Rundfunkbeitrag: Einführung des Widerspruchsmodells stockt weiter - epd medien

11.08.2025 07:41

Ob das neue Modell zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jemals in Kraft tritt, ist weiter ungewiss. Langsam schließt sich das Zeitfenster zur Umsetzung des Vorhabens.

Der Rundfunkbeitrag liegt derzeit bei 18,36 Euro

Frankfurt a.M. (epd). Die Umsetzung des neuen Finanzierungsmodells für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stockt weiter. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Sachsen-Anhalt und Sachsen haben die Novelle des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags weiterhin nicht unterzeichnet. Das geht aus einer Antwort der Dresdner Staatskanzlei von Ende Juli auf eine Kleine Anfrage der sächsischen Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Maicher hervor: Die Staatsvertragsnovelle werde "gegenstandslos, wenn nicht bis zum 30. November 2025 alle Ratifikationsurkunden vorliegen".

Die Staatsvertragsnovelle müssen alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer unterzeichnen und auch alle Landtage verabschieden. Nach der parlamentarischen Sommerpause steht dafür ab September aber nur noch ein Zeitfenster von drei Monaten zur Verfügung. Bayern und Sachsen-Anhalt hatten Ende 2024 erklärt, die Novelle nur unterzeichnen zu wollen, wenn ARD und ZDF ihre Verfassungsbeschwerden zurücknehmen würden.

ARD und ZDF halten an Verfassungsbeschwerde fest

Die Anstalten waren im November vergangenen Jahres vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, weil die Bundesländer die von der KEF empfohlene Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 nicht umsetzten. ARD und ZDF halten an ihren Verfassungsbeschwerden fest. Wann das Gericht entscheiden wird, ist offen.

In Sachsen habe eine Unterzeichnung durch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bislang ebenfalls noch nicht stattgefunden, bestätigte Regierungssprecher Ralph Schreiber am 7. August dem epd. In ihrer Antwort an Claudia Maicher erklärte die Staatskanzlei, es sei noch nicht entschieden, ob und wann der Entwurf im Landtag behandelt werde: Solange nicht alle Länder den Staatsvertrag unterschrieben hätten, könne er in Sachsen "bereits aus rechtlichen Gründen" nicht dem Landtag zugeleitet werden.

Die Regierungen von sechs Bundesländern haben die Staatsvertragsnovelle bereits den Landtagen zur parlamentarischen Beratung vorgelegt. Dabei handelt es sich um Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Niedersachsen, Bremen und das Saarland.

Mit der Novelle soll das Verfahren zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags vereinfacht werden. Vorgesehen ist die Einführung einer Widerspruchslösung: Künftig soll eine von der Finanzkommission KEF vorgeschlagene Beitragserhöhung automatisch gelten - es sei denn, es gibt Widerspruch aus den Ländern. Die Zahl der Länder, die laut dem Staatsvertrag widersprechen müssen, damit eine Erhöhung nicht automatisch umgesetzt wird, richtet sich nach ihrem prozentualen Anstieg.

Reformstaatsvertrag in sechs Landtagen verabschiedet

Im parlamentarischen Verfahren befindet sich außerdem der Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im März hatten alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten den Staatsvertrag unterzeichnet. Damit er Anfang Dezember in Kraft treten kann, müssen bis Ende November alle Landtage zustimmen. Die Länder wollen mit dem Vertragswerk die Anstalten digitaler, schlanker und effizienter aufstellen. Unter anderem soll das öffentlich-rechtliche TV-Spartenangebot durch Zusammenlegungen reduziert werden. Auch ist vorgesehen, die Zahl der ARD-Radiowellen von 70 auf 53 zu verringern.

Bislang haben sechs Landtage den Reformstaatsvertrag verabschiedet. Den Anfang machte Mitte Mai der Thüringer Landtag. Im Juli folgten die Parlamente von Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

Im weiteren Verfahren zur Ratifizierung des Reformstaatsvertrags ist in den Landtagen indes mit Schwierigkeiten zu rechnen. Kritik an der Novelle äußerte zuletzt in Brandenburg die Landtagsfraktion des BSW, die als Juniorpartner mit der SPD die Regierungskoalition bildet: Der Staatsvertrag gehe nicht weit genug, erklärte Falk Peschel, medienpolitischer Sprecher der BSW-Fraktion, Mitte Juli im Landtag.

Eine eklatante Schieflage, die auch der Reformstaatsvertrag nicht korrigiert.

Peschel hinterfragte, ob der Staatsvertrag beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk den "Rotstift an der richtigen Stelle" ansetze. Es solle nicht beim Journalismus gespart werden, sondern "bei ineffizienten Strukturen": Hier gebe es "eine eklatante Schieflage, die auch der Reformstaatsvertrag nicht korrigiert". Nötig wäre es etwa, "den überbordenden und teuren Verwaltungswasserkopf der Sendeanstalten deutlich zurückzustutzen".

Für Erik Stohn, Sprecher für Digitales und Medien der brandenburgischen SPD-Fraktion, modernisiert der Reformstaatsvertrag "das öffentlich-rechtliche System von innen heraus". Gestärkt werde das Vertrauen der Menschen in die Anstalten, weil es etwa "Transparenz und Kontrolle" und verbindliche Compliance-Strukturen gebe.

Im sächsischen Landtag gibt es von der CDU-Fraktion, die mit der SPD in einer Minderheitskoalition regiert, Kritik am Reformstaatsvertrag. Das Vertragswerk könne "nur ein Anfang sein", sagte Andreas Nowak, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, dem epd: "Schon jetzt ist sichtbar, dass wesentliche Teile nachgebessert werden müssen." Die Sportkosten von ARD und ZDF seien auf fünf Prozent des Programmbudgets zu begrenzen und nicht auf fünf Prozent des Gesamtbudgets, wie es jetzt vorgesehen sei. Bei der öffentlich-rechtlichen Unterhaltung gebe es "gar keine Begrenzung".

Dazu, dass es mehr Gemeinschaftseinrichtungen der Anstalten in Ostdeutschland geben müsse, stehe nichts im Reformstaatsvertrag, bemängelte Nowak. Die CDU-Fraktion werde den Staatsvertrag noch "intensiv diskutieren und dann entscheiden".

vnn



Zuerst veröffentlicht 11.08.2025 09:41 Letzte Änderung: 12.08.2025 11:46

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Finanzierung, Reformstaatsvertrag, vnn, NEU

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