07.06.2025 09:07
Washington (epd). Der Umbau bei der US-Tageszeitung "Washington Post" schreitet voran. Beschäftigte, die zehn Jahre und länger bei der Zeitung arbeiten, sowie alle Mitarbeiter der Abteilung Video und am Copy Desk dürften bei einem neuen "freiwilligen Trennungsprogramm" mitmachen, heißt es in einem internen Memo von "Post"-Chefredakteur Matt Murray, das "New York Times"-Medienreporter Ben Mullin am 27. Mai auf der Plattform X veröffentlichte. Die "Washington Post" befindet sich seit 2013 im Besitz von Amazon-Gründer und Tech-Milliardär Jeff Bezos.
Das Programm sei Teil der "laufenden Bemühungen, die Redaktion umzuwandeln", um sie "für das gegenwärtige Umfeld" neu zu gestalten und zu modernisieren, heißt es in dem Memo. Die Textbearbeitung soll demnach zentralisiert werden, um die "Geschwindigkeit und Qualität" der digitalen Produkte zu verbessern und die Mitarbeiter von den Beschränkungen zu "befreien", die für Print existierten. Das "Video-Team" solle mehr Personality-Formate für Youtube und soziale Medien produzieren.
"Fox News Digital" berichtete über angeblich vorgesehene Abfindungen für scheidende Kolleginnen und Kollegen. Diese seien nach Betriebszugehörigkeit gestaffelt und bewegten sich zwischen neun Monaten des Jahresgehalts für Beschäftigte, die 10 bis 15 Jahren bei der "Post" arbeiten, und 18 Monaten für diejenigen, die 25 Jahre oder länger dabei sind.
Murrays Memo konmt zu einer Zeit der Unruhe bei der "Washington Post" im Zusammenhang mit Kritik an Eigentümer Bezos. Dieser hatte die "Post" 2013 für 250 Millionen US-Dollar (rund 219 Millionen Euro) mit der Zusage gekauft, er werde keinen Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen nehmen. In den vergangenen Monaten wechselte Bezos jedoch, wie andere Tech-Größen, zunehmend auf den Kurs von US-Präsident Donald Trump. Im Februar bestimmte Bezos, die Meinungsseiten der "Post" würden sich künftig auf die beiden Grundpfeiler "persönliche Freiheiten und freie Märkte" stützen.
Als sei jemand gestorben
Mehrere namhafte Mitarbeiter der Zeitung, darunter der Meinungsredakteur David Shipley, der langjährige Kolumnist Eugene Robinson und dessen Kollegin Ruth Marcus traten zurück. Laut Medienberichten wechselten "Post"-Reporter zur "New York Times", der nichtkommerziellen Investigativplattform "Propublica" und zum Magazin "The Atlantic". Letzteres ist mehrheitlich im Besitz der Unternehmerin Laurene Powell Jobs, Witwe des 2011 verstorbenen Mitbegründers des Technologieunternehmens Apple.
Die "New York Times" berichtete am 3. Juni über weitere geplante Änderungen bei der Konkurrenz in Washington. Demnach will die "Post" künftig online mehr Texte veröffentlichen, nämlich Kommentare und Meinungen von anderen Zeitungen, von Autoren der Newsletter-Plattform Substack und "von nicht professionell Schreibenden". Denen stehe eine Künstliche Intelligenz (KI) mit dem Namen "Ember" zur Seite.
Die Autorin und Witwe des 2014 verstorbenen ehemaligen "Post"-Chefredakteurs Benjamin Bradlee, Sally Quinn, wurde vom Magazin "Washingtonian" gefragt, was sie vom "Aufruhr" bei der Zeitung halte. Es sei so, "als sei jemand gestorben", wurde Quinn zitiert. Eine "rote Linie" würde überquert, sollte Trump jemals einen Artikel stoppen, warnte sie.
Massive Entlassungen gibt es unterdessen beim Portal "Business Insider", das zum Medienkonzern Axel Springer gehört. "Business Insider"-CEO Barbara Peng informierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am 29. Mai in einer auf der Website des Unternehmens veröffentlichten Mitteilung darüber, dass das Unternehmen 21 Prozent der Beschäftigten entlasse.
Peng schrieb, "Business Insider" setze auf KI, 70 Prozent der Mitarbeiter nutzten bereits jetzt regelmäßig ChatGPT Enterprise. "Insider Union", die Gewerkschaft für "Business Insider"-Mitarbeiter, kategorisierte die Entlassungen als "dreiste Umkehr von Journalismus zu Habgier". Die Belegschaft zahle den Preis für die "strategischen Fehler" der Unternehmensführung.
ege
Zuerst veröffentlicht 07.06.2025 11:07
Schlagworte: Medien, USA, Presse, ege, Washington Post, Business Insider
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