Causa Föderl-Schmid: SZ bestreitet Durchsuchung von Mail-Postfächern - epd medien

05.02.2024 14:21

Süddeutscher Verlag in München

München (epd). Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) wehrt sich gegen den Vorwurf, Mail-Postfächer und Telefonanschlüsse ihrer Redakteurinnen und Redakteure auf der Suche nach einem "Maulwurf" durchsucht zu haben. In einer gemeinsamen Stellungnahme vom 4. Februar verweisen Chefredaktion, Redaktionsausschuss und Betriebsrat auf eine konzernweite Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2022.

Den Regeln folgend habe die Chefredaktion im Einvernehmen mit dem Betriebsrat entschieden, lediglich überprüfen zu lassen, ob es Datenverkehr zwischen den IP-Adressen der Redaktion und des Branchendienstes "Medieninsider" gegeben habe. Die Prüfung habe kein Ergebnis gebracht, "weitergehende Maßnahmen" seien nicht erfolgt.

Der Fall geht zurück auf einen Medieninsider"-Bericht vom 18. Dezember vergangenen Jahres über Plagiatsvorwürfe gegen die stellvertretende SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. Nach Recherchen des Branchendienstes soll die Journalistin ohne Angabe der Quelle unter anderem von der "Welt" und aus einem Beitrag des Jüdischen Museums in Berlin abgeschrieben haben. Föderl-Schmid räumte daraufhin teilweise Fehler ein und äußerte Bedauern, zudem zog sie sich laut SZ-Mitteilung vom 5. Februar inzwischen aus dem operativen Tagesgeschäft zurück.

Zeitung sieht Redaktionsgeheimnis verletzt

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe diskutierte die SZ in der Redaktionskonferenz am 20. Dezember ihre journalistischen Standards, wie es in der Stellungnahme heißt. Verlauf und Inhalt dieser Redaktionskonferenz seien anschließend bei "Medieninsider" am 21. Dezember ausführlich wiedergegeben worden. "Die Detailgenauigkeit und Fülle von Zitaten begründeten den Verdacht, dass offenbar die gesamte Konferenz abgehört beziehungsweise womöglich gar aufgenommen und im Wortlaut an Dritte weitergegeben worden war", erklärte die Zeitung. "Wäre das so passiert, so handelte es sich nicht nur um einen Vertrauensbruch gegenüber den eigenen Kolleginnen und Kollegen, sondern möglicherweise sogar um eine Straftat nach Paragraf 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes)." In jedem Fall handele es sich um eine Verletzung des Redaktionsgeheimnisses.

Für Chefredaktion, Betriebsrat und Redaktionsausschuss sei es dennoch nicht infrage gekommen, Strafanzeige zu erstatten, weil dies bedeutet hätte, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Zugriff auf Daten der Redaktion erhalten hätten, hieß es. Man sei jedoch der Auffassung, dass die mutmaßliche Aufzeichnung und Weitergabe einer gesamten Redaktionskonferenz nicht hinnehmbar sei. "Daher sollte der Versuch unternommen werden, festzustellen, wie die Informationen aus der Redaktionskonferenz gelangen konnten - und möglicherweise auch durch wen."

Die gesamte Redaktion habe in einer Redaktionsvollversammlung am 30. Januar von dem Vorgang erfahren. Erneut seien aus dieser Versammlung vertrauliche Informationen, zum Teil im Wortlaut, nach außen gegeben worden.

RSF und DJV kritisieren "Süddeutsche"

Im Nachgang zu dieser Redaktionsversammlung berichteten Medien, dass bei der SZ E-Mail-Postfächer von Journalisten durchsucht und Telefonate abgehört worden seien. Die Zeitung dementiert dies: "Das trifft nicht zu. Auch erfolgte kein Zugriff Dritter auf Laptops, Handys, Tablets von SZ-Journalisten oder auf Chats oder Nachrichten-Apps", heißt es in der Stellungnahme. "Die automatisierte Überprüfung beschränkte sich auf den Datenverkehr zwischen IP-Adressen der Redaktion und dem Branchendienst und auf mögliche technische Hinweise auf Ton- oder Videomitschnitte von der 'geleakten' Redaktionskonferenz vom 20. Dezember 2023."

Die Vorstandssprecherin der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF), Katja Gloger, kritisierte das Vorgehen der SZ am 2. Februar auf Basis verschiedener Medienberichte über die Redaktionsversammlung vom 30. Januar. "Es ist bedenklich, dass die Quellen von Medieninsider ins Visier dieser Suchaktion rückten. Denn vertrauliche Kommunikation bildet die Grundlage für Journalismus, vor allem dann, wenn es sich um investigative Recherchen handelt." Das Vorgehen der SZ-Chefredaktion werfe hinsichtlich des journalistischen Grundprinzips des Quellenschutzes ernsthafte Fragen auf, erklärte Gloger.

Der Pressesprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Hendrik Zörner, kommentierte in Reaktion auf die SZ-Stellungnahme am 5. Februar im DJV-Blog: "Und jetzt? Die Aktion 'Haltet den Maulwurf' ist offenbar abgeblasen. Außer einem dicken Kratzer am Image des Blattes hat sie nichts gebracht. Aber das ist schlimm genug. Wie sicherlich auch die Auswirkungen auf die interne Kommunikationskultur bei der SZ."

nbl



Zuerst veröffentlicht 05.02.2024 15:21 Letzte Änderung: 06.02.2024 16:55 (In einer früheren Version dieses Beitrags schrieben wir, "Medieninsider" und andere Medien hätten berichtet, dass bei der SZ E-Mail-Postfächer von Journalisten durchsucht und Telefonate abgehört worden seien. "Medieninsider" hatte diese Behauptungen jedoch nicht aufgestellt, wir haben die Passage korrigiert.)

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