Bildungsorganisationen: Handy-Verbote schaffen keine Medienkompetenz - epd medien

27.08.2025 02:30

Das Smartphone ist aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken

Berlin (epd). Mehrere Organisationen aus dem Bildungsbereich warnen vor pauschalen Smartphone-Verboten an Schulen. "Wir brauchen pädagogisch begleitete Erfahrungsräume, keine reflexartigen Verbote", erklären der Bundeselternrat, die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, das Deutsche Kinderhilfswerk sowie das Zentrum für digitalen Fortschritt D64 in einem am Mittwoch veröffentlichten offenen Brief. Verbote schüfen keine Medienkompetenz, sie verschöben das Problem ins Private und ließen Eltern und Schüler allein, heißt es darin.

"Pauschale Verbote entmündigen Kinder und Jugendliche und stehen in krassem Widerspruch zu ihrem in der UN-Kinderrechtskonvention garantierten Recht auf digitale Teilhabe sowie den Aufbau von Medienkompetenz", erklärte der Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, Kai Hanke. Für die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur betonte ihr Co-Vorsitzender Rüdiger Fries, Medienkompetenz entstehe nicht durch Weglegen der Smartphones, sondern durch reflektierte Begleitung und pädagogisch-didaktische Gestaltung.

Kinder- und Jugendpsychiater: Eltern im Dauerstreit mit Kindern

Angesichts der problematischen Handy- und Social-Media-Nutzung vieler Kinder und Jugendlicher ist die Debatte um mögliche Einschränkungen und Verbote in Deutschland in den vergangenen Wochen neu entbrannt. Mehrere Bundesländer haben bereits Regelungen für die Handynutzung an Schulen getroffen. Während hier für Grundschulen meist Verbote gelten, gibt es für höhere Klassenstufen häufig Ausnahmen. Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) kündigte Mitte Juli eine Expertenkommission an, die prüfen soll, ab welchem Alter die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie Instagram oder Tiktok erlaubt werden sollte. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck (CDU), sprach sich kürzlich gegen generelle Handyverbote für Grundschüler, aber für Altersgrenzen für soziale Netzwerke aus.

Die Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendpsychiater befürwortet ein Social-Media-Verbot für Unter-13-Jährige. Viele Eltern berichteten, mit ihren Kindern wegen der Mediennutzung im Dauerstreit zu sein, sagte Eva Möhler, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Da könnte es für Eltern eine große Entlastung sein, sich klar auf gesetzliche Regelungen, wie es sie ja auch für Alkohol und Zigaretten gibt, beziehen zu können."

Wie realistisch sind Altersgrenzen für Social Media?

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, kritisierte dagegen die Erwartung, dass eine problematische Nutzung von Social Media bei Kindern durch Altersgrenzen verhindert werden könnte, als "zu hoch gegriffen". Nicht altersgemäße Inhalte habe es im Netz bereits vor der Etablierung von Social-Media-Plattformen gegeben. "Altersgrenzen würden uns daher keinen Schritt voranbringen", sagte Düll der "Rheinischen Post".

Der Mediencoach Moritz Becker vom Verein Smiley aus Hannover hält eine Altersbegrenzung für Social Media zudem für unrealistisch. "Seit 20 Jahren bekommt man es nicht hin, Porno-Seiten für Minderjährige zu sperren, deshalb habe ich da wenig Hoffnung", sagte er dem epd. Becker äußerte die Vermutung, dass es für eine Landesregierung oder das Kultusministerium womöglich "kostengünstiger" sei, ein Verbot von Social Media für Unter-14-Jährige zu fordern, als in die Fortbildung zu investieren und Lehrkräfte zu befähigen, Kinder resilient gegen negative Einflüsse zu machen.

nbl/lnb/sro



Zuerst veröffentlicht 27.08.2025 04:30 Letzte Änderung: 27.08.2025 10:47

Schlagworte: Medien, Internet, Kinder, NEU

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