ARD-Vorsitzender hofft bei Beitragserhöhung auf Rechtsstaat - epd medien

25.04.2024 13:16

In der Diskussion um den Rundfunkbeitrag lässt der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke die "Hoffnung auf den Rechtsstaat nicht fahren". Er wolle jetzt keine Drohkulisse aufbauen für den Fall, dass die Beitragserhöhung ausbleibe, sagte er nach der Intendantensitzung.

ARD-Vorsitzender Gniffke: "Häuptlinge" aus allen Anstalten zusammenbringen

Leipzig, Stuttgart (epd). In der Diskussion um die von der Finanzkommission KEF vorgeschlagene Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent geht der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke davon aus, "dass sich alle an das rechtsstaatliche Verfahren" halten. Er lasse die "Hoffnung auf den Rechtsstaat nicht fahren", sagte Gniffke nach der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten der ARD in Leipzig. Für den Fall, dass die Beitragserhöhung zum 1. Januar 2025 ausbleibe, wolle er aber jetzt "keine Drohkulisse aufbauen".

Sachsens Medienminister Oliver Schenk (CDU) hatte am 17. April gesagt, dass es keine Beitragserhöhung zu diesem Zeitpunkt geben werde: "Da muss man sich mal ehrlich machen, das ist völlig ausgeschlossen, das wird nicht kommen", sagte er bei den Medientagen Mitteldeutschland. Zugleich warnte der Medienpolitiker die öffentlich-rechtlichen Sender davor, das Verfassungsgericht anzurufen, wenn die Beitragserhöhung ausbleibe. Dieser Weg stehe den Anstalten natürlich offen, "aber es wäre ein ziemlicher Pyrrhus-Sieg, weil er die Akzeptanz des Systems in der Bevölkerung weiter infrage stellen würde", sagte Schenk. Mehrere Ministerpräsidenten hatten bereits Anfang des Jahres angekündigt, dass sie einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmen würden.

"Flexibilisierung" bleibt "To do"

Die Diskussion über die Abschaffung eines Spartenkanals hätten die Intendanten in Leipzig "nicht zu Ende führen" können, sagte Gniffke. Die "Flexibilisierung der Angebote" der ARD bleibe "ein To do". Die Einstellung eines Kanals bedeute den Verlust von Arbeitsplätzen und hier gebe es "Standortinteressen", sagte der ARD-Vorsitzende. Doch "selbst durch die ersatzlose Einstellung eines Digitalkanals" lasse sich nur ein "niedriger zweistelliger Millionenbetrag" einsparen, merkte er an. Das werde nicht ausreichen, um den Rundfunkbeitrag zu senken.

Gniffke hatte im Dezember 2022 angekündigt, dass die ARD einen Fernsehkanal abschaffen wolle. Die Intendanten hätten beschlossen, dass "die ARD im Jahr 2023 beginnen wird, einen Kanal einzustellen", sagte Gniffke damals dem "Spiegel". In dem Doppelinterview hatte WDR-Intendant Tom Buhrow ergänzt, dass die ARD gemeinsam mit den Gremien prüfen werde, "wie wir mit dem Sender One in Zukunft umgehen".

Dezentral organisierte Tech-Unit

Der ARD-Vorsitzende kündigte an, der Senderverbund werde eine gemeinsame Organisationseinheit für Technologie auf den Weg bringen. Diese Einheit solle Entscheidungen zur Infrastruktur für alle Häuser des Senderverbunds treffen. Dies sei ein erster Schritt auf dem Weg zum Betrieb einer zentralen Plattform im Internet gemeinsam mit dem ZDF und Deutschlandradio.

Die "Tech-Unit" werde dezentral organisiert sein, sagte Gniffke. In ihr würden "Häuptlinge" aus allen ARD-Anstalten zusammenarbeiten, um eine technische Gesamtinfrastruktur "aus einer Hand" auf den Weg zu bringen. Damit werde die ARD "strategiefähiger" und effizienter. Weitere Details sollen in zwei Monaten beschlossen werden.

Kompetenzcenter starten im Mai

Die von der ARD im vergangenen Jahr beschlossenen Kompetenzcenter für die Themen Gesundheit, Verbraucher und Klima nehmen im Mai die Arbeit auf. Wie der Senderverbund mitteilte, erfolgt der "Launch" in mehreren Stufen.

Das Kompetenzcenter Gesundheit unter der Federführung des NDR starte am 1. Mai mit Angeboten für Fernsehen, Radio, ARD-Audiothek und ARD-Mediathek, teilte der Senderverbund mit. Das von SWR und WDR verantwortete Kompetenzcenter Verbraucher starte im Mai Social-Media-Kanäle, auf denen bisherige Accounts zu Verbraucherthemen der Sender gebündelt würden. Accounts der einzelnen Sendeanstalten zu Verbraucherthemen würden dafür eingestellt. Im September folge ein Magazin-Pool für die Dritten Programme und die Hörfunk-Angebote. Nach Angaben der ARD kann die Zahl der Magazinbeiträge zu Verbraucherthemen durch die gemeinsame Produktion um 200 verringert werden.

Das Kompetenzcenter Klima, bei dem HR, MDR und SWR die Federführung haben, bereite digitale Audio- und Bewegtbildformate vor, teilte die ARD mit. Ab Sommer werde auch Hintergrundberichterstattung angeboten.

Gemeinsames Debattenformat der Infowellen

Nach Angaben des Senderverbunds haben die Intendantinnen und Intendanten die Bildung von weiteren Kompetenzzentren und Gemeinschaftsredaktionen beschlossen. Für das Kompetenzcenter Wissen, Bildung und Schule übernähmen BR, SWR und WDR die Federführung. Die Gemeinschaftsredaktion Kochen und Kulinarik werde von SWR und SR geführt. Für die Gemeinschaftsredaktion Religion soll der BR zuständig sein. Aufgabe der Gemeinschaftsredaktion Religion sei es, die Zusammenarbeit bei überregionalen und grundsätzlichen Themen der Religion zu intensivieren, teilte die ARD mit. Wo regionale Aspekte von Religion, Brauchtum und Tradition zum Tragen kämen, werde das föderale Prinzip gewahrt.

Ziel der Kompetenzzentren und Gemeinschaftsredaktionen ist nach Angaben der ARD mehr Arbeitsteilung, Kooperation und Koordination im Überregionalen. Die Angebote der Kompetenzcenter können von allen Sendern der ARD genutzt werden. Gleichzeitig solle das Regionale gestärkt werden, um dort neue Zielgruppen zu erreichen. Einigen der Entscheidungen der Intendantinnen und Intendanten müssen die Gremien der Sender noch zustimmen.

Die Inforadios der ARD starten am 29. April die bundesweite Sendung "Mitreden! Deutschland diskutiert". Das Debattenformat ist Bestandteil der engeren Kooperation der Infowellen der ARD. Die Sendung befasst sich zum Start mit dem Thema "Immer Ärger in der Ampel - wie viel Streit verträgt Deutschland?". Anruferinnen und Anrufer können sich in das Gespräch mit Politikern, Wissenschaftlerinnen und anderen Gästen einbringen. Moderiert wird die Sendung unter anderem von Christian Orth und Nina Zimmermann.

dir



Zuerst veröffentlicht 25.04.2024 15:16 Letzte Änderung: 25.04.2024 16:28

Schlagworte: Medien, Rundfunk, ARD, Gniffke, Kompetenzcenter, Rundfunkbeitrag, Medienpolitik, Technik, dir, Roether, BER, NEU

zur Startseite von epd medien