowska hat eine Novellierung des polnischen Rundfunkgesetzes vorgestellt. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollen "mit einer starken Betonung auf Unabhängigkeit, Transparenz und professionelles Management" umgestaltet werden, wie Cienkowska, seit Juli 2025 Ministerin der Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk, am 30. Oktober in Warschau erklärte. Betroffen sind das Polnische Fernsehen TVP, der nationale Hörfunk PR, der regionale Hörfunk sowie die Nachrichtenagentur PAP.

Das neue Gesetzesprojekt der Regierung Tusk sieht die Abschaffung der jetzigen Rundfunkgebühr und ihre Ersetzung durch eine Finanzierung aus dem Staatshaushalt in Höhe von 2,5 Milliarden Zloty pro Jahr (rund 591 Millionen Euro) mit Inflationsausgleich vor. Tusk hatte sich bereits 2008 vergeblich für eine Abschaffung der Rundfunkgebühr eingesetzt.

EBU drängt auf angemessene Finanzierung

Die Reformvorschläge der liberal-konservativen Koalitionsregierung von Ministerpräsident Tusk erfolgen Jahre, nachdem die Regierungen der national-konservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) die öffentlich-rechtlichen Medien in ihrem Interesse umgestalteten. Die Regierungskoalition aus Bürgerkoalition (KO), Bauernpartei PSL, liberaler Partei Polen 2050 und sozialdemokratischen Linken will "die Entpolitisierung der öffentlich-rechtlichen Medien und die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens priorisieren".

Obwohl die öffentlich-rechtlichen Medien in Polen äußerlich normal funktionieren, befinden sie sich seit dem 27. Dezember 2023 "im Zustand der Liquidierung". Die Medien wurden bisher allerdings nicht aufgelöst, sondern arbeiten im Notbetrieb weiter. Die Ursache ist das Patt zwischen der Regierung Donald Tusk und den jeweiligen PiS-nahen Staatspräsidenten Andrzej Duda und Karol Nawrocki.

Am 5. November wandte sich die Europäische Rundfunkunion (EBU) in einem Schreiben an die polnische Regierung und drängte auf die Sicherung einer nachhaltigen und angemessenen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die in dem Gesetzesvorhaben vorgesehenen Kürzungen könnten die mit dem European Media Freedom Act (EMFA) verbundenen Reformen untergraben, erklärte die EBU in Genf. Sie betonte, dass eine angemessene Finanzierung unbedingt für demokratische Resilienz und für einen effektiven öffentlich-rechtlichen Rundfunkdienst in den unterschiedlichen Regionen Polens erforderlich sei. Eine Finanzierung durch 2,5 Milliarden Zlotys jährlich aus dem Staatshaushalt, wie vorgesehen, läge mehr als 30 Prozent unter dem für 2024 ursprünglich vorgesehenen Betrag.

Kritik von der Opposition

Der Nationale Medienrat (RMN), der zurzeit die öffentlich-rechtlichen Medien kontrolliert und 2016 von der PiS-Regierung eingeführt wurde, soll nun abgeschafft werden. Seine Aufgaben soll wieder der Nationale Rundfunkrat (KRRiT) übernehmen. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollen von Vorständen aus nur einer Person für den Zeitraum von fünf Jahren geleitet werden. Der Nationale Rundfunkrat soll aus neun Mitgliedern für einen Zeitraum von sechs Jahren bestehen, bei einer teilweisen Rotation alle zwei Jahre. Die KRRiT-Mitglieder sollen vom Parlament und vom Staatspräsidenten ernannt werden, unter zusätzlicher Beteiligung von Branchenorganisationen.

Nach einer möglichen Verabschiedung durch Sejm und Senat, wo die Regierung Tusk über die absolute Mehrheit verfügt, müsste das neue Gesetz durch Präsident Nawrocki gebilligt werden.

Kulturministerin Marta Cienkowska betonte, dass die Reformen darauf gerichtet seien, "transparente, professionelle und politisch unabhängige öffentlich-rechtliche Medien" zu gewährleisten. Die geplante Umstrukturierung soll vollständig wirksam werden, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist.

Bei der Opposition stieß das Projekt des Mediengesetzes auf Kritik. "Das ist eine simulierte Aktion", sagte Joanna Lichocka, Mitglied des Nationalen Medienrates (RMN) und PiS-Abgeordnete des Sejm. "Die Regierung wird weiter das Recht brechen, indem sie die Regierungsmedien in einem Zustand der fiktiven Liquidierung festhält." Ihre Besorgnis äußerte auch Agnieszka Glapiak, die Vorsitzende des Nationalen Rundfunkrates. "Welche Vorwürfe Ministerin Marta Cienkowska auch macht, hinsichtlich einer "Politisierung" des KRRiT sind sie unbegründet und falsch."

ebe



Zuerst veröffentlicht 25.11.2025 11:01

Schlagworte: Medien, Polen, Rundfunk, Pressefreiheit, ebe

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