18.11.2024 10:23
Frankfurt a.M. (epd). Der Chef des Privatsender-Spitzenverbands Vaunet, Claus Grewenig, kritisiert die Entscheidung der Medienpolitik, den Sportrechte-Etat von ARD und ZDF nicht zu kürzen. "Hier wurde die große Chance verpasst, in erheblichem Umfang beitragssenkende Effekte zu erzielen", sagte der 50-Jährige RTL-Manager im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar seien die Sportrechte-Kosten künftig gedeckelt, aber der Deckel lasse im Vergleich zum aktuellen Niveau "sogar noch Luft nach oben".
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich Ende Oktober auf eine Festschreibung des derzeitigen Sportrechte-Etats von etwa fünf Prozent der zusammengerechneten Gesamtausgaben beider Sender geeinigt. Nach dem neuen Entwurf des Reformstaatsvertrags darf die ARD weiterhin 240 Millionen Euro und das ZDF 163 Millionen Euro pro Jahr für Sportrechte zahlen, rechnerisch wären nach der Fünf-Prozent-Formel sogar insgesamt 480 Millionen Euro möglich. Zuvor hatten die Bundesländer deutliche Kürzungen dieses Etats erwogen.
Die Länderchefs senden mit dieser Entscheidung ein falsches Signal.
"Die Länderchefs senden mit dieser Entscheidung ein falsches Signal in den Markt und an die Anstalten, zumal sie gleichzeitig Einsparungen bei Kulturangeboten fordern", erklärte Grewenig. Außerdem fehle es weiter an klaren Transparenzvorgaben. Sportrechte-Kosten würden nur mit großer Verzögerung und zum Teil auch nur für ausgewählte Jahre veröffentlicht, monierte der Vorstandsvorsitzende des Verbands Privater Medien (Vaunet).
Positiv sei, dass die Länder das Thema überhaupt erstmals staatsvertraglich regelten, sagte Grewenig. Dass ARD und ZDF künftig auch eine "Breite des Sports" unter Berücksichtigung kommerziell nur wenig verwertbarer Sportarten abbilden müssten, sei ebenso begrüßenswert wie die Vorgabe, dass eine exklusive Auswertung von Übertragungsrechten nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sei.
Grewenig äußerte die Erwartung, dass ARD und ZDF "die neuen Regelungen verantwortungsvoll leben" und im Regelfall privaten Medien Sublizenzen zum Kauf anbieten. Dabei müsste es sich aber auch um attraktive Rechtepakete handeln. Die ARD-Rundfunkräte und der ZDF-Fernsehrat müssten besonders genau hinschauen, wenn ihnen Sportrechte-Verträge vorgelegt würden, so Grewenig. Dies gelte hinsichtlich der Auftragseinhaltung auch für den im Reformstaatsvertrag vorgesehenen neuen Medienrat, der als Expertengremium von außen auf die Sender blicken soll.
Zur Debatte über die geplante Reduzierung der ARD-Radiowellen sagte Grewenig: "Es hängt nun daran, wie ernsthaft die Sender und ihre Gremien die Richtung des Reformstaatsvertrags umsetzen." Kritisch äußerte er sich zu der Möglichkeit, bis zu zwei Kooperationsprogramme anzubieten, die "jeweils als ein halbes Programm der beteiligten Anstalten gerechnet" werden. "Dadurch wird es möglich, den Vorgaben des neuen Staatsvertrags rechnerisch Genüge zu tun, aber nach außen zu kommunizieren, dass man doch nicht so viele Programme komplett einstellen muss", so Grewenig.
Nach dem Entwurf des Reformstaatsvertrags sollen grundsätzlich mindestens 16 der aktuell 69 terrestrischen ARD-Radioprogramme eingestellt werden. Für jede ARD-Anstalt ist die Höchstzahl auf einen individuellen Wert gedeckelt, der auch von Bevölkerungszahlen und der Anzahl der Bundesländer im Sendegebiet abhängig ist.
HR-Intendant Florian Hager hatte Anfang November in der Sitzung des HR-Rundfunkrats ausgeführt, laut den Vereinbarungen der Ministerpräsidentenkonferenz dürfe sein Sender ab Januar 2027 nur noch fünf statt bisher sechs Radioprogramme anbieten. Er verwies zugleich darauf, dass auch Kooperationsprogramme möglich seien. Auf epd-Nachfrage erklärte der HR, dass nicht zwingend ein HR-Programm ab 2027 komplett wegfallen müsse. Es gehe auch um "die Auslotung von programmlichen ARD-Kooperationen".
Grewenig bezeichnete es in dem epd-Gespräch als wünschenswert, "dass die Sender ihren Spielraum nicht bis an die Grenze ausreizen". Eine echte Reduzierung des Angebots an ARD-Radiosendern sei ein Kernelement der Reformbeschlüsse, das für die Balance im dualen Rundfunksystem wichtig sei.
Es dürfe allerdings am Ende nicht dazu kommen, "dass alle terrestrisch eingestellten Sender einfach im Internet fortgeführt oder lediglich Mittel umgeschichtet werden", mahnte der Vaunet-Chef. Zudem dürften Einstellungen nicht nur bei Sendern erfolgen, die geringe Hörerzahlen hätten. Hier sei auch deren Bedeutung für die Auftragserfüllung einzubeziehen.
Wie die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz am 11. November auf epd-Anfrage erläuterte, können Kooperationsprogramme nicht zusätzlich zu den auf eine Höchstzahl begrenzten Radiosendern veranstaltet werden. Sie würden auf diese Zahl angerechnet.
Nach bisheriger Zählweise, in der Kooperationsprogramme jedem der beteiligten Sender als eigenes Programm zugerechnet werden, veranstalteten die ARD-Anstalten derzeit insgesamt 73 terrestrische Radiosender, führte die Staatskanzlei aus. Tatsächlich würden aber nur 69 Programme veranstaltet, denn bei den Wellen "Cosmo" (Radio Bremen, RBB und WDR) und "Die Maus" (WDR, SR und Radio Bremen) handle es sich um Kooperationen. Übertrage man die Systematik der geplanten Neuregelung auf das derzeitige Portfolio, komme man durch die hälftige Anrechnung bei jedem der Kooperationspartner auf insgesamt 70 Programme in der ARD.
rid
Zuerst veröffentlicht 18.11.2024 11:23
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Gesetze, Reformstaatsvertrag, Medienpolitik, Grewenig, ARD, ZDF, Radiosender, Sport, Sportrechte, rid
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