Ministerpräsidenten: Rundfunkbeitrag bleibt zwei Jahre lang stabil - epd medien

12.12.2024 16:40

Die Bundesländer haben eine neue Regelung zur Festlegung des Rundfunkbeitrags beschlossen. Diese soll ab 2027 gelten - bis dahin soll der Beitrag nach dem Willen der Regierungschefs nicht steigen. Bayern und Sachsen-Anhalt knüpfen die Neuregelung aber an Bedingungen: ARD und ZDF sollen erst ihre Verfassungsbeschwerde zurücknehmen. ARD und ZDF erteilen dieser Forderung umgehend eine Absage.

Verlangen von ARD und ZDF die Rücknahme der Verfassungsbeschwerde: Die Länderchefs Markus Söder (links) und Reiner Haseloff (rechts, Archivbild)

Berlin/Frankfurt a.M. (epd). Die Bundesländer haben sich auf ein neues Verfahren zur Festsetzung der Höhe des Rundfunkbeitrags geeinigt. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) bezeichnete das Verfahren am Donnerstag nach dem Treffen der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin als "Durchbruch." Die Finanzierung soll ab 2027 neu geregelt werden, bis dahin soll der Rundfunkbeitrag nicht steigen. Bayern und Sachsen-Anhalt wollen diesen Beschluss aber nur dann in das parlamentarische Verfahren geben, wenn ARD und ZDF ihre Verfassungsbeschwerde zum Rundfunkbeitrag zurückziehen.

ARD und ZDF hatten im November beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde eingereicht, um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu erreichen. Der Empfehlung der Finanzkommission KEF, den Beitrag zum 1. Januar 2025 um 58 Cent auf 18,94 Euro zu erhöhen, waren die Länder bisher nicht gefolgt. Schweitzer äußerte erneut seinen Unmut über die Beschwerde und appellierte an die Sender, diese zurückzuziehen.

Sender halten an Verfassungsklage fest

Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke erklärte auf epd-Anfrage, der Senderverbund halte trotz des neuen Beitragsfestsetzungsverfahrens an der Klage fest. Weil sich erneut zeige, dass sich die Länder sich nicht an das verfassungsgemäße Verfahren zur Umsetzung des KEF-Vorschlags hielten, sei es richtig gewesen, diese Frage vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen und nicht noch eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz abzuwarten.

Ähnlich äußerte sich das ZDF. Eine Umsetzung der KEF-Empfehlung für eine Anpassung des Rundfunkbeitrags ab Januar 2025 sei nicht beschlossen worden, sagte eine Sprecherin dem epd. Nur deshalb sei die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt worden. Sie sei "darauf gerichtet, dass die Länder das von ihnen selbst festgelegte, derzeit gültige verfassungskonforme Verfahren einer staatsfernen Festlegung des Rundfunkbeitrags einhalten".

Schweitzer verweist auf Rücklagen

Das neue Verfahren zur Festlegung des Rundfunkbeitrags - das sogenannte gestaffelte Widerspruchsmodell - ist nach Schweitzers Ansicht "schlanker und niedrigschwelliger". Künftig soll nicht mehr grundsätzlich die Zustimmung aller 16 Landesparlamente zu einer Beitragsänderung nötig sein. Je nach Höhe des künftigen Beitrags müsste eine bestimmte Quote an Landesregierungen oder Landtagen aktiv widersprechen, um die Erhöhung vorerst nicht wirksam werden zu lassen.

Schweitzer hält es für vertretbar, den Rundfunkbeitrag für die kommenden zwei Jahre nicht zu erhöhen. Es gebe eine Rücklage von rund einer Milliarde Euro, auf die die öffentlich-rechtlichen Sender zunächst zurückgreifen sollten. Darauf verwies auch das Land Brandenburg. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, er erwarte, dass sich ARD, ZDF und Deutschlandradio "noch mehr anstrengen und die heute schon möglichen Einspar- und Strukturoptimierungsmöglichkeiten nutzen".

Liminski: Intendanten haben Einigung erschwert

Bayern und Sachsen-Anhalt erklärten in einer Protokollnotiz zu den Beschlüssen der Bundesländer, es sei entscheidend, dass die auf den Weg gebrachten Reformen erst wirkten, bevor Anpassungen beim Beitrag infrage kommen. ARD und ZDF müssten ihre Verfassungsbeschwerde zurücknehmen. Erst dann würden die beiden Landesregierungen den Entwurf zum neuen Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ihren Landtagen zur Stellungnahme zuleiten.

Der nordrhein-westfälische Medienminister Nathanael Liminski (CDU) begrüßte den Beschluss, den Rundfunkbeitrag für zwei Jahre stabil zu halten und die Finanzierung ab 2027 neu zu regeln. Die Länder hätten Wort gehalten und ein umfassendes Reformpaket zur Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Weg gebracht. "Die Intendanten haben mit der voreiligen Einreichung ihrer Verfassungsbeschwerde unnötig Öl ins Feuer der laufenden Diskussion gegossen und die Einigung unnötig erschwert", kritisierte Liminski. "Mit dem heutigen Beschluss wird dieser Beschwerde die Grundlage entzogen." Die Anstalten sollten sich nun "dringend auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und zudem die Reformen zügig umsetzen".

Zustimmung aus Bremen und dem Saarland

Aus Bremen und dem Saarland kam Zustimmung zur Neuregelung des Beitragsverfahrens. "Gerade das neue Widerspruchsmodell für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags ist für Radio Bremen von entscheidender Bedeutung, weil für die auftragsgemäße Finanzierung in den meisten Fällen keine einstimmige Entscheidung mehr erforderlich ist", erklärte am Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Anke Rehlinger (SPD), Ministerpräsidentin des Saarlandes, sprach von einem "gelungenen Kompromiss, der Reformen bringt und verlässliche Finanzierung zugleich".

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verteidigte die Verfassungsbeschwerde der Sender und kritisierte die Länder. "Mit dem inflationsbedingten Weniger in den Kassen können die Sender nicht auf Dauer das hohe journalistische Niveau ihrer Informationssendungen halten", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Kritik kam auch von der Gewerkschaft ver.di. Christoph Schmitz-Dethlefsen, Mitglied im Bundesvorstand, sprach von einem "düsteren Tag" für die öffentlich-rechtlichen Medien und deren Beschäftigte.

Reformstaatsvertrag geht an die Landtage

Der Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, auf den sich die Länder bereits im Oktober geeinigt hatten, werde allen 16 Landesparlamenten zeitnah zugeleitet, kündigte Schweitzer an. Der Vertrag sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit der Kultursender 3sat und Arte vor. "In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern" sollen "Inhalte des Vollprogramms 3sat in das Vollprogramm 'Arte - Der europäische Kulturkanal' und dessen Telemedienangebote" überführt werden.

Zudem fallen drei der restlichen acht TV-Spartensender von ARD und ZDF weg. Von den vier Sendern Tagesschau24, Phoenix, ARD-alpha und ZDFinfo im Bereich Information, Bildung und Dokumentation sollen durch Bündelung nur noch zwei übrig bleiben. Im Bereich der jüngeren Angebote wird an Sendern für verschiedene Altersgruppen festgehalten. Die Zahl sinkt allerdings von vier auf drei Angebote mit "abgestimmter Strategie". Betroffen sind hier der Kinderkanal, ZDFneo, ARD One und das Online-Jugendangebot Funk.

Einschnitte auch bei Hörfunkwellen

Auch bei den Hörfunkwellen sind Einschnitte vorgesehen. Der Reformstaatsvertrag schreibt vor, dass die ARD-Hörfunkwellen von 70 auf 53 reduziert werden. Für jede ARD-Anstalt ist die Höchstzahl auf einen individuellen Wert gedeckelt, der auch von Bevölkerungszahlen und der Anzahl der Bundesländer im Sendegebiet abhängig ist. Erstmals wird es durch den Reformstaatsvertrag eine gesetzliche Regelung zum Thema Sportrechtekosten geben.

Die Länder haben zudem den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag beschlossen. Dieser definiert vor allem neue Anforderungen für Anbieter von Betriebssystemen beim technischen Jugendmedienschutz. Für den Reformstaatsvertrag und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag beginnt nun die Vorunterrichtung der Landtage. Danach müssen die Vertragswerke von den Regierungschefs unterzeichnet und von allen 16 Landesparlamenten ratifiziert werden.

Auch "Mirror Domains" können gesperrt werden

Durch die Neuerungen im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag werde es Eltern leichter gemacht, ihre Kinder auf digitalen Endgeräten vor Gefahren durch unangemessene Inhalte zu schützen, teilte die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz mit. Ministerpräsident Schweitzer erklärte: "Wir schaffen für Eltern ein neues Angebot: Sie können künftig mit einer zentralen Einstellung im Betriebssystems eines digitalen Endgerätes das Alter ihrer Kinder passwortgeschützt eingeben. Das eingestellte Alter gilt dann für alle Apps auf diesem Gerät." So würden die Alterskennzeichen wirklich beachtet, und bestehende Jugendschutz-Möglichkeiten könnten leichter aktiviert werden.

Die Länder stärken nach eigenen Angaben zudem die Medienaufsicht bei ihrem Vorgehen gegen illegale Inhalte wie frei verfügbare Internet-Pornografie, indem neue Instrumente zur Rechtsdurchsetzung eingeführt werden. So könnten die Landesmedienanstalten zukünftig Banken den Zahlungsverkehr mit Anbietern auch im Ausland untersagen. Auch der Umgehung von Sperrverfügungen durch sogenannte "Mirror Domains" - also die Verbreitung des identischen Inhalts unter einer nur minimal geänderten Webseitenadresse - werde mit dieser Novelle ein Riegel vorgeschoben.

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Zuerst veröffentlicht 12.12.2024 14:18 Letzte Änderung: 12.12.2024 17:40

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Bundesländer, Rundfunkbeitrag, ARD, ZDF, Reformstaatsvertrag, Jugendmedienschutz, rid, nbl, kfr, cd, NEU

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