Neuer SWR-Staatsvertrag soll im September in Kraft treten - epd medien

11.04.2025 10:30

Parallel zum Medienstaatsvertrag, mit dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) reformiert werden soll, wollen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den Staatsvertrag des SWR erneuern. Das Gesetz, das jetzt unterschrieben wurde, setzt einige Neuerungen des Reformstaatsvertrags für den Sender im Südwesten bereits um.

Der neue Staatsvertrag für den SWR kann jetzt in den Parlamenten beraten werden

Stuttgart/Mainz (epd). Die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, Winfried Kretschmann (Grüne) und Alexander Schweitzer (SPD), haben am Freitag die Novelle für den Staatsvertrag des SWR unterzeichnet. Nun kann das Ratifizierungsverfahren in den beiden Landtagen starten. Geplant ist, dass der neue Staatsvertrag nach der parlamentarischen Verabschiedung am 1. September in Kraft tritt.

Ministerpräsident Schweitzer sagte, mit der Novelle werde der SWR "angesichts einer immer dynamischer werdenden Medienlandschaft zukunftsfest als modernes Medienhaus im Südwesten" neu aufgestellt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ergänzte, mit der Novelle werde die Fusion von SDR und SWF aus dem Jahr 1997 vollendet: "Damit überwinden wir alte Doppelstrukturen mit dem klaren Fokus auf mehr Effizienz und Sparsamkeit."

Zentrale Änderungen betreffen unter anderem den SWR-Rundfunkrat, diese sollen aber erst Anfang September 2026 greifen. Dem Gremium, das vor allem für die Programmkontrolle zuständig ist, sollen dann nicht mehr wie bisher 74 Mitglieder angehören, sondern nur noch 57. Der SWR-Rundfunkrat ist derzeit das größte Aufsichtsgremium im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Gespräche mit Interessengruppen

Dem neu zusammengesetzten Rundfunkrat sollen 33 Personen aus Baden-Württemberg und 17 aus Rheinland-Pfalz angehören. Weitere sieben Mitglieder sollen aus Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz entsandt werden. Ursprünglich sollte der Rundfunkrat auf 52 Sitze verkleinert werden, doch diese Pläne der beiden Landesregierungen stießen auf deutlichen Widerspruch. Mehrere Verbände und Organisationen kritisierten, dass sie ihre bisherigen eigenständigen Rundfunkratssitze verlieren würden und sich künftig mit anderen Institutionen Sitze teilen müssten. Verbände der Wirtschaft monierten, ihre Vertretung würde im Rundfunkrat überproportional reduziert.

Nach dieser Kritik setzten beide Landesregierungen die geplante Mitgliederanzahl beim Rundfunkrat von 52 auf 57 herauf: Diese Anpassung habe "sich durch weitere Gespräche mit den bereits im Rundfunkrat vertretenen Interessengruppen ergeben", teilte die rheinland-pfälzische Staatskanzlei dem epd mit. So wurde unter anderem entschieden, der Wirtschaft zwei Rundfunkratssitze mehr als ursprünglich vorgesehen zu geben.

Drei Sitze für unter 30-Jährige

Außerdem behalten die evangelischen Landeskirchen und die katholische Kirche in Baden-Württemberg ihre eigenständigen Sitze. Ursprünglich sollten sich beide Kirchen ihre Plätze mit den evangelischen und katholischen Frauenverbänden aus Baden-Württemberg teilen. Nun soll es bei der derzeitigen Regelung bleiben, nach der die beiden Frauenverbände einen gemeinsamen Sitz haben.

Im SWR-Rundfunkrat sollen künftig drei Sitze von 18- bis 29-Jährigen besetzt werden. Zwei junge Menschen sollen aus Baden-Württemberg kommen, ein weiterer aus Rheinland-Pfalz. Nach öffentlichen Ausschreibungen sollen die Plätze über den zuständigen Fachausschuss des jeweiligen Landtags vergeben werden.

An den Sitzungen des Rundfunkrats, die im Livestream übertragen werden, sollen künftig Mitglieder auch per Videozuschaltung teilnehmen können. Dies soll ermöglicht werden, wenn ein Mitglied "aus wichtigem Grund" nicht persönlich anwesend sein kann.

Verwaltungsrat wird auf 15 Mitglieder verkleinert

Auch die Zahl der SWR-Verwaltungsratsmitglieder wird ab September reduziert, von derzeit 18 auf 15. Ursprünglich war geplant, das Gremium, das für die Finanzkontrolle zuständig ist, auf zwölf Mitglieder zu verkleinern. Mit 15 Mitgliedern bleibt es der größte Verwaltungsrat der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Das Gremium soll außerdem stärker mit Sachverstand besetzt werden. Acht vom Rundfunkrat zu wählende Verwaltungsrats-Mitglieder müssen laut der Staatsvertragsnovelle künftig über Erfahrungen in Bereichen wie Wirtschaftsprüfung, Betriebswirtschaft oder Medienwirtschaft verfügen. Ein Sachverständiger muss ein Wirtschaftsprüferexamen haben, ein weiterer über die Befähigung zum Richteramt verfügen.

Vorgaben für Landessender entfallen

Geplant ist, dass der Landtag von Baden-Württemberg in den veränderten Verwaltungsrat zwei Mitglieder entsendet, der rheinland-pfälzische Landtag und die beiden Landesregierungen jeweils ein Mitglied. Der Personalrat soll wie bisher zwei Sitze haben. Die früheren Pläne hatten für die Personalvertretung nur noch einen Sitz vorgesehen.

Der SWR soll ferner mehr Freiheiten erhalten, seine Organisationsstrukturen festzulegen. Die Vorgabe, zwei Landessender mit Sitz in Mainz und Stuttgart zu unterhalten, soll Anfang 2027 entfallen, damit können auch die beiden Landessender-Direktorenposten wegfallen. Auch die zwei Landesrundfunkräte sollen abgeschafft werden. Die dem jeweiligen Land zuzuordnenden Mitglieder des Rundfunkrats sollen dann jeweils einen Landesprogrammausschuss bilden.

Neues modernes Kollegialorgan

Die bisherige Geschäftsleitung beim SWR soll durch ein Direktorium ersetzt werden. Laut dem Entwurf für den Staatsvertrag soll ein "neues, modernes Kollegialorgan" geschaffen werden, dem der Intendant und die Direktoren angehören. Dadurch soll die Leitung "auf eine breitere Basis gestellt" werden. Die Letztverantwortung bleibt beim Intendanten oder der Intendantin.

Das Direktorium soll nach den Plänen zuständig sein für die Programm- und Digitalstrategie, die Erstellung des Haushaltsplans sowie personalstrategische Entscheidungen. Wie viele Mitglieder das Direktorium hat und für welche Geschäftsbereiche sie jeweils zuständig sind, soll der SWR selbst festlegen können. Vorgesehen ist, dass der Intendant dazu unter Beteiligung der Direktoren eine sogenannte Organisationsverfügung erarbeitet. Sie soll vom SWR-Verwaltungsrat genehmigt werden müssen.

Reduktion der Hörfunkprogramme

Der SWR soll durch die Gesetzesnovelle künftig seinen Auftrag flexibler erfüllen können. Beim Hörfunk soll es ab Anfang 2027 je ein Landesprogramm für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geben, außerdem noch bis zu vier weitere Programme, die über unterschiedliche Übertragungswege verbreitet werden können. Möglich sind zusätzlich zwei ausschließlich online verbreitete Programme. Der bisherige Staatsvertrag erlaubt dem SWR mehr Hörfunkprogramme, deren Ausrichtung größtenteils vorgegeben ist. Schweitzer sagte, "unter dem Motto Klasse statt Masse passen wir die Beauftragung der Hörfunkwellen an das neue Mediennutzungsverhalten an".

Alle Bundesländer haben sich im Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk darauf verständigt, die Hörfunkprogramme der ARD zu reduzieren. Der Reformstaatsvertrag soll nach den Plänen der Länder im Dezember in Kraft treten.

Projektbüro für Umbauprozess

Schweitzer sagte: "Die regionale Verwurzelung und Prägung des SWR ist seine DNA. Sie zu stärken, ist im Hinblick auf die Reformbestrebungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein wesentliches Ziel der Novelle."

Geplant ist unter anderem, dass der Sender regionale Produzenten aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stärker einbindet. Sie sollen bei der Herstellung der Angebote "in angemessenem Umfang" berücksichtigt werden. Anfang Februar hatte der SWR angekündigt, ab 2026 beim Fernsehen schrittweise Eigenproduktionen zu verringern und mehr externe Produzenten zu beauftragen. Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei teilte dem epd mit, sie erhoffe sich, dass sich diese Regelung "positiv auf das Auftragsvolumen für regionale Produzentinnen und Produzenten auswirkt".

SWR-Intendant Kai Gniffke begrüßte, dass die Novelle dem Sender mehr Spielräume bei den Organisationsstrukturen einräumt. Zur Steuerung des "sehr umfangreichen Umbauprozesses" gebe es nun ein Projektbüro, sagte Gniffke in der Sitzung des SWR-Rundfunkrats am 28. März. In allen Direktionen seien zudem Prozessmanager eingesetzt worden. Ziel sei es, die Veränderungsprozesse bis Anfang 2027 umzusetzen. Der Intendant bedauerte die vorgesehene Reduzierung der Hörfunkangebote: "Das wird unserem Publikum wehtun, das tut auch uns weh."

vnn



Zuerst veröffentlicht 11.04.2025 12:30 Letzte Änderung: 11.04.2025 12:42

Schlagworte: Medien, Rundfunk SWR, Staatsvertrag, Medienpolitik, vnn, NEU

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