08.10.2025 18:22
Essen (epd). Das Grimme-Institut in Marl will künftig komplett unabhängig von seinem Förderverein agieren. Das werde auf operativer und logistischer Ebene umgesetzt, sagte Institutsdirektorin Cigdem Uzunoglu am Mittwochabend in Essen bei der Verleihung des Grimme Online Awards. Hintergrund ist die Affäre um die Aberkennung der Besonderen Ehrung des Donnepp Media Awards für die Aktivistin Judith Scheytt nach Vorwürfen des Antisemitismus. Der Award, der medienpublizistische Leistungen würdigt, wird vom "Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises" vergeben.
Anfang September war bekannt geworden, dass der Verein der 18-jährigen Scheytt die im Januar verliehene Ehrung nach einer erneuten Prüfung aberkannt hatte, weil ihre Instagram-Videos eine "systematische Verzerrung und selektive Kontextualisierung des israelisch-palästinensischen Konflikts" darstellten. Ursprünglich war gelobt worden, Scheytt erschaffe eine "neue und wahrhaft zeitgemäße Form der Medienpublizistik".
Der nordrhein-westfälische Medienminister Nathanael Liminski (CDU) sagte in Essen, er könne verstehen, "dass viele hinter das Agieren des Freundeskreises ein Fragezeichen gesetzt haben". Die Aberkennung eines Preises sei immer eine ungünstige Lösung. "Man muss so sorgfältig entscheiden, dass man auch dann dazu stehen kann, wenn der Wind von vorne weht", sagte Liminski. Das Land Nordrhein-Westfalen ist einer der Gesellschafter und größter Geldgeber des Grimme-Instituts.
Innerhalb der Donnepp-Jury war es wegen der Aberkennung zu Differenzen gekommen. Drei Mitglieder der aus sechs Personen bestehenden Jury erklärten am 2. Oktober, dass sie an der Ehrung für Scheytt festhalten. Zu diesen Mitgliedern gehört auch Lucia Eskes, die Leiterin des Grimme-Preises und des Grimme Online Awards. Scheytt weist den Vorwurf des Antisemitismus zurück.
Aus Protest gegen die Aberkennung des Preises hatten sowohl Preisträger des Donnepp Media Awards als auch des Grimme-Preises ihre Auszeichnungen zurückgegeben. Dabei gab es immer wieder Spekulationen über eine mögliche Einflussnahme der Grimme-Direktorin, die das Institut aber stets dementierte. In Essen erklärte Uzunoglu erneut: "Weder ich noch das Institut haben Einfluss genommen oder Druck gemacht."
Zudem betonte die Direktorin ihren Respekt vor der Unabhängigkeit von Jurys. Formal betrachtet habe der Förderverein mit der Aberkennung einen Fehler begangen, weil der Vorstand in die Arbeit einer unabhängigen Jury eingegriffen habe, sagte sie.
Der Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises wurde 1989 in Marl gegründet. Initiatoren waren Grimme-Gründungsdirektor Bert Donnepp und der damalige Grimme-Preis-Chef Ulrich Spies, aktueller Vorsitzender ist der Journalist Jörg Schieb. Der Verein hilft nach eigenen Angaben "bei der Sicherung und Unabhängigkeit" des Grimme-Preises und vergibt zudem den Donnepp Media Award, der früher als Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik bekannt war. Der Award soll im kommenden Jahr pausieren.
rid
Zuerst veröffentlicht 08.10.2025 20:22 Letzte Änderung: 08.10.2025 20:25
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