22.07.2025 07:49
Paris/Berlin (epd). Reporter ohne Grenzen (RSF) wirft US-Präsident Donald Trump im Umgang mit Medien eine erschreckende Nähe zu den Taktiken autoritärer Regime vor. Der Präsident denunziere Journalisten in der Öffentlichkeit, überziehe Medien mit kostspieligen Gerichtsklagen und stoppe staatliche Finanzierungen, erklärte die Journalistenorganisation am 18. Juli in Berlin. "Unliebsame Medien sollen eingeschüchtert oder - wie im Fall von Voice of America - gänzlich beseitigt werden."
Dabei führten die autoritären Tendenzen der US-Regierung nicht nur im eigenen Land zur Einschränkung der Pressefreiheit, sagte Anja Osterhaus, RSF-Geschäftsführerin in Deutschland. "Sie haben weltweite Auswirkungen. In manchen Ländern wird der amerikanische Präsident sogar zu einem Vorbild für andere autoritäre Staatsoberhäupter und dient ihnen zur Rechtfertigung, wenn sie regierungskritische Medien ausschalten wollen."
Als Beispiel aus den ersten sechs Monaten von Trumps zweiter Amtszeit nannte RSF unter anderem Trumps Klagen gegen Medienhäuser, weil ihm deren Berichterstattung nicht passte. "Lawfare", der strategische Einsatz von Gesetzen zur Behinderung eines Gegners, werde auch häufig von despotischen Führungen gegen Medien eingesetzt, etwa vom salvadorianischen Präsident Nayib Bukele, der die Medienhäuser im Land mit kostspieligen Prozessen vernichten wolle, erläutere RSF.
Eine weitere Taktik sei, durch Deals mit vermögenden Freunden und den Einsatz von Gefolgsleuten an der Spitze großer Unternehmen die Medien unter Kontrolle und auf Regierungskurs zu bringen. Trumps Klage gegen den Medienkonzern Paramount, dem der Nachrichtensender CBS gehört, endete mit einem Vergleich: Er machte laut RSF den Weg frei für Skydance-CEO David Ellison, das Unternehmen zu übernehmen. Ellison ist der Sohn des milliardenschweren Oracle-Mitgründers Larry Ellison, der Trump unterstützt. Der Medienunternehmer soll sich bereiterklärt haben, als Dank für die Genehmigung der Fusion Werbung für Trump-Themen im Wert von etwa 16 Millionen Dollar zu schalten.
Um den in seinen Augen "linksradikalen" nichtkommerziellen Medien zu schaden, versuche Trump, ihnen den Geldhahn abzudrehen, kritisierte RSF. Im Fall der Rundfunksender National Public Radio (NPR) und Public Broadcast Service (PBS) habe Trump beim Gesetzgeber bereits Erfolg gehabt. Vor allem kleine Sender in ländlichen Regionen sind laut RSF davon stark betroffen. Immer mehr Amerikanerinnen und Amerikaner verlören damit den Zugang zu lokalen Nachrichten, die etwa im Fall von Naturkatastrophen Leben retten können.
Auch die Finanzierung für staatliche US-Auslandssender wie Voice of America"und "Radio Free Europe/Radio Liberty" ließ Trump radikal kürzen. Hunderte Mitarbeitende wurden entlassen oder beurlaubt. In Dutzenden autoritären Staaten sei damit eine wichtige, von den jeweiligen Regierungen unabhängige Informationsquelle versiegt, erklärte RSF. Zusammen mit den Angestellten von Voice of America hat RSF dagegen geklagt, eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Mit der Abwicklung der US-Entwicklungsbehörde USAID seien zudem auch Milliardenhilfen für Medien auf der ganzen Welt weggefallen, die auf diese Unterstützung dringend angewiesen seien. Zahlreiche Medienorganisationen hätten ihre Arbeit reduzieren oder einstellen müssen, so RSF.
Zugleich dokumentierte RSF 60 gewalttätige Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten während der jüngsten Proteste in Los Angeles gegen die Abschiebepolitik der Regierung. Auch Polizeigewalt sei ein häufiges Mittel von autoritären Regierungen, um Medien einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, hieß es. Die meisten Übergriffe seien von Sicherheitskräften ausgegangen, nur wenige von Demonstranten. Brutales Vorgehen gegenüber Journalisten, die über regierungsfeindliche Proteste berichten, kenne man auch in Ländern wie Serbien, der Türkei und Georgien.
Überdies versuche Trump gezielte Eingriffe in redaktionelle Entscheidungen und bestrafe Medien für Inhalte, die nicht dem Narrativ der Regierung entsprechen: Weil die Associated Press (AP) den Golf von Mexiko nicht in "Golf von Amerika" umbenennen will, schlossen Trump und sein Team die Nachrichtenagentur von Veranstaltungen im Weißen Haus aus.
Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stehen die USA derzeit auf Platz 57 von 180 Staaten.
rks
Zuerst veröffentlicht 22.07.2025 09:49 Letzte Änderung: 22.07.2025 09:56
Schlagworte: Medien, USA, Journalismus, Verbände, Trump, RSF, rks, NEU
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