WDR-Rundfunkrat fordert Beteiligung der Gremien am Reformprozess - epd medien

29.08.2024 09:00

Eingang zum WDR-Vierscheibenhaus in Köln

Köln (epd). Die Aufsichtsgremien der ARD werden bei der medienpolitischen Beratung über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorerst nicht angehört. Es seien zurzeit keine Fachgespräche geplant, sagte Nicola Lamprecht-Weißenborn, Ministerialrätin in der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, am Mittwoch bei einer Sitzung des WDR-Rundfunkrats in Köln. Sie bat WDR-Intendant Tom Buhrow, keine Details über die möglichen Änderungen des Medienstaatsvertrags an die Gremienmitglieder weiterzugeben.

Die Abstimmung unter den Rundfunkreferenten der Bundesländer sei ein fortlaufender Prozess. Ein abschließender Entwurf liege noch nicht vor, sagte Lamprecht-Weißenborn, die in der Staatskanzlei das Medienreferat leitet.

Kritik am Verfahren

Das Verfahren stieß im Rundfunkrat auf Kritik. Unter dem Applaus zahlreicher Mitglieder forderte Petra Kammerevert (SPD), die Vorsitzende des Programmausschusses, eine frühere Beteiligung des Aufsichtsgremiums. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Gremien, die selbst Teil des Reformprozesses seien, erst im Rahmen einer öffentlichen Anhörung Stellung nehmen könnten. Der Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, Rolf Zurbrüggen, sagte: "Die Aufsichtsgremien, die als Vertretung der Bürger fungieren, erwarten von der Politik sowie von den Intendanten, dass sie in diese Beratungen einbezogen werden."

Ende Oktober soll die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beschlossen werden. Dazu hatte ein von den Bundesländern eingesetzter Zukunftsrat Vorschläge unterbreitet. Seit Juni gibt es einen nicht veröffentlichten Referentenentwurf. Dieser drohe nun verwässert zu werden, kritisierte zuletzt Engelbert Günster, der Vorsitzende der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz, in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Er fürchte, die Länder könnten bei der Umsetzung der Reform-Vorschläge "nicht mutig genug" sein, erklärte er.

Buhrow äußert sich zu Möbel-Ausschreibung

WDR-Intendant Buhrow nahm im Rundfunkrat auch zur umstrittenen Ausschreibung von Möbelstücken für das WDR-Filmhaus in der Kölner Innenstadt Stellung. Der WDR hatte zunächst unter anderem 36 Lounge-Sessel namens "The Spanish Chair" vom Hersteller "Fredericia" (Listenpreis: 4.499 Euro pro Stück) als "Referenzobjekte" aufgeführt. Zuerst hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" darüber berichtet. Mitte August teilte der Sender mit, die Geschäftsführung habe beschlossen, einen Teil der Möbel neu auszuschreiben. Grund dafür sei, "dass bei einigen Sondermöbeln fast ausschließlich die Referenzobjekte angeboten wurden, keine gleichwertigen, günstigeren Alternativen".

Buhrow betonte nun, es würden keine Büromöbel gesucht, sondern Möbel, die auf Gemeinschaftsflächen wie dem Foyer oder in Konferenzräumen extremer Belastung ausgesetzt seien. Zudem seien nachhaltige, wirtschaftliche Lösungen häufig nicht diejenigen, "wo das günstigste Preisschild dran hängt". Allerdings räumte er ein, dass der Verwaltungsrat zu der Ausschreibung "einiges gesagt" und die Geschäftsführung an Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gemahnt habe. Der Neubezug des sanierten Filmhauses im Sommer 2025 sei durch die Neu-Ausschreibung nicht in Gefahr, erklärte Buhrow.

Programmausschuss lobt Olympia-Berichterstattung

Der Programmausschuss des WDR-Rundfunkrats lobte die Berichterstattung über die Fußball-EM in Deutschland und die Olympischen Spiele in Paris. Der Sender habe seinen Programmauftrag "voll erfüllt", erklärte Kammerevert. Buhrow sagte, die Abbildung großer Sportereignisse bleibe Teil des Auftrags. Die ARD habe während der Fußball-EM alle sozialen Schichten überdurchschnittlich gut erreicht. Als "Turbocharger der Digitalisierung" bezeichnete Buhrow den Erfolg der Livestreams während der Pariser Spiele. Insgesamt verzeichnete die ARD während Olympia 151 Millionen Streaming-Abrufe.

Nach einer Programmbeobachtung äußerten Mitglieder des Rundfunkrats Kritik an der Wirtschaftsberichterstattung des WDR. Der Fokus liege vor allem auf der Verbraucherperspektive. Dies sei verständlich, sagte Mike Schürg, der von der IG Metall in das Gremium entsandt wurde. Allerdings werde häufig die Chance vertan, wirtschaftspolitische Themen einem breiten Publikum aus verschiedenen Perspektiven nahezubringen. Im Hörfunk gelinge dies noch "ganz ordentlich", dagegen beschränke sich das Magazin "Markt" im WDR-Fernsehen fast ausschließlich auf die Verbraucherperspektive. Auch auf den Webseiten des WDR sollten Wirtschaftsthemen besser präsentiert werden. Vereinzelt mangele es auch an journalistischer Distanz. Wenn von "Autolobby" und von "Umweltverbänden" die Rede sei, sei darin bereits eine Wertung enthalten.

Der WDR reagiert mit neuen Angeboten auf die Kritik: So soll es im WDR Fernsehen künftig vier Mal im Jahr eine Wirtschaftsreportage geben.

In seiner Sitzung am Mittwoch genehmigte der Rundfunkrat außerdem den Produktionsvertrag für die fünfte Staffel der Serie "Babylon Berlin". Auch die Quizshow "Wer weiß denn sowas?" wird fortgesetzt.

tgr



Zuerst veröffentlicht 29.08.2024 11:00

Schlagworte: Medien, WDR, Gremien, Rundfunkrat, Medienpolitik, Reformstaatsvertrag, tgr

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