04.09.2025 13:13
Zur Debatte über den Donnepp Media Award
epd Der Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik muss gleich nach seiner Umbenennung in "Donnepp Media Award" ein Debakel verkraften: Von den ursprünglich drei externen Preisträgern des aktuellen Jahrgangs ist nur noch einer übrig. Nachdem der Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises der Schülerin Judith Scheytt die Besondere Ehrung wegen Antisemitismusvorwürfen aberkannt hatte, gab am Mittwoch auch Hauptpreisträgerin Annika Schneider ihre Auszeichnung zurück. Verbliebener Preisträger ist jetzt noch Oliver Kalkofe - neben Vereinsvorstand Uli Spies, der für sein Lebenswerk geehrt wurde.
Die im Januar bekanntgegebene Auszeichnung für Scheytt war schon deswegen überraschend, weil sich die inzwischen 18-Jährige ausweislich ihrer Instagram-Videos hauptsächlich als Aktivistin versteht. Klickt man sich durch ihren Kanal, gewinnt man den Eindruck: Der Verein, der vom Marler Grimme-Institut organisatorisch unabhängig ist, hatte keine wirklich überzeugenden Gründe, ihr die Auszeichnung zuzusprechen. Er hat allerdings auch keine überzeugenden Gründe, ihr den Preis jetzt wieder abzuerkennen.
Scheytt erschaffe auf Instagram eine neue und zeitgemäße Form der Medienpublizistik, begründete die Jury im Januar die Besondere Ehrung. Mit tiefem Kenntnisreichtum und analytischer Brillanz nehme sie sich "konzentriert und unterhaltsam die gröbsten Verstöße gegen journalistische Professionalität und Integrität vor". Das war dann doch ein wenig zu hoch gegriffen, zumal es verdiente Kolleginnen und Kollegen im Medienjournalismus gibt, die den Preis bisher nie erhalten haben.
Denn Scheytt nimmt sich im hektischen Stil von Youtube-Shorts mit großem Selbstbewusstsein Medien von NDR bis zur "Süddeutschen Zeitung" vor und versucht nachzuweisen, warum dort - insbesondere beim Thema Nahost-Konflikt - schlecht recherchiert oder pro-israelischen Narrativen gefolgt werde. Das ist zwar tatsächlich manchmal unterhaltsam und trifft auch gelegentlich ins Schwarze. Es genügt aber in seiner oft aggressiv-aktivistischen und wenig differenzierten Form kaum den Standards, die üblicherweise für Donnepp-Preise gelten.
Nun hat der Vereinsvorstand seine Meinung geändert. Die Instagram-Videos Scheytts wiesen eine "systematische Verzerrung und selektive Kontextualisierung des israelisch-palästinensischen Konflikts" auf, teilte der Vereinsvorsitzende Jörg Schieb dem epd mit. "Während vor der Preisverleihung noch - im weitesten Sinne - Medienkritik im Vordergrund stand, sind die Inhalte mittlerweile zu ungefilterten aktivistischen Beiträgen geworden." Auch "judenfeindliche" Tendenzen werden plötzlich aus Scheytts lautstark vorgetragener Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung herausgelesen.
Die monierte Veränderung der Tonalität und der inhaltlichen Stoßrichtung lässt sich allerdings nur schwer erkennen, wenn man in den Kanal schaut. Insofern wirkt die Begründung des Vereinsvorstands wie eine Schutzbehauptung. Offenbar hat man sich zu sehr von der Idee "Was mit Instagram" leiten lassen - und hat erst nach einer Beschwerde der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Scheytts Beiträge genauer geprüft. Eine Mehrheit in der Jury gab es für die Aberkennung gleichwohl nicht, der Vereinsvorstand entschied allein - auch das wirft einen Schatten auf die Preisvergabe.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt, auf den auch Annika Schneider in ihrer Begründung zur Rückgabe des Preises hingewiesen hat: Es gab zur Aberkennung der Auszeichnung für Scheytt keinerlei proaktive Kommunikation. Zwar reagierte der Vereinsvorsitzende Schieb schnell auf Medien-Anfragen zum Fall. Aber ein Preis, der Medienpublizistik fördern will, müsste sich auch selbst dem Prinzip maximaler Transparenz verpflichtet fühlen, das für jeden guten Medienjournalismus gilt. In dieser Hinsicht müssen sich die Grimme-Freunde dringend neu aufstellen, wenn der Preis denn nach diesem Vorgang überhaupt noch eine Zukunft hat.
Disclaimer: Der Autor wurde mit dem Bert-Donnepp-Preis 2010 ausgezeichnet und ist regelmäßig Mitglied der Grimme-Jury Fiktion.
Copyright: epd-bild/Heike Lyding
Darstellung: Autorenbox
Text: Michael Ridder ist stellvertretender Verantwortlicher Redakteur von epd medien.
Zuerst veröffentlicht 04.09.2025 15:13
Schlagworte: Medien, Preise, Donnepp, Grimme, Scheytt, Schneider, rid
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