Mogelpackung - epd medien

29.10.2024 13:15

Die monatelang diskutierten Kürzungen im Sportrechte-Etat von ARD und ZDF haben es nun doch nicht in den Reformstaatsvertrag geschafft. Die Ministerpräsidenten senden eine problematische Botschaft, wenn sie gleichzeitig deutliche Streichungen bei TV-Spartensendern und Hörfunkkanälen verlangen, kritisiert Michael Ridder.

ARD und ZDF dürfen weiter viel Geld für Sportrechte ausgeben

Persiflage auf FIFA-Präsident Gianni Infantino beim Kölner Rosenmontagszug 2023

epd Der Satz war Programm. "Wir haben beschlossen, heute nichts zu beschließen", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) am 25. Oktober nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig. Gemünzt war er auf die abermals verschobene Entscheidung zur künftigen Höhe des Rundfunkbeitrags und zu einem neuen Finanzierungsmodell. Man kann die Aussage allerdings auch auf die Entscheidung zu den Sportrechtekosten anwenden.

Zwar muss konzediert werden, dass es nun erstmals überhaupt eine staatsvertragliche Regelung zu diesem Reizthema geben wird. Aber deren Ausgestaltung durch die Länderchefs enttäuscht angesichts der vorangegangenen Diskussion dann doch stark. Fünf Prozent ihrer zusammengerechneten Gesamtausgaben dürfen ARD und ZDF in Zukunft in Sportrechte investieren - das ist eine Deckelung. Aber eine, die den Status Quo festschreibt, wie es in den Anmerkungen zum neuen Staatsvertragsentwurf explizit heißt.

Fortschreitende Verwässerung

Weiterhin darf die ARD also 240 Millionen Euro und das ZDF 163 Millionen Euro pro Jahr an Sportverbände zahlen, rechnerisch wären nach der Fünf-Prozent-Formel sogar insgesamt 480 Millionen Euro möglich. Aus früheren Staatsvertragsentwürfen sprach eine andere gesetzgeberische Absicht. Im Entwurf, der Ende September öffentlich zur Anhörung gestellt wurde, war die Bezugsgröße nicht das Gesamtbudget der Sender, sondern der "gesamte Programmaufwand" in einer Beitragsperiode.

Die Sportrechtekosten sollten demnach maximal acht bis zehn Prozent "abzüglich X %-Punkte" des Programmaufwands ausmachen - der Ist-Zustand sollte also um den politisch zu diskutierenden Faktor "X" gekürzt werden.

Ein unveröffentlichter Staatsvertragsentwurf vom 23. August, der auf Referentenebene entstand, wollte den Rechteerwerb zuzüglich der Programmherstellungskosten im Bereich Sport ins Verhältnis zum Gesamtprogrammaufwand setzen. Ein Prozentwert wurde dabei nicht genannt, aber die Wanderung des Entwurfs durch die verschiedenen Instanzen der Rundfunkkommission zeigt: Von den Referenten über die Staatskanzleichefs bis hin zu den Ministerpräsidenten wurde die Begrenzung der Sportrechtekosten immer weiter verwässert - bis fast nichts mehr übrig blieb.

Verpasste Chance

In dem Punkt gleicht die Reform einer Mogelpackung, und die Ministerpräsidenten senden in der Zusammenschau mit anderen Entscheidungen eine höchst problematische Botschaft: Beim Sport muss nun doch nicht gespart werden, während die Streichungen bei TV-Spartenkanälen und Radiosendern - abgesehen von einer weicheren Formulierung zur Integration von 3sat-Inhalten bei Arte - weiterhin verlangt werden.

Hier wurde die Chance verschenkt, einen erheblichen Kostenblock einzusparen, ohne dem Publikum etwas vorzuenthalten. Denn anders als die Kultur, die nun möglicherweise bei 3sat und Arte eingespart wird, würden Top-Sportereignisse auch bei Privatsendern ihren Weg ins Programm finden. Dem Vernehmen nach hatten die Länder zwischenzeitlich eine Reduktion der Sportrechte auf fünf Prozent des Programmaufwands erwogen - damit hätten sie schon mehr als die Hälfte der von der KEF empfohlenen Beitragserhöhung refinanzieren können.

Erfolgreiche Lobbyarbeit der ARD

Ministerpräsident Schweitzer, seit dem Rückzug von Malu Dreyer auch Vorsitzender der Rundfunkkommission, vermied es bei der Pressekonferenz, die Information hinzuzufügen, dass mit den fünf Prozent der Gesamtausgaben der aktuelle Stand zementiert wird. Im Gegenteil: Seine Formulierung "nur noch fünf Prozent" legte sogar nahe, dass deutliche Einschränkungen bevorstehen. Und so wurde es dann vielfach - auch in öffentlich-rechtlichen Medien - berichtet.

Die ARD kann die gefundene Lösung als Erfolg ihres Lobbyings verbuchen, bei dem sie gebetsmühlenartig betont, wie ungeheuer wichtig die integrative Funktion von Live-Übertragungen großer Sportereignisse sei. Auch mal nein zu sagen, wenn die Fußball-WM an einen Staat wie Katar vergeben wird - davon hält der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke nichts, wie er 2023 in einem epd-Interview erklärte. Für die Fußball-WM 2034 ist Saudi-Arabien der letzte verbliebene Bewerber, in Kürze wird eine offizielle Vergabe durch die FIFA erwartet. Saudi-Arabien liegt in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 166 von 180 Staaten. ARD und ZDF, so steht zu erwarten, werden dennoch die Übertragungsrechte kaufen.

Michael Ridder Copyright: epd-bild/Heike Lyding Darstellung: Autorenbox Text: Michael Ridder ist stellvertretender Verantwortlicher Redakteur von epd medien.



Zuerst veröffentlicht 29.10.2024 14:15 Letzte Änderung: 29.10.2024 14:30

Michael Ridder

Schlagworte: Medien, Sportrechte, Sport, Schweitzer, Gniffke, rid, Ridder, Bundesländer, Reformstaatsvertrag, NEU

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